RÖTHENBACH — Noch immer findet sich im Birkensee der potenziell krebserregende Stoff PFOS, auch wenn bei einer aktuellen Messung im Oberflächenwasser deutlich niedrigere Werte als im September 2018 festgestellt wurden. PFOS ist jedoch nicht die einzige problematische Chemikalie, mit der der beliebte Badesee belastet ist.
Ob Nord- oder Südufer, Grillplatz oder ehemaliges Wasserwachthaus: An vier Messstellen am Birkensee liegen die Anfang der Woche vom Landratsamt Nürnberger Land veröffentlichten Werte unter jenen vom September 2018. Mit 1,07 Mikrogramm pro Liter am höchsten war die Konzentration von per- und polyfluorierten Verbindungen bei einer Probenentnahme Mitte Februar am ehemaligen Wasserwachthaus, am niedrigsten am Grillplatz (0,57 Mikrogramm/Liter).
Zum Vergleich: Im September 2018 wurden in der Spitze 2,24 Mikrogramm gemessen, damals am Nordufer des Birkensees. Der Rekordwert stammt aus dem Frühjahr 2018: 8,95 Mikrogramm pro Liter.
Mehrere problematische Stoffe
Gefunden wurde bei den Wasseruntersuchungen nicht nur das seit 2010 europaweit verbotene Perfluoroctansulfonat (PFOS), das auch im benachbarten Finstergraben bei Diepersdorf auftaucht, sondern auch Ersatzstoffe wie Perfluorbutansulfonsäure (PFBS) und 6:2-Fluortelomersulfonsäure (6:2-FTS). Sie werden in der Industrie unter anderem bei der Beschichtung von Oberflächen – etwa in der Galvanik oder bei der Herstellung von Outdoorbekleidung – sowie in Löschschäumen eingesetzt.
PFOS löst im Tierversuch Krebs aus, es schädigt die Leber von Ratten und Mäusen und stört deren Fortpflanzung. Über die Ersatzstoffe ist, wie das Bayerische Landesamt für Umwelt feststellt, nur wenig bekannt: „Informationen über die Toxizität und das Umweltverhalten der Ersatzstoffe fehlen bislang weitgehend.“ Laut der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser werden diese Verbindungen beziehungsweise ihre Abbauprodukte zwar weniger stark von Lebewesen aufgenommen, doch reicherten sie sich in ähnlichem Umfang in der Umwelt an.
Geeignete Analysemethoden stehen oft nicht zur Verfügung. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen, das das Birkenseewasser untersucht hat, gibt lediglich an, ob sich 6:2-FTS in einer Probe findet oder nicht. Exakte Werte: bisher Fehlanzeige.
Monatliche Tests angekündigt
Das Landratsamt spricht auf Grundlage der jüngsten Ergebnisse einen „Hinweis zur Wasserqualität“ für den Birkensee aus und hält an der bestehenden Badewarnung fest. Ein Badeverbot gibt es seit 2016 nicht mehr. Aus gesundheitlichen Gründen sollte jedoch „das Schlucken von Wasser beim Schwimmen und Baden vermieden werden“.
In der bevorstehenden Badesaison, so die Laufer Behörde, soll das Oberflächenwasser monatlich getestet werden.
Für PFOS gibt es keinen gesetzlichen Grenzwert. Bei Trinkwasser geht das Umweltbundesamt davon aus, dass ein Wert von bis zu 0,1 Mikrogramm pro Liter „lebenslang duldbar“ ist, also keine gesundheitlichen Folgen hat. Doch auf ein Badegewässer lässt sich das nicht übertragen: PFOS wird zwar auch über die Haut aufgenommen, doch laut Studien nur in einem deutlich geringeren Maß als über Trinkwasser und Nahrung.
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Messungen an der Wasseroberfläche stellen nur eine Momentaufnahme dar. Durch den Einsatz von Tauchern im Herbst 2015 ist bekannt, dass sich die höchsten PFOS-Konzentrationen am Grund des Birkensees befinden (die Pegnitz-Zeitung berichtete). Die Durchmischung der Wasserschichten ist unter anderem von der Witterung abhängig.
Verursacher laut Behörden unbekannt
Einen Verursacher der Verunreinigung des Sees haben Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt bis heute nach eigener Aussage nicht ermitteln können.
Die Staatsforsten als Grundstückseigentümer sollen deshalb nun verpflichtet werden, ein Gutachten zur Sanierung in Auftrag zu geben. Offiziell gilt das Gewässer zwar als sanierungsbedürftig, doch wann entsprechende Arbeiten beginnen, steht in den Sternen.