NÜRNBERGER LAND – Ist das „Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept“ (ILEK) bislang ein Erfolg? Bevor die Beteiligten zum „aber“ kommen, beantworten sie diese Frage alle mit einem „ja“. Man liege gut im Zeitplan und habe etliche konstruktive Vorschläge gesammelt, so der Tenor. Die Bürgerbeteiligung allerdings habe sehr zu Wünschen übrig gelassen.
Gemeinsam wollen die Gemeinden und Städte Altdorf, Berg, Burgthann, Feucht, Leinburg, Postbauer-Heng, Pyrbaum, Schwarzenbruck und Winkelhaid Zukunftsthemen, wie die Siedlungsentwicklung, Wirtschaft, Energieversorgung, Verkehr und Tourismus, anpacken. Als kommunale Allianz „Schwarzachtalplus“ will man mit Hilfe von Experten Konzepte entwickeln und Fördergelder nutzen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Bürgerbeteiligung. Ende letzten Jahres luden die Organisatoren daher zu einer öffentlichen Auftaktveranstaltung ein, am 20. April folgte eine Projektwerkstatt. Jedes Mal waren die Bürger dazu aufgerufen, ihre Ideen und Vorschläge einzubringen.
Allein in der Projektwerkstatt seien dabei über 80 Maßnahmenvorschläge zusammengekommen, die derzeit überprüft und in den Entwurf für den Projekt- und Maßnahmenkatalog eingearbeitet werden, erklären die beauftragten Experten von Schirmer Architekten und Stadtplaner aus Würzburg. Zum Beispiel sei seitens der Bürger auf die Vernetzung der Rad- und Wanderwege großen Wert gelegt worden und man habe den Einsatz eines Bürgerbusses sowie die bessere Vernetzung des ÖPNV vorgeschlagen.
Im Juli werden nun Fachgespräche mit den einzelnen Ressorts geführt und etwa 80 Experten eingeladen. Im September sollen dann die Ergebnisse und konkrete Projekte den Gremien vorgestellt werden. Das bisherige Resüme der Planer ist positiv: „Es hat sich gezeigt, dass in den Arbeitsgruppen eine intensive und qualitätsvolle Auseinandersetzung mit den Themen möglich war“, so die Architekten. „Positiv finde ich, dass durch das ILEK die interkommunale Zusammenarbeit weiter gestärkt wird. Viele der angesprochenen Punkte regen dazu an, gemeinsam etwas zu machen – was zudem einfacher und billiger ist“, betont auch der Altdorfer Bürgermeister Erich Odörfer.
Zu den Veranstaltungen kamen jedoch hauptsächlich Angestellte und Vertreter der Politik – nur eine Handvoll Bürger beteiligte sich an den Ideensammlungen. Der Aufruf, sich per E-Mail oder auf dem Postweg mit Vorschlägen zu melden, erzeugte ebenfalls kaum Resonanz.
Die Experten vom Planungsbüro sind davon nicht überrascht: „Die Bürgerbeteiligung im Planungsprozess liegt im zu erwartenden Rahmen. Eine starke Bürgerbeteiligung erreicht man in der Regel bei der Umsetzung konkreter Projekte. Bei einer abstrakteren Planung, wie es ein ILEK nun mal darstellt, wird keine unmittelbare Betroffenheit ausgelöst“, so die Architekten.
„Bin enttäuscht“
Bürgermeister Odörfer findet dennoch klare Worte: „Ich bin enttäuscht, dass die Leute immer Bürgerbeteiligung fordern, aber dann, wenn sie sich beteiligen und einbringen könnten, lassen sie sich nicht blicken. Wenn man bedenkt, dass in den Kommunen fast 70.000 Leute wohnen, und schaut, wie viele dann dort waren, ist das eigentlich beschämend. Wir haben das in allen Medien publik gemacht – trotzdem kommt keiner.“
Der Feuchter Oberbürgermeister Konrad Rupprecht äußert sich ebenfalls enttäuscht: „Man hat an den Workshops leider gesehen, dass es uns nicht gelungen ist, die Bürger zu erreichen. Zudem hatte ich das Gefühl, dass selbst manche Gemeinderäte die Wichtigkeit des Prozesses für die einzelnen Gemeinden noch nicht recht erkennen. Zum Beispiel bei der Gemeinderatssitzung in Altdorf vor einiger Zeit oder in Schwarzenbruck – da waren alle eingeladen, doch allzu viele kamen nicht.“
Der Gemeinderat müsse im Herbst die Entscheidungen treffen, so der Feuchter Rathauschef: „Wir Bürgermeister können machen, was wir wollen – wir brauchen den Gemeinderat dazu. Wir können mit den Bürgern und dem Architekturbüro alles vorbereiten, aber entscheiden muss das gewählte Gremium.“
„Wir sprechen mit den Gemeinde- und Stadträten über das Projekt, damit sich niemand überfahren fühlt“, erklärt Bürgermeister Heinz Meyer aus Burgthann den weiteren Ablauf. „Wir wollen den Beteiligten die Angst nehmen, dass jetzt elf Bürgermeister einfach etwas über ihren Kopf hinweg bestimmen – was sowieso nicht geht. Erst dann können wir die Maßnahmen besprechen und entscheiden, was bezuschusst und gefördert wird.“
Von den Bürgern erhofft sich Meyer mehr Beteiligung: „Wir würden uns wünschen, dass uns die Leute Rückmeldung geben, welche Entwicklungen sie von ihrer Region oder Kommune in Zukunft erwarten, was sie vermissen und was wir noch verbessern können.
