Ein Besuch in Hammelburg

Ausflugstipp: Ein Besuch in Frankens ältester Weinstadt

Die geheimnisvolle Figur „Amalberga“ blickt über das Land. | Foto: Moritz2022/10/a494762165i0031_max1024x.jpeg

REGION/HAMMELBURG – Die Stadt Hammelburg punktet mit Wein und Wanderwegen. Wander- und Reiseautorin Christa Moritz hat sie besucht und gibt Wander- und Ausflugstipps.

„Was willst Du denn in Hammelburg? Da ist doch nur ein Truppenübungsplatz“ – so die Kommentare meiner Bekannten zu meinem nächsten Reiseziel, welches meine Berliner Freundin für ein Treffen ausgewählt hat.

Ich merke schnell, dass es sich durchaus lohnt, da mal hinzufahren. Nicht nur, dass Hammelburg eine reizvolle Altstadt hat, es gibt auch zehn Rundwanderwege zwischen zwei und 14 Kilometern durch die Stadt in die Natur.

Der Blick fällt auf das Kloster und das Schloß Saaleck. Im Vordergrund fließt gemütlich die fränkische Saale dahin. / Foto: Moritz2022/10/Bildschirmfoto-2022-10-17-um-16.35.07.png

Bereits 716 wurde Hammelburg erstmals urkundlich erwähnt. Leider wurden bei einem verheerenden Brand 1854 große Teile der Stadt, Türme und Wehranlagen in Schutt und Asche gelegt. Noch immer sind jedoch einige historische Gebäude vorhanden, wie wir bei einem Bummel feststellen. Besonders gut gefallen uns das im neugotischen Stil erbaute Rathaus mit seinem stufenförmig gegliederten Giebel und der prächtige Renaissancebrunnen am Marktplatz. Sehenswert sind auch die Stadtpfarrkirche und die Stadtmauer mit noch drei erhaltenen Türmen.

Die Seele liegt im Wein

Die Seele Hammelburgs aber ist der Wein. Schon vor über 1000 Jahren stand der Weinbau hier in voller Blüte und brachte Wohlstand. Noch heute bewirtschaften etwa 70 Winzer die Rebhänge.

Gleich am Tag unserer Ankunft wandern wir hinauf in die Weinberge. Entlang der Hangkante genießen wir die Weite, die Luft und die Aussicht auf die sanften Hügel ringsum. Plötzlich bleibt meine Freundin überrascht stehen: „Da schau mal!“ Na so was, etwas unterhalb von uns sehe ich eine steinerne lebensgroße Frau auf äußerster Felsspitze. Was soll das bedeuten?

Nach einigen Metern an ebenso unzulänglicher Stelle ein Kind an der Hand einer Frau und noch etwas weiter ein älterer Herr, zurückgelehnt in einem steinernen Stuhl, versonnen ins Tal blickend.

Rätselhafte Figuren

Angeblich sind die geheimnisvollen Figuren bis heute ein Rätsel, man kennt weder den Künstler, noch wie es gelungen ist, die Statuen unbemerkt zu platzieren. Von unserer Wirtin erfahren wir, dass den Figuren Namen gegeben wurden. Die Frau wird Amalberga genannt, die Thüringer Königin soll sie sein.

Der imposante Brunnen am Hammelburger Marktplatz. / Foto: Moritz2022/10/a494762165i0026_max1024x.jpeg

Der Sage nach hatte sie auf diesem Berg ein Schloss besessen und vom Felsen, an dem sie nun steht, ihre Liebhaber in den Tod gestürzt. Die Frau mit dem Kind heißt aufgrund ihrer Haltung „die Tänzerin“. In dem seriösen Herrn wurde zuerst Johann Wolfgang von Goethe vermutet, aber jetzt ist er schlicht der „Philosoph“.

Hinauf zu Schloss Saaleck

Am nächsten Tag lockt uns das etwa 1,5 Kilometer westlich der Stadt liegende Schloss Saaleck. Es liegt auf steilem Bergrücken auf der anderen Seite der Fränkischen Saale, die sich auf etwa 60 Kilometern Länge am südlichen Rand der Rhön von Bad Neustadt bis Gemünden schlängelt.

Auf dem Weg kommen wir am Kloster und an der Bayerischen Musikakademie vorbei. An den davor stehenden Autos und deren Nummern stellen wir fest, dass hierher Menschen aus den verschiedensten Ecken Deutschlands zum Musizieren kommen.

Das letzte Stück hinauf zum Schloss erreichen wir über viele Treppen.

