Ottensoos: Windkraft-Kehrtwende

Thomas Maurer (rechts), Geschäftsführer des Planungsverbandes der Industrieregion Mittelfranken, beantwortete die Fragen der Ottensooser Räte zum Regionalplan. Foto: Ziegler
Thomas Maurer (rechts), Geschäftsführer des Planungsverbandes der Industrieregion Mittelfranken, beantwortete die Fragen der Ottensooser Räte zum Regionalplan. Foto: Ziegler2010/05/Thomas_Maurer_GR_Ottens_Wind.jpg

OTTENSOOS — Kehrtwende: Der Ottensooser Gemeinderat hat den Regionalplan der Industrieregion Mittelfranken, der die Standorte für mögliche Windkraftanlagen reguliert, überraschend abgelehnt. In seiner April-Sitzung hatte das Gremium noch angekündigt, dem Plan zuzustimmen, um den unkontrollierten Wildwuchs von Anlagen zu verhindern. In der Zwischenzeit ist in Ottensoos eine Bürgerinitiative gegen die Windräder aktiv geworden, die auf Laufer Grund Richtung Weigenhofen geplant sind.

Wieviel Brisanz das Thema Windkraft seit der Ottensooser Gemeinderatssitzung Anfang April gewonnen hat, war schon an der Zahl der Zuhörer abzulesen: Waren es damals  gerade eine Handvoll, mussten am Mittwoch zusätzliche Stühle in den Sitzungssaal geschafft werden. Gekommen waren auch Thomas Maurer, Geschäftsführer des Planungsverbandes der Industrieregion Mittelfranken, und Ludwig Fugmann, der bei der Bezirksregierung das Sachgebiet Raumordnung, Landes- und Regionalplanung leitet. Sie stellten sich den Fragen der Gemeinderäte.

Diese drehten sich vorrangig um die Argumente gegen die Errichtung von Windkraftanlagen: Abstandsregelungen zur Bebauungsgrenze, Gesundheitsgefährdung, Fragen des Rückbaus nach dem Ende der Laufzeit oder der Genehmigungspraxis. Außerdem interessierten sich die Räte dafür, was geschähe, wenn eine oder mehrere Gemeinden dem Regionalplan widersprächen.

In der letzten Sitzung war das Gremium noch mehrheitlich übereingekommen, dass sich zwar niemand ein Windrad vor der Haustür wünscht, der Regionalplan aber das kleinere Übel gegenüber der Alternative, nämlich privilegierten Einzelvorhaben, sei. Auf diese hätte die Gemeinde dann gar keinen Einfluss mehr, vor allem, weil die jetzigen Vorbehalt- und vielleicht demnächst Vorrangflächen allesamt außerhalb der Gemarkung Ottensoos auf Laufer Gebiet liegen.

Wer nun die letzte Sitzung verfolgt hatte –die Pegnitz-Zeitung titelte damals „Zustimmung mit Zähneknirschen“ – musste mehr als überrascht sein, als Geschäftsleiter Jochen Häberlein die Stellungnahme der Gemeinde verlas, über die der Rat nun abzustimmen hatte. „Die Gemeinde Ottensoos lehnt die Aufstufung der Vorbehaltsgebiete WK25, WK26 und WK 27 zu Vorranggebieten Windkraft ab.“ Was folgte, war eine Auflistung aller gängigen Argumente gegen Windkraft, von der mangelnden Windhöffigkeit in hiesigen Breiten bis zum Storch, der in Ottensoos auf dem Kamin der ehemaligen Brauerei lebt.

CSU-Sprecherin Tanja Riedel sagte, die gesundheitlichen Folgen der Windkraftanlagen seien immens: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Infraschall und Lärm Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Dazu zählen Taubheit, Angst, Appetitlosigkeit, Benommenheit, Kopfschmerz, Magenbeschwerden und Schlafstörungen.“ Insofern sei es ein „Skandal“, dass Windräder als privilegiertes Bauvorhaben im Baugesetzbuch stünden.

FW-Rat Hans-Helmut Schmidt kritisierte das Vorgehen der Bürgerinitiative „Ottensoos gegen Windkraftpark“. Die BI schüre absichtlich Angst bei den Bürgern und belästige diese so lange, bis sie sich in entsprechende Unterschriftenlisten eingetragen hätten. Sie drohe gar den Gemeinderäten, die pro Windkraft stimmten.

Außerdem verbat Schmidt sich Behauptungen, wonach er selbst für die Windkraft sei, weil er in einer der in Frage kommenden Flächen Grund besitze. „Das zeugt von mangelnder Sach- und Ortskenntnis“, sagte er. Schmidt mahnte zudem an, man dürfe nicht das Sankt-Floriansprinzip walten lassen und regenerative Energien nur dort wollen, wo sie nicht die eigene Umgebung beträfen.

Trotzdem stimmte Schmidt und mit ihm die FWG-Fraktion für die ablehnenede Stellungnahme der Gemeinde zum Regionalplan.

Als Einzige ausdrücklich für die Windkraftanlagen – auch vor der eigenen Haustür – äußerte sich die SPD-Ortsvorsitzende Christine Zierer. Die Gegner argumentierten unsachlich und stellten die Gefahren der Anlagen größer dar, als sie tatsächlich seien. „Kopfweh habe ich auch so und Bluthochdruck hat ja heute auch schon jeder Dritte. Früher hatte man auch Angst davor, was die hohe Geschwindigkeit eines Zuges alles mit dem Kopf anstellen würde.“ Immerhin solle gerade erst wieder die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängert werden, obwohl die Endlagerfrage noch lange nicht geklärt sei, „da hängt sich auch keiner hin“, so Zierer.

Am Ende aber stimmte auch Zierer und mit ihr die SPD-Fraktion dem ablehnenden Beschluss der Gemeinde zu. Außerdem wird die Gemeinde Ottensoos noch die bayerische Landesregierung auffordern, die Mindestabstände zur Bebauungsgrenze zu erhöhen.

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