NÜRNBERGER LAND – Dicke Jacke, Fernglas und wacher Blick: Seit dieser Woche sind wieder knapp 300 ehrenamtliche Vogelschützer bayernweit unterwegs und erfassen auf ausgewählten Flächen alle dort anwesenden Vögel. Dieses Monitoring häufiger Brutvögel führt der bayerische Naturschutzverband LBV bereits seit 2004 im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) durch. Aus zwei Jahrzehnten standardisierter Vogelkartierung liegen nun Bestandstrends für 58 Vogelarten vor. „Die Daten aus Monitoring-Programmen wie dem Monitoring häufiger Brutvögel sind wissenschaftlich belastbar, solide und aussagekräftig. Sie bilden die Grundlage für fachlich fundierten Naturschutz“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Der Bericht „Monitoring häufiger Brutvögel in Bayern von 2006 bis 2021“ kommt zu dem Ergebnis, dass in diesen Jahren von den 58 häufigsten Vogelarten über die Hälfte zugenommen hat, während die anderen stabil bleiben oder weniger geworden sind. Seltene Vögel, die unter dem Rückgang ihres Lebensraums leiden, werden in diesem Monitoring nicht erfasst.
Zwischen Mitte März und Ende Juni kartieren die Ehrenamtlichen entlang einer vorher festgelegten Route innerhalb einer ein Quadratkilometer großen Probefläche viermal im Jahr. Dabei werden alle gesehenen, aber auch die gehörten Vögel punktgenau erfasst. „Die Bestandsdaten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel und verwandter Monitoringprogramme werden zum Schutz gefährdeter Vogelarten, für die Nationale Biodiversitätsstrategie oder die Erarbeitung der Roten Liste gefährdeter Brutvögel benötigt. Diese fachlich aufeinander abgestimmten Monitoring-Programme werden vom LfU koordiniert und in der Regel in enger Zusammenarbeit mit dem LBV und anderen ornithologischen Arbeitsgruppen durchgeführt“, erklärt Dr. Monika Kratzer, Präsidentin des LfU.
Der Waldspecht fühlt sich wohl
Laut dem aktuellen Monitoring-Stand von 2022 sind von 58 häufigen Vogelarten die Trends von 28 Arten zunehmend, von 15 Arten stabil und von 15 Arten abnehmend. „Was auf den ersten Blick positiv aussieht, ist nur eine Momentaufnahme des relativ kurzen Zeitraums der vergangenen 20 Jahre. Die Bestände vieler Vogelartenbrachen bereits zwischen den 1970er und 1990er Jahren stark ein. Das heißt, Bestandserholungen finden oftmals auf niedrigem Niveau statt“, so Dr. Alexandra Fink, LBV-Koordinatorin des Monitorings häufiger Brutvögel. Da das Monitoring nur die häufigen, weit verbreiteten Vogelarten betrachtet, kann es für Vögel, die nur noch in geringer Anzahl oder in sehr speziellen Lebensräumen vorkommen, keine Bestandstrends liefern. Diese Vögel, die zu selten geworden sind, werden durch ein weiteres Monitoringprogramm für seltene Brutvögel erfasst. Grundsätzlich zeigen die bayerischen Trends des Brutvogelmonitorings sehr ähnliche Entwicklungen wie in Gesamtdeutschland und auch in Europa: Vögeln des Agrarlandes sowie Langstreckenziehern geht es schlecht, die Bestände der Siedlungsvögel bleiben oftmals stabil und bei vielen Vogelarten des Waldes geht es sogar bergauf.
Eine Vogelart des Waldes, die laut Monitoring einen sehr positiven Bestandstrend zeigt, ist der Schwarzspecht. Er profitiert vor allem davon, dass mittlerweile mehr Totholz und ältere Bäume im Wald zurück belassen werden, in denen er seine Höhlen bauen kann. „Ehemalige vom Schwarzspecht angelegte Höhlen, werden insbesondere von der Hohltaube angenommen. So steigt auch ihr Bestand in Abhängigkeit der Zunahme des Schwarzspechts stark an“, erklärt Fink das Zusammenleben verschiedener Arten.
Eine weitere typische Waldart, das Wintergoldhähnchen, zeigt hingegen einen stark negativ gezeichneten Bestandstrend. Der kleinste heimische Brutvogel ist stark an Fichten und Tannen gebunden. In den letzten Jahren verschlechterten Stürme und Borkenkäferfraß den Zustand der Fichtenwälder erheblich und damit auch den notwendigen Lebensraum des Wintergoldhähnchens.