Direkt neben der Maximiliansgrotte

Riesiges Höhlensystem im Berg

Imposant, aber keine Schauhöhle: Im Zinnberg neben der Maximiliansgrotte haben Forscher ein neues Höhlensystem entdeckt.
Imposant, aber keine Schauhöhle: Im Zinnberg neben der Maximiliansgrotte haben Forscher ein neues Höhlensystem entdeckt. | Foto: Dieter Preu2017/02/Petersdom.jpg

KROTTENSEE – Direkt neben der Maximiliansgrotte bei Krottensee haben Forscher ein riesiges bisher unbekanntes Höhlensystem geöffnet. Völlig überraschend kam das für sie nicht, bereits seit den 50er Jahren galt die Existenz größerer unterirdischer Räume im Zinnberg als sehr wahrscheinlich. Zur Schauhöhle taugt der stattliche Dom aber nicht, Tropfsteine fehlen. Aber Geologen und Biologen erwarten sich einiges von dem bislang völlig unberührten Neuland.

„Es ist schon eine imposante Höhle“, sagt Dieter Preu von der Forschungsgruppe Höhlen und Karst Franken, deren Mitglieder den Zugang in Schwerstarbeit freilegten. Zuerst öffne sich eine riesige, 10 bis 15 Meter hohe und mehr als 50 Meter lange Halle. Das Entdeckerteam war so beeindruckt, dass es sie gleich „Petersdom“ taufte. Daran schließt sich ein etwa 40 Meter langer Canyon an mit über 15 Metern Deckenhöhe. Das gesamte System liege mehr als 40 Meter unter dem Eingangsniveau. Es wurde seit der Öffnung im Mai 2016 exakt vermessen und fotografiert.

Im fränkischen Jura sind Löcher und kleinere Hohlräume im Fels oder Boden keine Seltenheit. Aber bereits 1957, als die Mitglieder des Speleoclubs Sulzbach 150 bis 200 Meter östlich des Eingangs zur Maximiliangrotte auf eine neue kleine Öffnung stießen und dahinter auf einen kleinen Schacht, der nach fünf Metern endete, sei der „Zinnbergschacht“ ein Spekulationsobjekt für Höhlenforscher gewesen, erzählt Preu. Der heute 78-Jährige gehörte von Anfang an zu den Pionieren dort. Deshalb sei der Durchbruch jetzt für ihn „schon etwas Besonderes“.

Die verborgenen Kammern übten auf jeden Höhlenbegeher eine Faszination aus. Am Zinnberg war klar, dass sich darin Großes verbirgt, weil der Luftzug in den Berg hinein sehr stark war. 1958 hielten die Hobbyforscher einen qualmenden Nebeltopf vor den Spalt, der den gesamten Rauch auf Nimmerwiedersehen schluckte. Nichts drang mehr nach außen, was nichts anderes bedeuten konnte, als dass er im Berg reichlich Platz fand, sich zu verteilen.

Über 20 Jahre mussten die Höhlenkundler mit ihrer Neugierde leben. 1981 übernahm die von Preu gegründete Forschungsgruppe Höhle und Karst Franken die Erforschung des unterirdischen Systems. Drei Versuche, mit der damaligen Kameratechnik Einblicke zu erhalten, scheiterten. Auch Brachialgewalt half nicht weiter: Einem Presslufthammer widerstand das harte Gestein. „Das war fürchterlich zäh“, erinnert sich Preu. Der Spalt blieb beharrlich 20 Zentimeter klein.

2014 folgte der letzte, erfolgreiche Anlauf: Mit Zustimmung des Eigentümers, der Bayerischen Staatsforsten, und der Unteren Naturschutzbehörde begannen Mitglieder von Preus Forschungsgruppe damit, das Loch in Handarbeit zentimeterweise mit Treibkeilen zu weiten, einer uralten Technik. Dazu legten sie zwei Hälften einer Schelle um das Loch und schlugen in der Mitte mit dem Hammer einen Metallkeil hinein, „so lange, bis es irgendwann knackte“, beschreibt Preu. 2015 waren die Höhlenpioniere fast jedes Wochenende zu viert am Werk, im späten Frühjahr 2016 hatten sie den Weg freigeräumt.

Preu war beim Durchbruch nicht dabei, kennt das Gefühl aber: „Das ist schon erhebend, ein Stück Erde zu betreten, auf dem noch nie ein Mensch gestanden hat.“ Er kennt das zum Beispiel von seiner Erstbegehung des Silberlochs in Essing im Altmühltal in den 70er Jahren.

Ein Verdacht, dass sich im Zinnberg vorgeschichtliche menschliche Überreste befinden könnten, bestand nie. Es hat wohl nie einen größeren Zugang gegeben. Auch nennenswerte Tropfsteine haben sich darin entweder nie gebildet oder konnten sich nicht halten. „Das Höhlensystem liegt an einer Störungsstelle im Berg“, erklärt Preu. Über längere Zeit, vielleicht Jahrtausende, hätten Kräfte an dem Fels gezerrt und geschoben. So sei alles brüchig, am Boden lägen überall Steinblöcke herum, berichtet Preu.

Genau das macht die Zinnberghöhle jetzt für die Wissenschaft interessant. Die Universitäten Hamburg und Bochum sowie das Landesamt für Umwelt haben bereits damit begonnen, jedes Detail zu beleuchten. Angefangen beim sehr ungewöhnlichen Kristallrasen am Boden. Selten bestehe auch die Gelegenheit, zwei unmittelbar benachbarte Höhlen dieser Größenordnung miteinander zu vergleichen, weiß Preu. Forscherfragen sind dabei: Was hat den Zinnberg wann so verformt? Was verraten die Sedimente über die Erdgeschichte? Und welches Ökosystem hat sich in derart geschütztem Rahmen entwickelt?

Am 3. März wird der „Geheimnisvolle Zinnberg“, so der Titel der Veranstaltung, öffentlich im Gasthaus „Zum Löwen“ in Krottensee vorgestellt. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. An dem Abend sind Bilder zu sehen und Experten wie Dieter Preu erzählen und beantworten Fragen.

Der Berg selbst bleibt für die Öffentlichkeit verschlossen.

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