Open-Air-Festival in Enzenreuth

Sechs Bands rocken am Rothenberg

„Six Finger Jäck“ (links) hatten nicht nur den Beistand ihres Maskottchens, der sechsfingrigen Vogelscheuche (im Hintergrund), sie holten sich auch Leute aus dem Publikum auf die Bühne, die mit Wasserspritzpistolen für Abkühlung in den ersten Reihen sorgten. Rechts: Die „International Allstars“ machten ihrem Namen alle Ehre und wurden mit tosendem Applaus belohnt2013/07/66839_rockamrothenbsixfingerjack_New_1374424564.jpg

ENZENREUTH — Nach einer wettermäßigen Durststrecke in den vergangenen Jahren gab es zur 22. Auflage des Open-Air-Festivals „Rock am Rothenberg“ am Wochenende Sommer und Sonne satt. Viele Gäste, vor allem aus dem Nürnberger Land, strömten nach Enzenreuth und kamen mit sechs exzellent aufgelegten Bands absolut auf ihre Kosten.

In wechselnder Besetzung eröffnen die „Enzenstones“ das Freiluftfestival, das die „Musikinitiative Nürnberger Land“ auf die Beine gestellt hat. Andi Pinzer überrascht und gibt in diesem Jahr sein Debüt als Sänger im Hof der kleinen Brauerei Enzenstein. Abwechslungsreich ist auch die Musik der „Enzenstones“, bei der auch der Blues nicht zu kurz kommt.

Es ist ein Kommen und Gehen auf der Enzenreuther Höhe im Obstgarten von Martin Kress, dessen Bäume als Schattenspender gerne angenommen werden. Reichlich kostenlose Parkplätze stehen zur Verfügung, was auch Festivalbesuchern aus Röthenbach gefällt, die in diesem Jahr gleich eine Wagenburg mit ihren Wohnmobilen bauen. „Für uns ist Rock am Berg ein jährlicher Pflichttermin“, erklärt Tommy Huber. Für Enzenreuth hätten er und seine Freunde sogar auf die „Pyraser Rock Nacht“ verzichtet, die zeitgleich in Pyras stattfindet.

Auf der Bühne versammeln sich bereits die „Friends“ aus Nürnberg. Die Band besteht seit 20 Jahren, allerdings haben zwischenzeitlich einige der fränkischen Musiker gewecheslt. Jüngstes Mitglied ist Sängerin Julia, die im Berufsleben als selbständige Beraterin für digitale Medien ihre Frau steht. Sie überrascht mit klarer Stimme und kraftvollem Gesang und begeistert die Zuhörer – vom Vorschulkind bis zum Rentner – nicht nur mit „Rolling in the Deep“ von Adele. Freunde des handgemachten Coverrock haben ihre wahre Freude.

Ohne Schlagzeug, dafür aber mit einem Geigenspiel vom Feinsten, punktet die Herzogenauracher Band „Paddy‘s last Order“ mit irischer Musik beim Publikum. Sie transportieren die Stimmung aus den Pubs der grünen Insel direkt nach Enzenreuth – passend ein Titel aus der Setlist dazu: „A Pub with no Beer“. Emma Deutsch spielt als einzige Dame in der Band die Geige. Die sympathische junge Frau absolviert derzeit eine Bäckerausbildung. Man hört es ihrer Aussprache nicht gleich an, aber Emma kam erst vor drei Jahren aus dem US-Bundesstaat Iowa als Au-pair nach Deutschland. In den Staaten spielte sie zusammen mit ihrem Vater bereits mit 13 Jahren klassische und Volksmusik. „Paddy‘s last Order“ sind zum ersten, aber sicher nicht zum letzten Mal am Rothenberg, wie Bandleader Thomas Schönfelder betont.

Harte Töne von „Powerlord“

Wie man die Stimmung richtig anheizt, weiß die weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannte Gruppe „Powerlord“. Die Hardrocker sind bereits Stammgäste auf dem Enzenstein. Mit ihrem Programm aus Rock- und Metal-Klassikern bringen sie genau die richtige Härte ins Lineup. Und wie kommt der Auftritt bei den Gästen an? „Hammermäßig“, findet nicht nur Roland Kolus aus Lauf.

In der Vorproduktion befindet sich derzeit das erste Album der Gruppe „Six Finger Jäck“. Eine Auswahl davon bringen die vier Jungs, deren Markenzeichen eine lebensgroße sechsfingrigen Vogelscheuche ist, in Enzenreuth zu Gehör. Sehr zur Freude des Publikums, bei dem der Sound gut ankommt. Man darf gespannt sein, was sich aus der recht jungen Band noch entwickelt.

Es dämmert bereits, da stellen einige Gäste noch schnell ihr Zelt auf. Der Münchner Martin Bauer, zum 16. Mal bei „Rock am Rothenberg“ dabei, richtet gerade in seinem Geländewagen seine Schlafstätte ein, als über dem Felsmassiv des Glatzensteins der Vollmond sichtbar wird.

Die letzte Band des Abends betritt die Bühne. Die Vorankündigung hatte ja bereits einiges versprochen, was die „International Allstars“ anbelangt – und die Gäste des Festivals sollten nicht enttäuscht werden. Der Motor, Organisator, Moderator und Bassist der „International Allstars“ ist Martin Engelien. Er war über 20 Jahre musikalischer Weggefährte, Produzent und Bassist von Klaus Lage. Weil der Berufsmusiker dadurch viele Größen der Musikszene kennt, wird die Band ihrem Namen auch gerecht.

Die Spanierin Sylvia González Bolívar ist spätestens seit der Erfolgshymne Liberato von Krypteria einem Millionenpublikum ein Begriff. Sie stand schon als Chorsängerin mit Phil Collins oder Rod Steward auf der Bühne. Das deutsche Magazin „Metal Hammer“ titulierte Sandro Giampietro aus Italien als „einen der besten Gitarristen überhaupt“. Neben seiner Tätigkeit als Gitarrist und Sänger der Band „Zillion“ war er langjähriger Gitarrist der Helge Schneider Band. Kuriose Anekdote am Rande: Um einen Blick auf den grandiosen Sonnenuntergang vom Enzenstein zu werfen, hatte der Gitarrist kurz das Festivalgelände verlassen – und wäre von den Sicherheitsleuten fast nicht wieder hereingelassen worden, weil er kein entsprechendes Armbändchen trug. Glücklicherweise schaffte er es dann aber doch noch.

Die musikalische Biografie des holländischen Drummers Berni Bovens ist mehrere Seiten lang. Der charismatische Sänger und Bluesharp-Virtuose Chris Kramer begleitete Peter Maffay nicht nur auf seinem Platin-Album „Tattoos“, sondern auch 2010 und 2013 auf dessen Tourneen durch ausverkaufte Arenen der Republik.

An einem Biertisch basteln die Berufsmusiker vor dem Auftritt innerhalb kurzer Zeit eine Playlist, ohne die Stücke vorher gemeinsam geprobt zu haben. Auf der Bühne ist alles perfket: Hier sind echte Könner am Werk. Einzigartig, die Flexibilität und Spontanität dieser Vollblutmusiker. Zu guter Letzt kündigt Sylvia eine Ballade als Schlaflied an – nur um die Gäste mit dröhnenden Gitarren und „Highway to Hell“ von AC/DC auf den Heimweg zu schicken.Udo Schuster

Mehr Fotos gibt‘s unter www.n-land.de/bilder in unserer Bildergalerie.

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