NÜRNBERGER LAND — In der Altersgruppe ab 80 Jahren haben sich die Corona-Fallzahlen in der vergangenen Woche vervierfacht. Es gab am Dienstag erneut drei Todesfälle. Die Berichte über Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen häufen sich.
Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) belegen es: Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus nimmt im Nürnberger Land derzeit zwar in fast allen Altersgruppen zu, aber nirgendwo so stark wie bei den 80-Jährigen und Älteren. Hier stieg die Inzidenz vergangene Woche dramatisch.
Rechnerisch gab es 873,68 neue Fälle pro 100 000 Landkreisbürgern im Alter ab 80 Jahren. In der letzten Novemberwoche waren es noch 201,62. Zum Vergleich: In der am zweitstärksten betroffenen Altersgruppe, den 25- bis 29-Jährigen, lag dieser Wert zuletzt bei 359,49.

Solche Zahlen sprechen dafür, dass in der zweiten Welle vor allem Altenheime betroffen sind. Und in der Tat hat die Pegnitz-Zeitung in den vergangenen Wochen mehrfach über solche Ausbrüche berichtet, ob in Artelshofen oder Winkelhaid.
Inzwischen steht außerdem fest: Von den 50 neuen laborbestätigten Fällen aus Lauf, die am Montag gemeldet wurden, gehen 31 auf Bewohner und Mitarbeiter des Seniorenheims am Hämmernplatz zurück. Dort sind nach Angaben des Landratsamts Nürnberger Land von 108 Bewohnern aktuell 26 positiv getestet, einer im Krankenhaus, zwei verstorben. Von den 54 Mitarbeitern sind aktuell 13 positiv.
Schnaittacher Heim stark betroffen
Stark betroffen ist im Augenblick auch das Novita-Seniorenzentrum in Schnaittach. Bisher sind dort sechs Menschen gestorben, vier von ihnen im Krankenhaus, wie Einrichtungsleiter Marco Hensel bestätigt. 31 positive Tests gab es ihm zufolge bisher, das Landratsamt spricht sogar von 35 positiv getesteten Senioren. Das Heim hat rund 70 Bewohner.
Vor allem personell sei die Lage „zwar noch stemmbar, aber angespannt“, sagt Hensel. Rund 20 seiner Mitarbeiter sind in Quarantäne, dieser Ausfall muss kompensiert werden.
Mindestens noch diese Woche gilt ein Besuchsverbot. Wie die Lage an Weihnachten sein wird, sagt Hensel, „können wir momentan noch nicht absehen“. Weitere Tests stehen aus.
Hohe Mortalitätsrate
Kristine Lütke vom Laufer Seniorenzentrum „bei St. Otto“ kennt die Situation, in der sich ihr Schnaittacher Kollege befindet, aus dem Frühjahr: Fünf Tote forderte die erste Pandemie-Welle in ihrer Einrichtung. Aktuell gibt es „bei St. Otto“ aber keine Fälle. „Bei älteren Menschen ist die Mortalitätsrate einfach sehr hoch“, sagt sie. Wenn das Virus eingeschleppt worden sei, „ist die einzige Möglichkeit, die man hat, Infektionen schnell zu identifizieren“.
FFP2-Masken sind Standard, auch Visiere kommen zum Einsatz. Zusätzliche Sicherheit sollen Antigen-Tests bringen, die Mitarbeiter ab sofort zweimal wöchentlich machen sollen. Auch Bewohner und Besucher werden getestet. Schon länger gibt es „bei St. Otto“ 14-tägige Abstriche bei den Angestellten.
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Die steigende Zahl an Tests führt wohl auch dazu, dass die Fallzahlen in der Gruppe ab 80 Jahren hoch sind. Unter Altenheimbewohnern zumindest dürfte das Dunkelfeld kleiner sein als in der Restbevölkerung.
Testen bindet Personal
Das viele Testen, sagt Lütke, sei sinnvoll, aber es erfordere viel Personaleinsatz, der an andere Stelle fehle. Sie wünscht sich, dass die Heime stärker unterstützt werden. Und in der Tat kündigte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek gestern an, dass Hilfsorganisationen wie BRK oder ASB ihre Ehrenamtlichen bei Schnelltests einsetzen wollen. Es wäre eine Entlastung, sagt Lütke.
Sie plädiert dafür, weiter Besuche zuzulassen, „sie sind wichtig für die Bewohner“. Eine echte Gratwanderung würden aber die Feiertage. Werde die Schwiegermutter zur Feier an Heiligabend aus der Einrichtung abgeholt, könne sie ein ungewolltes „Weihnachtsgeschenk“ mitbringen: eine Corona-Infektion. Einen positiven Antigen-Test dann schnell durch einen Abstrich vom Labor bestätigt zu bekommen, „das wird zwischen den Jahren die Herausforderung“, sagt die Heimleiterin.
67 neue Infektionen meldete das Landratsamt am Dienstag. Es gab drei Tote: eine 90-Jährige aus Lauf sowie eine 83- und eine 80-Jährige aus Schnaittach. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt laut RKI 240,1.