Kennlern-Treff für Unternehmen und Asylbewerber

Flüchtlinge als Lösung für den Azubi-Mangel?

Sabine Strobel-Ahlfeld vom ASB Lauf im Gespräch mit einem jungen Syrer, der sich für eine Ausbildung zum Kinderpfleger oder Erzieher interessiert. Im Hintergrund weitere Firmenvertreter, darunter der Laufer Friseur Roland Eckstein. | Foto: Braun2016/05/pz-118326_speeddatingfluechtlingeazubiboerselauf.jpg

LAUF — Anerkannte Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren ist nicht nur eine Chance für die neuen Mitbürger, sondern auch für heimische Unternehmen, die teils händeringend nach Auszubildenden suchen. Um beide Gruppen zusammen zu bringen, wurde im Rahmen des Laufer Ausbildungsforums in der Berufsschule (die PZ berichtete) ein „Speed-Dating“ angeboten. Die Resonanz war durchweg positiv.

Über strahlende Gesichter konnte sich Frank Richartz, der Wirtschaftsförderer des Landkreises, am Ende freuen. Das Projekt, das zum ersten Mal im Nürnberger Land durchgeführt wurde, war ein voller Erfolg – sowohl für die teilnehmenden Unternehmer, als auch für die Asylbewerber, von denen etliche mit einem Termin für ein Praktikum nach Hause gingen. Die Idee zu dem „Speed-Dating“, also einem ersten Kennenlernen, hatte Richartz zusammen mit Michael Gebhard, dem stellvertretenden Schulleiter der Berufsschule. Gemeinsam mit der Stadt Lauf und mit viel Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Aktivsenioren Bayern wurde das Treffen kurzfristig organisiert.

Friseur, Koch oder Altenpfleger

Von den zahlreichen Unternehmen, die Richartz im Vorfeld angeschrieben hatte, sagten 16 ihre Teilnahme zu. Gesucht wurden Azubis für viele verschiedene Berufsfelder: ob Friseur, Koch, Straßenbauer, Kinderpfleger, Hörakustiker, Mechatroniker, Elektroniker, Metallbauer, Oberflächenbeschichter, Polsterer, Schädlingsbekämpfer oder Altenpfleger. Für jede der Stellen gab es mehrere Interessierte unter den rund 30 Flüchtlingen, die im zweiten Jahr die beiden speziell eingerichteten Klassen für Asylbewerber an der Laufer Berufsschule besuchen. Nur für die Ausbildung in einer Metzgerei konnten sich die jungen Erwachsenen nicht begeistern – „vermutlich aus religiösen Gründen“, vermutet Richartz.

Gerade für kleinere Unternehmen, die keine Möglichkeit haben, einen eigenen Stand auf einer Azubibörse zu stellen, war diese Form des Kennenlernens ideal. Und so wechselten die jungen Leute von einem Tisch zum nächsten und unterhielten sich angeregt mit den Firmenvertretern.

Wie gut sie im Vorfeld von den Aktivsenioren und ihren Klassenleitern vorbereitet worden waren, zeigte sich in dem geradezu überschwänglichen Feedback, das am Ende sogar den Wirtschaftsförderer überraschte. „Die Unternehmer waren durch die Bank begeistert, fast schon emotional“, sagte Richartz am Tag nach der Veranstaltung gegenüber der PZ. Sie hätten die Flüchtlinge als sympathisch, offen, interessiert und extrem höflich beschrieben. Auch von den Deutsch-Kenntnissen sie positiv überrascht.

Das bestätigt auch Roland Eckstein, der zwei Auszubildende für seinen Friseur-Salon in Lauf sucht. Alle fünf jungen Männer, die sich bei ihm vorstellten, hat er zum Probearbeiten eingeladen. „Sie haben einen sehr guten Eindruck gemacht. Hatten ein tolles Auftreten, waren offen, bemüht und haben hervorragende Deutschkenntnisse“, kommt er fast ins Schwärmen. Kein Wunder, denn für Friseure ist es seit Jahren schwierig, geeigneten Nachwuchs zu finden. „Wir hatten vier Jahre lang gar keine Bewerber“, berichtet Eckstein. „Dieses Jahr waren es überraschenderweise gleich fünf, von denen aber nur zwei überhaupt in Frage kommen.“ Auch diese beiden Damen hat Eckstein zum Probearbeiten eingeladen.

Deutsche Bewerber bevorzugt

Einen ähnlichen Bewerbermangel gibt es in den meisten der anderen angebotenen Berufe, so Richartz. „Wenn Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will, müssen wir den Fachkräftemangel in den Griff kriegen.“ Dass deutsche Jugendliche aufgrund solcher Aktionen für Asylbewerber auf der Strecke bleiben, wie einige wenige von ihm angeschriebene Firmen im Vorfeld kritisiert hatten, glaubt Richartz nicht. „Wer einen halbwegs passablen Abschluss und ein anständiges Benehmen hat, findet zurzeit auch einen Ausbildungsplatz“, sagt er. Zudem würden deutsche Bewerber trotz allem bevorzugt, weil der Betreuungsaufwand wesentlich geringer sei, als bei Menschen, die erst kurz in Deutschland leben, sagt Richartz aus Erfahrung.

Ob sich aus den vereinbarten Praktika und Betriebsbesichtigungen am Ende auch die ein oder andere feste Anstellung ergibt, wird sich erst in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Eine Neuauflage des „Speed-Dating“ ist auf jeden Fall bereits in Planung: Sie soll bei der Ausbildungsplatzbörse in der Röthenbacher Karl-Diehl-Halle im Oktober stattfinden.

Frank Richartz (2. v. l.) und Bernd Hölzel vom Landratsamt (stehend, 2. v. r.) haben die Veranstaltung gemeinsam mit den Aktivsenioren Bayern (Bildmitte) organisiert. Berufsschulleiter Reinhard Knörl stellte dafür gerne die nagelneue Mensa seiner Schule zur Verfügung. Cornelia Trinkl (3. v. l.) verschaffte sich als stellvertretende Landrätin selbst einen Eindruck.
Frank Richartz (2. v. l.) und Bernd Hölzel vom Landratsamt (stehend, 2. v. r.) haben die Veranstaltung gemeinsam mit den Aktivsenioren Bayern (Bildmitte) organisiert. Berufsschulleiter Reinhard Knörl stellte dafür gerne die nagelneue Mensa seiner Schule zur Verfügung. Cornelia Trinkl (3. v. l.) verschaffte sich als stellvertretende Landrätin selbst einen Eindruck.2016/05/pz-118325_speeddatingfluechtlingeazubiboerseorganisatoren.jpg
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