Grünen-Politikerin Wilms besucht Bahnbrücken

Klare Worte an BI

Grünen-Bundestagsabgeordneten Valerie Wilms (rechts) besuchte die Bürgerinitiative. Foto: A. Pitsch2016/07/IMG_1886.jpg

LUNGSDORF – Mit diesem Besuch waren Hoffnungen verbunden, die zwar nicht vollkommen enttäuscht, aber stark gedämpft wurden: Bundestagsabgeordnete und Nachhaltigkeitsbeauftragte von Bündnis 90/Die Grünen, Valerie Wilms, kam zur BI „Eisenbahnbrücken Pegnitztal“, um sich selbst ein Bild zu machen.

Während die vielleicht ein Dutzend BI-Aktiven und die Grünen-Gemeinderäte aus Pommelsbrunn, wo die ersten Brücken liegen, auf den hohen Gast aus Berlin warten, fragen sie sich, ob Valerie Wilms, Diplom-Ingenieurin und Zuständige für den Bundesverkehrswegeplan, ihnen wohlgesonnen ist. „Wir sind gespannt, was sie uns zu sagen hat“, meint Anneliese Urbat, Vorsitzende er BI.

Und zu sagen hatte die Dame mit dem trockenen, norddeutschen Humor eine Menge. Sie gab den aufmerksam lauschenden Anwesenden in ihrer direkten Art eine konzentrierte, abgeklärte Zusammenfassung über die Situation der Brücken, von denen vier abgerissen werden müssen, fünf erhalten werden können und der Rest in der Schwebe ist: „Entweder wird der Betrieb hier irgendwann eingestellt oder man erneuert.“

Denn Wilms, die mit der Bahn nach Neuhaus angereist war, ist dabei eines sofort aufgefallen: „Ich war überrascht, dass Baugerüste an den Brücken stehen, und zwar nicht zum Arbeiten, sondern zum Kontrollieren.“ Damit beschrieb sie die „übliche Vorgehensweise“ der Bahn, die Bauwerke so lange vergammeln zu lassen, bis ein Neubau nötig ist. Diesen zahlt nämlich der Bund, Erhaltungsmaßnahmen muss der Konzern aus eigener Tasche berappen, erklärt Wilms. „Diesen Kurs kann ich nicht verhindern“, findet sie offene Worte.

Auch das Landesamt für Denkmalpflege hat in einem Schreiben an die BI Anfang Juli auf die Ausrichtung des „ganzen bahninternen Betriebsablaufs auf Abriss und Neubau“ hingewiesen. Dabei hat das Amt festgestellt, dass die stählernen Überbauten überwiegend „für mindestens eine weitere Generation genutzt werden“ können, und ein Gutachter der BI, dass die Widerlager, die derzeit durch ein externes Planungsbüro geprüft werden, in Takt sind, so Urbat. Für die BI ist daher ein Neubau „Rauswerfen von Steuergeldern und Landschaftsverschandelung“.

Auch wenn Wilms sagt, dass die Leute früher gut gebaut haben und die „Fundamente besser als heute sind“, auf Diskussionen und Spekulationen um Zeitangaben, wie lange was noch hält, lässt sie sich nicht ein: Die Elektrifizierung ist zwecks des Klima-Vertrags sinnvoll („Wir müssen weg vom Dieselnetz“), „die Magistrale muss erhalten bleiben und ich bin da leidenschaftslos, ob durch Neubau oder Erneuerung“. Spätestens jetzt sind die Gesichter der Anwesenden ernst.

Eines ist klar: Die Brücken sind nicht ewig so erhaltbar. „Wenn ihr den Denkmalschutz zu hoch hängt, dann gibt es hier irgendwann keinen Verkehr mehr.“ Ein lockerer Schnack mit einem Austausch von Nettigkeiten ist das nicht. Wilms packt viele knallharte Infos aus, wirkt in ihren Aussagen ehrlich und verlässlich und gibt der BI sogar noch Tipps: „Ihr müsst sagen, dass ihr für eine Ertüchtigung und nicht gegen die Elektrifizierung seid.“

Laut Altmann sei das auch so, die BI  trete für den Erhalt der Landschaft ein, stelle sich aber nicht gegen die Modernisierung, zumal die Elektrifizierung keinen großen Einfluss auf die Brücken habe. Hier warf Wilms in den Raum, dass die DB Netz sicher an eine Runderneuerung in einem Aufwasch denke und wenn dann gleich alles neu machen möchte und nicht in 30 Jahren wieder an die Brücken ran will: „Das würde ich als wirtschaftlich denkendes Unternehmen auch nicht machen wollen.“

Die Elektrifizierung brachte die Strecke durch das Obere Pegnitztal in den „vordringlichen Bedarf“ beim Bundesverkehrswegeplan. Sie ist eine Alternative der TEN-Route, der „nötigen“ (Wilms) europäischen Ost-West-Verbindung. Die andere Strecke über Schwandorf ist nur im „potenziellen Bedarf“ gelandet. Wilms macht klar: Es wird nur eine Trasse ausgewählt und ausgebaut werden, „ich denke diese hier“. Aber da im oberen Pegnitztal keine Engstellen beseitigt werden müssen wie andernorts, wird sich in den nächsten 15 Jahren nichts tun, vermutet Wilms.

„Schwerer Tanker“
Nicht nur wegen TEN – die Deklaration bringt laut Landesamt für Denkmalpflege Regeln und Normen mit, die „nur schwer mit dem Altbestand ein Einklang zu bringen sind“ –, auch ohne wird es ganz historisch nicht gehen, erläutert Wilms sachlich: „Die Brücken erscheinen mir doch etwas schmal und sind so heute nicht mehr genehmigungsfähig“.

Jedoch sind Nachbauten aus Stahl mit dem typischen Fachwerk möglich, meint sie. Die neuen Brücken sollten „möglichst ins Gesamtbild passen“, doch wird dies letztlich eine Frage des Preises und des Drucks durch BI und Politik auf den „schweren Tanker“ DB sein.

Was die Anwesenden außerdem umtrieb, war der Lärmschutz. Keiner kann sich nämlich vorstellen, dass eine Elektrifizierung nicht mehr Verkehr nach sich zieht. Wilms klärte auf, dass ohne Neu-Trassierung der Schutz niedrig angesetzt ist, beim Neubau mindestens zehn Dezibel abgebaut werden müssen und im TEN-Kernnetz die Regel „Ausbau wie Neubau“ gilt.

Welche Vorteile das Tal überhaupt von TEN habe, fragte Urbat. Keine, war Wilms trockene Antwort. „Und warum sollen wir das und mehr Güterzüge dann dulden?“, entgegnete Urbat. Sie fände es sinnvoller, mehr auf Regionalität zu setzen, zum Beispiel um den transeuropäischen Verkehr abzubauen. „Ein Umdenken kommt erst, wenn die Kiste schön im Dreck steckt!“, antwortete Wilms knapp und treffend.

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