Neuigkeiten vom Happurger Oberbecken

Wassermassen auf der „Tiefgarage“

Verlassen und verwildert sieht das Happurger Oberbecken Vom Damm aus gesehen aus (Bild). Der soll nun rückgebaut werden, um den gesamten Untergrund alle zwei Meter mit Betonsäulen durchziehen zu können. Darauf wird dann ein mehrlagiges Dichtungssystem für den Beckenboden aufgebracht. Foto: A. Pitsch2013/07/5_2_1_2_20130726_BECKEN.jpg

HAPPURG / HERSBRUCK – Wie ein einsamer Riese liegt der kahle Krater hinter den Bäumen am Deckersberg, sein Grund ist verwildert und mit Furchen übersät – verlassen sieht es aus, das Happurger Oberbecken, das seit den Bodeneinbrüchen im Januar 2011 still steht. Kein Wunder, dass da der Eindruck entstehen könnte, dass „Eon-Wasserkraft abwartet und das Sanierungsprojekt im Sande verlaufen lässt“, wie Happurgs Bürgermeister Helmut Brückner bei einer Bürgerversammlung die Stimmung etlicher Bewohner beschreibt. Doch das ist nicht der Fall: Laut Eon wird bis 2017 im Prinzip ein neues Oberbecken gebaut.

Das letzte Mal hatten Brückner und Hersbrucks Bürgermeister Robert Ilg zusammen mit den Eon-Experten im Dezember 2011 zur Info-Veranstaltung geladen. So kurz nach dem Schadensfall waren Interesse und Ängste enorm. Nun scheinen neben dem Berg auch die Bürger in einen Dornröschenschlaf gefallen zu sein. In sehr „familiärer Atmosphäre“, so Ilg, gab Wasserbau-Fachmann Karl-Heinz Straßer einen ausführlichen Einblick in Pläne, Komplikationen und Terminschienen.

Ursprünglich sollte nur der Bereich, in dem Sickerwasser das kalkige Lockergestein ausgespült hatte und es so zu den sogenannten Sohle einbrüchen gekommen war, durch Betonsäulen im Boden gestützt werden. Außerdem plante Eon, den Damm und dessen Untergrund in gleicher Art zu sichern, und zwar durch das „Einschießen“ von Beton in den Dammkörper. Das Sanierungsende wäre dann schon im Mai 2013 gewesen.

Doch Feldversuche auf dem Oberbecken machten das Konzept zunichte. „Kernbohrungen zeigten, dass die Säulen oben den benötigten Durchmesser von vier Metern erfüllten, in 20 Metern waren sie nur noch einen Meter dünn“, erklärte Straßer, „und damit war nicht genug Festigkeit gegeben“ – nur mit mehr Säulen und einer damit verbundenen Kostenexplosion. Zudem brachten geophysikalische Untersuchungen (Nov. 2011 bis März 2012) im Kalksteinboden außerhalb der Versturzzone ans Tageslicht, dass sich auch dort Hohlräume in Tiefen zwischen zwei und zehn Metern befinden.

„Das war ein Schockerlebnis“, sagte Straßer, denn solche Fehlstellen sind damit auch unter dem Damm – der „kritischen Zone“ – anzunehmen, wo bis in 33 Metern Tiefe erosives Material gefunden wurde. Die Folgen: Unterbrechung des Genehmigungsverfahrens, weitere Bohrungen und ein neues Sanierungskonzept. Dieses sieht nun vor, den Damm mit seinen „gewaltigen Mengen“ abzutragen und nicht nur die Kraterzone, sondern die gesamte Fläche des Oberbeckens von knapp 190.000 Quadratmetern alle zwei Meter mit 0,6 Meter starken Betonsäulen – „Der Damm steht dann wie auf einer Tiefgarage“, veranschaulichte Straßer – und einer mehrlagigen Dichtungsschicht für insgesamt rund 175 Millionen Euro zu versehen.

Wäre nicht im März dieses Jahres das neue Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in Kraft getreten, hätten die „Turbinen wieder Ende 2016 laufen“ können, so Straßer. Dieses bietet Anreize zur Optimierung bestehender Pumpspeicherwerke, wie dem sanierungsbedürftigen Exemplar in Happurg, im Rahmen der Energiewende, vor allem im Hinblick auf die Energiespeicherung. „Happurg ist eine Batterie für das Nürnberger Land“, beschrieb Wasserkraft-Direktor Dominik Godde neben den Sanierungs- und Stillstandskosten den Antrieb für eine „zwingend nötige“ Umsetzung des Gesetzes.

Um zehn Jahre kein Netznutzungsentgelt zahlen zu müssen, müssen entweder das Stauziel um mindestens fünf Prozent oder die Leistung des Werkes um 7,5 Prozent erhöht werden. Auf Happurg angewandt wären das 100.000 Kubikmeter mehr Wasser (statt 1,8 Mio. m3 dann 1,9) oder 43 (statt 40) Megawatt Leistung bei den Turbinen bzw. 35 (statt 33) MW bei den Pumpen. Besonders die Volumensteigerung beschäftigte die Anwesenden: Ob denn mehr als das Mindestmaß geplant sei? Ob nicht eine maschinelle Aufwertung günstiger sei als Stauzielerhöhung? Und wie hoch das Wasser dann im Becken stehen würde?

Eon-Fachmann Tobias Heiserer erläuterte, dass Platz und technische Machbarkeit ein maximales „Mehr“ von 200.000 Kubikmetern zulassen. Dann würde der Wasserspiegel um 40 bis 80 Zentimeter ansteigen – der Höchststand lag bisher zwei Meter unter der Dammkrone. „Theoretisch würde man das gar nicht merken“, erkannte der Deckersberger Peter Bußinger. Doch ob an Turbinen, Pumpen oder Volumen geschraubt wird, weiß Eon erst Ende 2013.

Für Sanierung und EnWG-Maßnahmen wurden zwei getrennte Genehmigungsanträge gestellt. Umgesetzt werde beides aber erst, wenn beides genehmigt sei, machte Heiserer klar. Daraus ergibt sich eine erneute Terminverschiebung: 2015/16 (statt 2014/15) soll der Untergrund ertüchtigt werden, Mitte 2017 Oberbecken und Pumpspeicherwerk wieder in Betrieb sein.

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