SCHNAITTACH — Ihr Quali ist ganz gut, sie haben Berufswünsche, die die mittlere Reife voraussetzen, aber für die normale M10-Klasse fehlt oft ein Quäntchen Stabilität oder Disziplin: 16 Mittelschülern in Schnaittach geht es genau so. Darum haben sie in der sogenannten „9+2“-Klasse ein Jahr Aufschub bekommen. Sie absolvieren die M10-Klasse in zwei Jahren und sind damit recht glücklich, wie sich bei einem Besuch deutlich zeigt.
Im Gespräch mit Schulleiterin Gabriela Scheicher kommt klar heraus, dass die neu geschaffene Variante qualifizierender Abschluss (Quali) mit mindestens einem Notenschnitt von 2,7 und dann noch einmal zwei Jahren Mittelschule bis zur Mittlere-Reife-Prüfung für bestimmte Jugendliche ein echter Zeitgewinn sein kann. Erfüllen die 15- bis maximal 17-Jährigen die Voraussetzungen, dann bekommen sie die Gelegenheit, Versäumtes aufzuholen und sattelfester zu werden. So könnte sich etwas verspätet doch noch die Tür zu besseren Ausbildungsplätzen, zum Abitur und vielleicht sogar zum Studium öffnen.
Studium nicht ausgeschlossen
In den Berufswünschen der 16 Schnaittacher „9+2“-Pioniere, von denen sechs aus Schnaittach selbst und die übrigen aus Lauf, Röthenbach, Hersbruck, Happurg sowie Henfenfeld kommen, spiegelt sich die neue Perspektive wider: medizinische Fachangestellte, Webdesign, mittlerer Polizeidienst und sogar Chemiker oder Architekt lauten die hoffnungsfroh formulierten Ziele. Ein späteres Studium ist freilich eher als Ausnahme zu erwarten, aber ausgeschlossen ist es nicht und – das betont Gabriela Scheicher – das Niveau hebt sich in der zehnten Klasse auf jeden Fall. Ein Quali-Absolvent wird normalerweise eher Maschinenführer oder zum Beispiel Backwarenverkäufer.
Die Schüler dieser Schnaittacher Klasse namens „9Mplus“, die zum Schulverbund Lauf-Schnaittach gehört, müssen sich freilich anstrengen dafür. Im ersten halben Jahr haben sie eine gemeinsame Basis geschaffen, Stoff wiederholt und vertieft, jetzt haben sie anderthalb Jahre Zeit, die Lerninhalte der herkömmlichen M10 zu verinnerlichen.
Von Füßehochlegen kann dabei keine Rede sein: „Es wird schon deutlich mehr verlangt als letztes Jahr“, sagt eine Schülerin. Sie und ihre Kollegen wissen inzwischen aus Erfahrung, dass der Start auf dem Weg zum M10-Abschluss leichter ist, wenn man schon in den Sommerferien den Stoff noch einmal wiederholt hat.
Das Niveau steigt dann, der Horizont erweitert sich. Alleine Mathematik sei merklich schwieriger als vorher, aber ein noch wichtigerer Knackpunkt scheint Englisch zu sein. Alle 16 Klassenkameraden raten anderen dazu, die mit dem Gedanken an „9+2“ spielen, schon gleich in der regulären neunten Klasse ernsthaft an der Fremdsprache dran zu bleiben. Der beste Anreiz dafür sei, die Englischprüfung im Quali auf jeden Fall zu machen, sie müsse letztlich ja nicht unbedingt zum Notenschnitt zählen.
Einen weiteren Punkt spricht Gabriela Scheicher an: Die Schüler seien schon alleine deshalb besser gewappnet für den weiteren Berufsweg, weil sie älter sind, besser wissen, was sie wollen, und schon ein wenig mehr gesehen haben von der Welt. Denn neben der breiteren Lernstoff-Basis kommen noch ein, zwei Praktika mehr dazu. „Das Wissen und diese Erfahrungen nimmt ihnen niemand mehr“, sagt die Schulleiterin aus voller Überzeugung.
Eine Anmeldung für das Schuljahr 2014/15 ist bereits möglich, endgültig wird sie allerdings erst zwischen 18. bis 25. Juli, wenn auch das Quali-Zeugnis vorliegt. Kontakt: Mittelschule Schnaittach, Telefon 09153/8497 oder per Mail [email protected].
Backwarenverkäufer mit mittlerer Reife.
Frisör mit Abitur?
Wo führt das hin? Nur Grenzverschiebungen und Etikettenschwindel.
Hat das Werben für die M10 nicht genügend Kandidaten gebracht kratzt man noch einige zusammen – dann halt in zwei Jahren.
Leidtragende sind die Schüler/innen.
Als Mutter einer Schülerin, die diese Klasse besucht, muss ich hier einiges loswerden: 1. Meine Tochter hat fehlte keine Disziplin und keine Stabilität, als sie sich für die 9M+ entschieden hat. Im Gegenteil, meine Tochter hat den Quali mit 1,8 bestanden uns hatte auch bereits eine Lehrstelle. Allerdings wollte sie dann doch noch weiter auf die Schule gehen, denn ihr Traumberuf kann sie nur mit dem mittleren Bildungsabschluss erlernen. 2. Eine Grenzverschiebung oder Etikettenschwindel (s. vorigen Kommentar) kann ich hier nicht erkennen. Wieso soll es schlecht sein, den Schülern ein weiteres Jahr für die Qualifikation des mittleren Bildungsabschlusses zu ermöglichen? Gerade in Fächern, in denen man evtl. ein wenig schlechter ist, kann man sich drauf konzentrieren. Diese Schüler hatten einige Monate Zeit, den Stoff der 9. Klasse zu wiederholen und zu festigen. Nun beginnt die Vorbereitung auf die Prüfung nächstes Jahr. In der regulären M10 entfällt die Wiederholung. Es gibt hier immer wieder Schüler, die den Stoff unterschätzen und nicht mal die Probezeit bestehen. Vielleicht sollte man sich erstmal genügend mit dem Ganzen vertraut machen, bevor man darüber schimpft. Dem Berichterstatter möchte ich auch noch eines auf den Weg geben: Nur weil diese Schüler sich zwei Jahre für den Abschluss Zeit lassen möchten, haben sie nicht mehr oder weniger Defizite oder Stabilität, als diejenigen, die den Abschluss in einem Jahr machen.