Fritz Körber beim Gauck-Besuch in Oradour

Eine Geste wie einst Brandts Kniefall

Fritz Körber zwischen François Hollande und Joachim Gauck2013/09/Sylvie_063.jpg

ORADOUR/BEHRINGERSDORF — „Viele kleine Schritte waren notwendig, um jetzt den großen Sprung zu schaffen“, sagt ein glücklicher Fritz Körber. Der Behringersdorfer ist seit dreißig Jahren Wegbereiter der deutsch-französischen Annäherung. Gestern war er dabei beim Besuch des Bundespräsidenten in Oradour-sur-Glane. Der Ort und seine unfassbare Geschichte lassen Körber einfach nicht los.

Nachdem Joachim Gauck Oradour bereits Richtung Paris verlassen hat, ist Fritz Körber noch immer gebannt: „Ich möchte das mit dem Kniefall Willy Brandts in Warschau vergleichen“, sagt er in einem Telefonat mit der Pegnitz-Zeitung über den Staatsbesuch, der schon vorab für so viele Schlagzeilen gesorgt hat. Und weiter: „Das ist für mich ein wunderschöner Tag.“

Sein größter Traum war immer eine Partnerschaft Schwaigs mit Oradour. Doch selbst für Körber – für den Völkerverständigung eine Lebensaufgabe ist – waren die Gräben bisher nicht zu überwinden, die das Massaker vom 10. Juni 1944 gerissen hat. Damals ermordete die Waffen-SS 642 Bewohner des kleinen Dorfes im Limousin. Vor dreißig Jahren war der heute 74-Jährige, bis 2006 Schwaigs Bürgermeister, zum ersten Mal in Oradour. Damals waren Deutsche bei vielen Bewohnern noch nicht gerne gesehen. Seither ist Körber regelmäßig zu Gast, mit Robert Hébras, einem von nur sechs Überlebenden, verbindet ihn eine tiefe Freundschaft.

Gaucks Besuch ist für den 74-Jährigen, der auch Beauftragter des Bezirks Mittelfranken für Partnerschaften ist, ein Signal. Er glaubt, dass sich die einstigen Feinde heute näher sind als je zuvor. Vor allem die Entschuldigung des Bundespräsidenten für das Verbrechen von 1944 sei enorm wichtig gewesen für die Familien von Oradour. Er habe, so Körber, viele positive Rückmeldungen bekommen, auch wenn es immer noch Franzosen gebe, die den Deutschen nicht vergeben könnten. Ihn mache vor allem der Zeitpunkt des Besuchs glücklich. Für den Bezirkstag kandidiert er nämlich nicht erneut. Auf den letzten Metern komme ein solches Zeichen der Annäherung einem Geschenk gleich.

Gauck und der französische Staatschef François Hollande ließen sich von Hébras die Ruinen des Dorfes zeigen. Ein beinahe intimer Moment: Der Tross, den die beiden Staatsoberhäupter mitgebracht hatten, blieb auf Abstand. Und so musste sich auch Körber, den der Bürgermeister von Oradour eingeladen hatte, auf einer Leinwand per Videoübertragung ansehen, was sich in der Gedenkstätte zutrug. Bei der anschließenden Rede des Bundespräsidenten war der Behringersdorfer allerdings dabei – und Gauck dankte ausdrücklich der Delegation aus Mittelfranken. Jene Delegation freilich bestand nur aus einer Mitarbeiterin des Bezirks und Körber.

Die Idee mit der Partnerschaft der Kommunen hat dieser indes noch nicht ganz aufgegeben. Wer weiß, vielleicht ist die Zeit ja jetzt reif.

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