Wahlvorschau Röthenbach

Wie fest ist Röthenbach noch in SPD-Hand?

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RÖTHENBACH — Röthenbach, eine Stadt in der Hand der Sozialdemokraten: Seit 1966 wird sie von SPD-Bürgermeistern regiert, im Stadtrat hält die Partei die Hälfte der 24 Sitze. Zusammen mit dem Rathauschef kann sie also jede Abstimmung für sich entscheiden. Doch nun könnte sich das alles ändern. Gleich vier Kandidaten – darunter zwei Ex-Genossen – kämpfen um die Nachfolge von Günther Steinbauer als Bürgermeister, CSU, Grüne und Freie Wähler wollen einer geschwächten SPD die Mehrheit abjagen. So spannend waren Wahlen in der Pegnitzstadt noch nie.
Davon kann die Röthenbacher SPD heute nur noch träumen: 2002 stimmten 94,4 Prozent der Wähler für Günther Steinbauer, der daraufhin seine zweite Amtszeit antreten konnte. Damals hatte der SPD-Kandidat keinen Mitbewerber. Nach 18 Jahren als Bürgermeister hört Steinbauer nun auf. Für den Kronprinzen der Sozialdemokraten, den 55-jährigen Stadtkämmerer Erwin Unfried, ist die Wahl allerdings kein Selbstläufer – er hat Gegenkandidaten, die ihm selbst bei eingefleischten SPD-Wählern Stimmen kosten könnten.
Einer von ihnen war bis vor wenigen Tagen sogar noch Parteimitglied: Dieter Quast. Der 60-Jährige, seit 18 Jahren im Stadtrat und zuletzt Steinbauers Stellvertreter, hatte sich eigentlich gute Chancen ausgerechnet, von der SPD im Frühjahr 2013 aufgestellt zu werden. Doch die Nominierungsversammlung sprach sich mehrheitlich für den erst 2011 in die SPD eingetretenen Unfried aus. Es dauerte rund ein Jahr, bis Quast die Bombe platzen ließ; er erklärte, als unabhängiger Bürgermeisterkandidat den Genossen Konkurrenz machen zu wollen. Dabei teilte der 60-Jährige kräftig aus: Ein „kleiner, exklusiver Klüngel“ steuere die Röthenbacher SPD. Die ließ sich das nicht gefallen und erklärte über die Bayern-Zentrale in München die Parteimitgliedschaft Quasts für beendet. Dieser habe jahrelang erklärt, eigentlich nicht kandidieren zu wollen, seine Meinung habe er zu spät geändert.
Auch Klaus Hacker, den Grüne und die Freien Wähler (FW) gemeinsam auf den Chefsessel im Rathaus schicken wollen, hatte einmal das SPD-Parteibuch und war Bürgermeister-Stellvertreter. 2009 wechselte er zu den Freien Wählern – und erklärte, dass er schon lange mit der Röthenbacher Politik unter Steinbauer unzufrieden sei. Vieles dauere ihm einfach zu lange, wichtige Themen würden verschleppt. Auch wenn Hacker heute von „einem viel besseren Umgang miteinander“ bei den Freien Wählern und deren „unideologischem Ansatz“ schwärmt, mit dem er sich gut identifizieren könne: Bekannt ist auch, dass er schon 1996 gerne Bürgermeister geworden wäre – für die SPD. Auch ihm gaben die Genossen einen Korb.
Hacker hofft nicht nur, dass er sein Ziel nun unter geänderten Vorzeichen umsetzen kann, er will auch, dass die Freien Wähler, die bisher drei Stadträte stellen, stolze drei Sitze hinzugewinnen. „Andere Mehrheitsverhältnisse“ würden der Stadt gut tun, sagt er.
Das unterschreibt auch Wolfgang Hellmann, der für die CSU antritt. Die Christsozialen stellen bisher nach der SPD die zweitgrößte Fraktion mit immerhin sieben Mitgliedern, aber selbst mit Unterstützung von FW und den beiden Grünen-Stadträten können sie wenig ausrichten, will die SPD ihren Willen durchsetzen. Kampfabstimmungen sind zwar auch in Röthenbach selten, doch Hellmann findet, dass ohne die Übermacht der Genossen mehr Transparenz und eine andere Diskussionskultur herrschen würden. „Unser Ziel ist es, die bisherige Mehrheit zu knacken“: Der 53-Jährige, der sich gegen den Fraktionssprecher Wolfgang Gottschalk durchgesetzt hat, könnte davon profitieren, dass er der einzige Bewerber ohne sozialdemokratischen Hintergrund ist. Er sei sich stets treu geblieben, meint er, eine Anspielung unter anderem auf den Parteiwechsel Hackers.
SPD-Mann Unfried weiß, dass ihm das Bürgermeisteramt nicht sicher ist, dass seine Partei am Ende deutlich weniger als die 49,4 Prozent der Stimmen von 2008 erzielen könnte. Vor allem wehrt er sich deshalb gegen das Image des Politik-Neulings: Der Posten habe ihn schon „vor Jahren“ interessiert, als Kämmerer kenne er sich zudem gut in der Stadt aus. Und da wisse er: „Röthenbach steht – im Großen und Ganzen – gut da.“
Die SPD hofft insgeheim, dass Quast und Hacker einander Stimmen kosten. Dass es zu einer Stichwahl kommt, davon gehen alle Parteien aus. Wie immer lautet die Frage dann nur: Wer gegen wen?Andreas Sichelstiel

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