BEHRINGERSDORF – Faires Spielzeug, selbstangebaute Kartoffeln und Spendensammlungen: Seit vielen Jahren beschäftigen sich die Kinder der Kindertagesstätte „Blickwinkel“ in Behringersdorf mit dem Thema Nachhaltigkeit. Dafür haben sie und ihre Einrichtung nun sogar das Siegel „Eine-Welt-Kita: Fair und global“ erhalten.
Seit zehn Jahren ist die Kindertagesstätte „Blickwinkel“ täglicher Mittelpunkt für viele Behringersdorfer Kinder. Schon von der Straße aus sind die großen Fenster der Einrichtung zu sehen. „Sie sind Programm“, wie die Leiterin Doris Röbling betont, und sie fährt fort: „Wir stehen für Offenheit und Transparenz, wir möchten die Welt klein denken.“ Was sie damit meint, drückt sich in der Auszeichnung des „Eine Welt Netzwerkes Bayern“ aus, die die Einrichtung jetzt bekommen hat: „Eine-Welt-Kita: fair und global“.
Ort der Vielfalt
Die herzliche Willkommenskultur fällt auf, sobald man das Haus betritt. „Uns ist wichtig, dass die Kita ein Ort der Vielfalt ist“, betont Doris Röbling, „und diesen Weg gehen wir innerhalb des Personals und mit den Eltern.“ Als Beispiel dafür steht, dass schon frühzeitig eine Stelle für eine syrische Frau geschaffen wurde, die als Flüchtling nach Behringersdorf kam und inzwischen voll integriert ist.
Für eine „enkeltaugliche Welt“
Mit im Boot ist Doris Bökamp, die dieses Projekt in den vergangenen beiden Jahren mit leitete. „Wir möchten uns als Teil der Einen Welt erleben und fangen damit bei den Kleinsten an.“ Eine wichtige Zielsetzung im Programm ,Eine-Welt-Kita‘ sind der nachhaltige Konsum und der Blick auf die globale Gerechtigkeit. Für Doris Röbling heißt das: „Wir verhalten uns in unserem Konsum so, dass es allen Menschen gut gehen kann. Denn letzten Endes stehen wir doch alle in einer Symbiose, sind irgendwie vernetzt, und unser Anliegen ist es, allen Kindern eine enkeltaugliche Welt zu hinterlassen.“
Der Gedanke der Nachhaltigkeit schließt mit ein, dass eine enge Kooperation mit Firmen, Geschäften und anderen Einrichtungen im Ort vorhanden ist. Gemäß der Reggio-Pädagogik, auf deren Grundlage die Gestaltung des Hauses und das pädagogische Konzept beruhen, heißt es: „Man braucht ein ganzes Dorf, um Kinder zu erziehen.“ Doris Röbling kommt zu dieser Überzeugung, da sie verwandtschaftliche Beziehungen in verschiedene Teile der Welt hat.
Selbst Gekochtes
Deshalb hat für Röbling das Weltkitaprogramm schon bei der Planung der Kita Blickwinkel vor mehr als zehn Jahren begonnen. Die damalige Bürgermeisterin Ruth Thurner und der Kirchenvorsteher Peter Boxdorfer unterstützten diese Sichtweise. Im Mittelpunkt der Krippe und des Kindergartens ist der Speisesaal als Begegnungsort mit einer Küche für die 110 Kinder angeordnet. Das Essen wird nicht fertig in Containern geliefert, sondern in der eigenen Küche von Ina Karstens gekocht. Zwar ist nicht alles Bio, aber die Nahrungsmittel werden regional eingekauft und es wird so viel gekocht, wie die Kinder auch tatsächlich essen können, sodass nur sehr wenige Lebensmittel weggeworfen werden.
„Der Nachhaltigkeitsgedanke ist aber kein 100-Meter-Lauf, sondern ein Marathon“, betont Röbling. Deshalb schlägt die Leitung zusammen mit den Beschäftigten jedes Jahr zwei bis drei Dinge vor, die neu mit den Kindern und ihren Eltern eingeführt werden sollen. Inzwischen hat sich so schon eine Menge an Neuerungen angesammelt. Dazu gehören einfache Weckgläser für Gemüse und Obst und besondere Beutel für die nasse Wäsche, um keine Plastiktüten benützen zu müssen.
Faires Spielzeug und Gemüsebeet
Beim Spielzeug wird auf die Kriterien des „fair toys“-Programms geachtet, und neben dem Kräutergarten bei der Kita gehen die Kitakinder regelmäßig zu einem Feld im Pegnitzgrund, um Kartoffeln und Gemüse zu pflanzen.
Der Blick für die Eine Welt wird abgerundet durch die Unterstützung eines Projekts in Südafrika, das auch heuer wieder mit dem Erlös des Weihnachtsbasars mit 390 Euro bedacht wurde.
Erschwert werden die Bemühungen allerdings in den letzten eineinhalb Jahren durch die Pandemie. „Vorher waren wir ein offenes Haus, und die Kinder konnten Neigungsgruppen bilden. Diese Offenheit mussten wir aufgeben, da jede Gruppe für sich bleiben muss.“ Röbling bedauert dies sehr.
Nebenbei bemerkt sie, dass es bisher bei der Diskussion um die Einschränkungen häufig um die Schulen gegangen sei und die Kitas vergessen worden seien, obwohl sich fast die dreifache Arbeitsbelastung durch die Hygienevorschriften ergebe. Die Sehnsucht nach einer annähernden Normalität ist deshalb auch in der Kita „Blickwinkel“ groß, um vor allem im Sommer das zehnjährige Bestehen der Kita feiern zu können.
Autor: Hans Zeller