Ausblick ins Saaletal

In dem im zwölften Jahrhundert entstandenen Schloss wohnten nie Ritter oder Könige, es war lediglich „Amtsburg“ des Klosters Fulda, heute ist es Hotel, Restaurant und Weinbaubetrieb. Ich steige hinauf auf den 22 Meter hohen Bergfried, der bis 1749 ein Gefängnis war, und erfreue mich an dem guten Ausblick ins Saaletal und auf Hammelburg.

Ab dem Schloss beginnt ein etwa sechs Kilometer langer Weinlehrpfad, auf dem wir auf anschauliche Weise Geschichte und Geschichtchen rund um den Weinbau erfahren. Der ökologische Anbau hat an Bedeutung gewonnen. Neben klassischen Sorten wie Müller-Thurgau, Bacchus und Silvaner kultivieren die Winzer jetzt auch den Riesling.

Stalins Sohn war hier in Haft

Wir erreichen den Schlossweinberg und genießen den Dreiklang aus Feldern, Wiesen und Waldwegen. Zwischendurch passieren wir immer wieder die Grenzen des Truppenübungsplatzes. 1895 wurde Hammelburg Garnisonsstadt, im Ersten und Zweiten Weltkrieg diente das Gelände als Kriegsgefangenenlager. Zu den prominentesten Gefangenen zählte für wenige Wochen auch Stalins ältester Sohn, der im April 1943 im KZ Sachsenhausen erschossen wurde.

Zwischen den Weltkriegen wurde auf dem Areal ein Kindererholungsheim gegründet. 80 Benediktinerinnen aus Tutzing betreuten Kinder aus ganz Deutschland. Bis zur Schließung 1931 hatten etwa 60 000 Kinder dort Erholung gefunden. Danach nutzten der Freiwillige Arbeitsdienst und der Christliche Verein Junger Männer die Lager.

Seit 1994 ist es ein Ausbildungszentrum der Bundeswehr, es haben sich aber auch zivile Institutionen wie Polizei, Deutsches Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk und Freiwillige Feuerwehr hier angesiedelt.

Wandern auf dem Mühlenweg

Interessant für uns ist auch der etwa 14 Kilometer lange Erthaler Mühlenweg entlang der Thulba. Wir passieren dabei ehemalige Kalkbrennöfen und das altehrwürdige Gebäude der Herrenmühle – die einstige Getreidemühle wurde zu einem modernen Museum umfunktioniert. Eine gute Einkehr findet sich im Örtchen Untererthal in einem uralten Fachwerkhaus.

Abends lassen wir uns in einer urgemütlichen Weinstube zu einem Schöppchen Silvaner die örtliche Spezialität „Dätscher“ schmecken, ein dreieckiges Gebäck aus herzhaftem Roggen-Brotteig. Wie so manches, ist auch der Dätscher durch Zufall entstanden, als ein Hammelburger Bäcker beim Brotbacken Teigreste „dätschte“ und buk, um nichts vom wertvollen Teig zu verschwenden. Mit Käse und geräuchertem Schinken belegt wird er zu einem köstlichen Mahl.

Auch der Sodenberg, ein erloschener Vulkan, mit 481 Metern der höchste Berg der Vor-Rhön, reizt uns, aber den heben wir uns fürs Frühjahr auf, denn da soll es Teppiche von Adonisröschen, Anemonen, Märzenbechern, Schlüssel- und Leberblümchen sowie unzählige Schmetterlinge geben. Verbunden mit einem Weinfest wird das bestimmt eine feine Sache.

Abstecher: Bad Kissingen

Vor der Heimfahrt wollen wir noch einen Stopp im nur eine halbe Autostunde entfernten Bad Kissingen einlegen, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Wie ich gelesen habe, war Kissingen im Mittelalter noch ein unbedeutender Ort und kleiner als Hammelburg. Bekannt wurde es durch seine Heilquellen.

Es war Friedrich Karl von Schönborn Buchheim, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg, der einen Kurort schaffen wollte, der sich mit Karlsbad vergleichen konnte. Im 19. Jahrhundert wurde es unter Ludwig I. ein mondäner Kurort. Gekrönte Häupter führten die Gästeliste an, wie König Max II., Otto I. von Griechenland, Kaiser Franz Josef I., Kaiserin Elisabeth (Sissi), Zar Alexander II. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs endete aber die Belle Epoque.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Bad Kissingen der amerikanischen Militärregierung unterstellt. Um einen Neubeginn des Kurbetriebs zu ermöglichen, zogen sich die Amerikaner aus der Kurzone zurück. Das Kurgastprofil hat sich jedoch verändert. Sozialversicherungsträger errichteten Kurkliniken und dadurch verlor das Bad einen Teil seiner gehobenen Klientel. Die Neubauten wurden jedoch nicht stadtprägend und das Kurviertel ist nach wie vor wunderschön.

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