Einfach E-Mail schreiben
Einfach eine E-Mail schreiben: „Herr Bürgermeister, das und jenes wäre gut.“ Das darf ruhig ganz formlos und unkompliziert sein.“
Die Kontaktadressen dazu findet man auf den Internetseiten seiner Gemeinde. Im Netz kann man sich außerdem unter www.schwarzachtalplus.de über den Prozess und die bisherigen Vorschläge informieren. Frank E. Walter
Feuchts Bürgermeister Konrad Rupprecht bei der Projektwerkstatt im April zum Thema „Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Verkehr“. Foto: Walter
Wenn man einen Prozess ILEK nennt, baucht man sich nicht über mangelnde Bürgerbeteiligung beschweren.
Aber mal im Ernst: Bürgerbeteiligung ist eine Kultur, die sich entwickeln muss. Wie kann es sein, dass sich jetzt Bürgermeister über mangelnde Bürgerbeteiligung beschweren, diese aber im alltäglichen Politikbetrieb nicht erwünscht wird. Man muss sich da nicht wundern, wenn das „Geschenk“ Bürgerbeteiligung nicht der Normalfall ist, sondern nur nach Gutsherrenart gewährt wird, wenn man es als Regierender für angebracht hält. Zur Bürgerbeteiligung gehört untrennbar auch die Transparenz der zugrunde liegenden Fakten und des Entscheidungsfindungsprozesses. Wenn man diese Transparenz aber nur nach Projektlage oder gar nicht gewährt, möchte man den Bürger absichtlich dumm und ruhig halten. Dann ist das Ergebnis eben so, wie es gerade ist.
Ich habe mit anderen in Hersbruck die Offenlegung der Stadtratssitzungprotokolle im Internet und die Einführung einer Informationsfreiheitssatzung angeregt. Da bekommt man, quer durch die Fraktionen, erstmal keine Antwort. Wenn dies nicht mehr geht, wird man mit billigen Floskeln abgespeist. Ich erwähne das deshalb, weil ich vermute, das es im südlichen Landkreis nicht sehr viel anders ist.
Hier kann man viele Infos über Informationsfreiheit und Transparenz erhalten und auch sehen, wer bei uns eine bürgerfreundliche Informationsfreiheitssatzung beschlossen hat. http://informationsfreiheit.org/ubersicht/
Oh, Herr Odörfer – gut gebrüllt ! Gerade Sie sind doch einer, der Beteiligung anderer nur solange duldet, wie Ihre eigene Meinung unterstützt wird. Wagt es jemand, mit einer anderen Meinung um die Ecke zu kommen, gibt es grundsätzlich Zoff. Sie bekommen deshalb Bürgerbeteiligung ja nicht einmal in der Stadt auf die Reihe, in der Sie Bürgermeister sind.
Und auch dieses Beispiel zeigt, dass hier rein gar nichts verstanden wurde. Der Schrei nach Bürgerbeteiligung bedeutet nicht, dass die Bürger die Aufgaben der Verwaltung und der Politik übernehmen wollen, das ist deren Sache und dafür sind sie gewählt bzw werden bezahlt.
Der Schrei nach Bürgerbeteiligung bedeutet viel mehr, dass Entscheidungen, die in bestimmten Gremien gefällt werden, sich auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger stützen und diese umsetzen. Und diese Bedürfnisse sind im Großen und Ganzen hinlänglich bekannt, aber werden viel zu häufig einfach ignoriert.
Das fängt bei gesamtdeutschen Themen, wie Mindestlohn, den sich eine Mehrheit der Bevölkerung wünscht und hört bei den kleinen Problemen jeder einzelnen Kommune an. Die Volksvertreter müssen mit den Bürgern ins Gespräch kommen und zwar im Alltag und nicht im Rahmen solcher geplanter Veranstaltungen.