Ende der Agrar-Subventionen als Ausweg?

Agrartour mit der Landtagsabgeordneten der Grünen Verena Osgyan

Auf dem Programm standen auch Bienenkästen und Apfelbäume auf dem Gelände der Streuobstinitiative, über deren Veranstaltungen sich Kreisrätin Ulrike Eyrich und Landtagsabgeordnete
Verena Osgyan (rechts) informierten . Foto: Die Grünen2016/03/7039642.jpg

HERSBRUCKER SCHWEIZ – Einen ganzen Tag lang war die Landtagsabgeordnete der Grünen, Verena Osgyan, im Nürnberger Land unterwegs und hat exemplarische Bio-Produzenten besucht. Beim anschließenden Gespräch in Hersbruck erfuhr die Agrar-Spezialistin von Verbrauchern und Landwirten, wie Öko-Betriebe künftig besser bei der Vermarktung unterstützt werden könnten.

Relativ schnell hatte sich am Abend nach der „Agrartour“ von Verena Osgyan ein Konsens gebildet: Landwirte, vor allem die Bio-Bauern, haben es bei der Vermarktung ihrer Produkte schwer. Zu groß ist der Preisdruck auf dem freien Markt, von den höheren Ladenpreisen für regionale oder biologisch erzeugte Produkte bleibt beim Erzeuger fast nichts hängen.

Dabei hatte Osgyan im Hersbrucker Land mehrere Betriebe besucht, die das Herz einer Grünen-Landtagsabgeordneten höher schlagen lassen: Die Dorfgemeinschaft Münzinghof bietet Menschen mit Handicap eine Heimat und einen Beruf und verknüpft dies mit biologischer Landwirtschaft. Der Reimehof produziert nicht nur hochwertige Lebensmittel, sondern pflegt mit seinen Ziegen einen Teil unserer Landschaft. Und die Streuobstinitiative erhält nicht nur alte Obstsorten und die Kulturlandschaft, sondern engagiert sich auch in der Bildung von Schulkindern und Erwachsenen.

„Die Bayerische Staatsregierung möchte bis 2020 den Ökologischen Landbau auf einen Anteil von zwölf Prozent verdoppeln. Im Nürnberger Land liegen wir mit 8,8 Prozent schon jetzt weit vorne“, lobt die stellvertretende Landtags-Fraktionsvorsitzende. Allerdings kenne sie auch die Schwierigkeiten der Landwirte und die generellen Probleme. Jedes Jahr werden alleine in Bayern 900 Hektar Fläche verbraucht. In manchen fränkischen Gegenden bauen die Landwirte auf 30 Prozent ihrer Fläche Energiepflanzen an, was die Pachtpreise und den Pestizidverbrauch stark in die Höhe treibe, so Osgyan. Dies gelte es einzudämmen und regionale Kreisläufe zu stärken. „Denn: Heimat, Kultur und Genuss gehören zusammen.“

Was die Landwirte konkret brauchen, erfährt sie von Demeter-Landwirt Uwe Neukamm aus Vorderhaslach und dem Hartensteiner Bioland-Käsehofbetreiber Hans Klischewski. „Das Programm Bioregio2020 hat nicht den erhofften Effekt gebracht“, findet Neukamm, der auch Vorsitzender der „Biobauern e.V.“ ist. Beispiel: Stellt ein Landwirt auf Bio um, nimmt er zehn Prozent mehr Geld ein, hat aber 20 Prozent mehr Ausgaben. Je mehr er also produziert, desto höher der Verlust. Sein Kollege Klischewski hat ganz eigene Erfahrungen dabei gemacht, die eigenen Produkte in Bio-Supermärkten unterzubringen: „Die Preispolitik der Bio-Supermärkte unterscheidet sich nur wenig vom Preiskampf der konventionellen Großmärkte“, beklagt Klischewski. Zwar seien die Verkaufspreise bei Käse, Milch, Fleisch und Gemüse in Bio-Qualität um einiges höher, beim Landwirt bleibe von diesem Preissprung derzeit allerdings kaum etwas hängen.

Beide Öko-Produzenten gehen mit der Politik und dem Bauernverband hart ins Gericht: Der Bauernverband befürworte die grüne Gentechnik und sei viel zu sehr mit der Agrarindustrie verstrickt, so Klischewski. Und Neukamm setzt noch eines oben drauf: „Industrie, Bauern, BayWa und Politik haben über die Jahrzehnte der CSU-Regierung einen ewigen Filz gebildet“, so Neukamm. Um diese „unheilige Allianz“ aufzulösen, müsse man den Kollegen aus der konventionellen Landwirtschaft dennoch die Hand reichen und auf Augenhöhe ins Gespräch kommen. Eine große Chance, den Öko-Landbau zu stärken, sei die Sensibilisierung von Verbrauchern ab dem Schulalter und der Bauern in der Landwirtschaftsschule.

Uwe Neukamm befürwortet sogar einen kompletten Umbruch der Agrarpolitik: die Abschaffung aller Agrarsubventionen bei höheren Preisen für das Produkt. „Die Subventionen erhalten meinen Hof zwar am Leben, aber dadurch wird der Bauer zum Sozialhilfeempfänger“, erklärt Neukamm. „Viel lieber bekäme ich gar keine Subventionen, dafür aber 20 bis 30 Prozent mehr Geld für meine Produkte.“ Schnell kommt beim anschließenden Brainstorming zusammen mit den Verbrauchern auch die Frage auf, ob analog zum Mindestlohn nicht auch Mindestpreise für gesund produzierte Lebensmittel gelten sollten.

Doch nicht nur die Erzeuger setzen auf regionale Kreisläufe. Auch die Verbraucher, die an dem Gespräch teilnahmen, sehen eine große Zukunft in regionaler Vermarktung. Der Kunde möchte wissen, woher seine Produkte kommen. Direktvermarktung, kleinere Molkereien oder Erzeugergenossenschaften stehen hoch im Kurs, so der Tenor der Gesprächsteilnehmer.

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