Neue Reihe des Evangelischen Forums

Pilgerreise zu Liedern Luthers

Pfarrer Alexander Reichelt (links) und Kirchenmusikdirektor Gerd Kötter haben das Konzept für die Lutherlieder-Reihe entworfen. | Foto: A. Pitsch2016/12/IMG_9537.jpg

HERSBRUCKER SCHWEIZ – Was haben denn Luther, Musik und Reformation miteinander zu tun? Eine ganze Menge, wie die neue Veranstaltungsreihe des Evangelischen Forums zeigt. Auf der „Lutherlieder Pilgerreise“, die am Sonntag in Talheim startet, wird in den teilnehmenden Kirchengemeinden des Dekanats je ein Lied von Martin Luther gesungen, besprochen und aktualisiert.

„Bei Reformation denken viele vor allem an theologische und sozialkritische Aspekte“, findet Kirchenmusikdirektor Gerd Kötter, der zusammen mit Pfarrer Alexander Reichelt und Kantor Karl Schmidt das Konzept für die Veranstaltung des Erwachsenenbildungswerks im Dekanat Hersbruck im Rahmen des Reformationsjubiläums entworfen hat. „Johann Sebastian Bach wird als der protestantische Musiker gesehen“, pflichtet Reichelt bei. Wohl auch deshalb weil, Bach die Lutherliede „kongenial in Kantaten umgesetzt hat“, ergänzt Kötter.

Dabei wird die musikalische Seite und Bedeutung Luthers meist vergessen, denken die beiden. Auch das war ein Grund, die Pilgerreise ins Leben zu rufen und die „Reformation musikalisch zu bearbeiten“, so Kötter, zumal sich mit den Lutherliedern viel anfangen lässt. Der Mönch aus Eisleben hat Laute gespielt, 40 Lieder geschrieben, von denen 24 im evangelischen Gesangbuch enthalten sind und nach Schätzung Kötters etwa zwölf gesungen werden, Melodien komponiert und das erste Gesangbuch verfasst und herausgebracht.

„Die Reformation war ein Liederfrühling“, sagt denn auch Kötter. Das Konzept Luthers war einfach „genial und absolut neu“, erklärt Reichelt. Er hat teils Wirtshaus- und Volkslieder hergenommen und mit seinen Texten versehen. So war „Vom Himmel hoch“ schon damals ein Gassenhauer. Außerdem hat er Glaubenssätze und Psalmen vertont und lateinische Hymnen übersetzt. Seine eigenen Kompositionen sind einstimmige, sehr rhythmische Melodien, die man zum Beispiel mit einer Trommel begleiten kann, so Kötter.

Auch Protestlieder gegen den Papst oder die Türken, die im Mittelalter auf Flugblättern verteilt wurden, gehören zu Luthers Repertoire. „Diese klingen für uns heute teilweise sperrig“, meint Kötter. Aber sie sind insofern von Bedeutung, weil man „über sie die Reformationszeit nicht nur theologisch, sondern auch historisch einordnen kann“, erläutert Reichelt.

Daher wird bei den bisher sieben Terminen – ein Einstieg weiterer Kirchengemeinde ist jederzeit möglich – jeweils ein Lutherlied mit einer örtlichen Musikgruppe gesungen, aufgedröselt, modernen Fassungen gegenübergestellt und mit Hilfe von kleinen Vorträgen eingeordnet. „Wir haben einen netten Querschnitt mit Weihnachts-, Rechtfertigungs-, Streitlied oder Psalm“, findet Kötter. Herausgesucht haben sie die beiden Experten in Abstimmung mit den Kirchengemeinden, die sich laut Kötter alle „sehr offen“ für die Reihe gezeigt haben.

Das Besondere an der Pilgerreise und zugleich eine Reminiszenz an Luther ist die Einbindung der Chöre – und zwar nicht nur kirchlicher, sondern auch weltlicher. „Das ist absolut bodenständig und entspricht Luther“, sagt Reichelt. Kötter ist sich sicher, dass da Welten aufeinanderprallen werden: „Ein Männergesangverein hat wohl noch nie einen lateinischen Hymnus gesungen. Das ist spannend!“

Die Kontakte zu den Musikgruppen hat übrigens Kantor Schmidt hergestellt. Er hilft auch einem Posaunenchor beim Einüben und hat gar einen Satz für den MGV Thalheim komponiert, loben die beiden. Die Teilnahme der Chöre und Besucher an der Pilgerreise ist deshalb so wichtig, weil Gemeindegesang vor Luther unbekannt war. „Der Priester hat die Messe auf Latein vorgetragen und das Volk durfte höchstens Amen sagen“, erzählt Reichelt.

Die Sinne ansprechen
Luther änderte dies durch die Einführung des Gottesdienstes auf Deutsch und das Mitsingen der Gemeinde durch bekannte Melodien. Chöre waren damals zum Einsingen nötig. Orgeln hatten eine andere Funktion. „Er war der Erfinder der Kirchenmusik und Kantorei“, leitet Kötter daraus ab. Doch nicht nur das hat die beiden bewogen, die Chöre einzubeziehen: „Wir können so mehr Sinne ansprechen als bei einem klassischen Vortrag.“

Wer alle Termine besucht, begibt sich nicht nur auf eine Pilgerreise zu teils unbekannten Lutherliedern, sondern auch durchs Dekanat. Diese Verbindung der Gemeinden empfindet Kötter als besonders schön. Ihn begeistern die Stücke des Reformators aufgrund ihrer „tollen Melodien, kraftvollen Sprache und Qualität“.
Auch Reichelt fasziniert, dass es Luther gelungen ist, „mit klaren Worten eine durchdachte Theologie darzustellen“, die im Gegensatz zu den verschachtelten Barocksätzen noch immer verständlich sind. Und er wirft einen interessanten Aspekt ein: Es werden viele Lobpreislieder auf Englisch gesungen, eine Umkehrung des lutherischen Ansatzes, die oft für Entfremdung sorgt.

Ach übrigens: Wer denkt, die Stücke Martin Luthers sind nur den Evangelischen vorbehalten, der täuscht sich. Auch die Katholiken haben seine Lieder im Gesangbuch. Kein Wunder, dass Reichelt sagt: „Sein Einfluss war riesig.“

Die Termine sind: 18. Dezember, 17 Uhr, Kirche Thalheim; 4. Februar, 17 Uhr, Kirche Alfalter; 19. Februar, 18 Uhr, Kirche Kirchensittenbach; 18. März, 17 Uhr, Kirche Alfeld; 26. März, 19 Uhr, Kirche Ottensoos; 6. Oktober, 19.30 Uhr, Kirche Hartmannshof; 31. Oktober, 17 Uhr, Kirche Förrenbach.

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