Roger Sautter ist überregional zuständig

Sonderaufgabe „Natura 2000“

Dr. Roger Sautter bei der Arbeit vor Ort. | Foto: privat2016/08/sautter.jpg

NÜRNBERGER LAND – Zur Vollendung seines 25-jährigen Dienstjubiläums erhielt Forstamtmann Dr. Roger Sautter die Dankurkunde des Freistaates Bayern. Der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach, Friedrich Luger, gratulierte und überbrachte ihm den Dank und die Anerkennung der Bayer. Staatsregierung.

Roger Sautter, in Heidelberg geboren, studierte nach Abitur und Wehrdienst zunächst an der Universität in Ulm Biologie und Chemie für das Lehramt an Gymnasien. Nach erfolgreichem Abschluss entschied er sich für das Studium der Forstwirtschaft an der Fachhochschule in Weihenstephan. Seine forstliche Laufbahn begann er zunächst als Forstanwärter am Forstamt in Forchheim. Nach erfolgreicher Anstellungsprüfung wurde er dem unterfränkischen Forstamt Altenbuch zugeteilt. Im November 1994 wurde ihm von der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Ulm der Doktor der Naturwissenschaften verliehen.

Im Januar 1998 wechselte Dr. Sautter nach Mittelfranken. Am Forstamt Hersbruck wurde ihm das Forstrevier Kainsbach übertragen. Im Zuge der zum 01.07.2005 erfolgten Forstreform wurde die Dienststelle dem Amt für Landwirtschaft und Forsten Roth zugeteilt.

Seiner Ausbildung als Spezialist für Geobotanik der Vegetation Mitteleuropas folgend und aufgrund seiner langjährigen praktischen Erfahrungen bei Biotop-und Vegetationskartierungen bewarb sich Dr. Sautter 2008 erfolgreich um die am AELF Ansbach ausgeschriebene Stelle im Bereich Natura2000.
Seitdem arbeitet er im Kartier-Team Mittelfrankens an der Erstellung der Managementpläne im Wald und bringt seinen fachlichen Sachverstand bei regionalen und überregionalen Fortbildungsveranstaltungen zu Fragen der Lebensraumtypen-Kartierung auch im Auftrag der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erfolgreich ein.

Mit Dr. Sautter, der in Reichenschwand wohnt, sprach unser freier Mitarbeiter Hermann Hatzelmann über dessen Tätigkeit im Rahmen des Projekts „Natura 2000“ für das er seit 2008 am dafür überregional zuständigen AELF Ansbach verantwortungsvolle Kartier- und Fachbetreuungsaufgaben übernahm.

 Für viele ist Förster klassischer Wunschberuf – warum der Wechsel zu Natura 2000 – einem eher ungeliebten EU-Projekt?

Sautter:  Ich war schon auch mit Leib und Seele Förster. Doch nachdem ich bereits seit dem Jahr 2000 mit „Natura2000“ als zusätzlicher Sonderaufgabe zu tun hatte, lag der Wechsel zu diesem Projekt gewissermaßen „in der Luft“. Tatsächlich hielt sich anfangs die „Begeisterung“ vieler Grundeigentümer für ein neues, vermeintlich gängelndes Naturschutzvorhaben – zumal von der EU – in Grenzen.

Andererseits gehört der Waldnaturschutz zu den wesentlichen Aufgaben auch der Forstverwaltung und, seit 2005, auch der Bayerischen Staatsforsten: so sind mir in meinem ehemaligen Zuständigkeitsbereich, im Forstrevier Kainsbach verschiedene Naturschutzprojekte von Verbänden und Stiftungen, die wir gemeinsam mit den Waldbesitzern und Naturschutzbehörden nach Kräften unterstützt haben, noch in bester Erinnerung. Beispiele: das Mehlbeerenprojekt der Bayerischen Evangelischen Landeskirche und das Kalktuffquellenprojekt des LBV.

Warum Natura 2000? – Wie ernst ist es um die Natur bestellt in Europa und hierzulande?

Sautter:  Wenn es auch an vielen Orten hierzulande und europaweit noch einmalige Naturschätze zu bewundern gibt, beobachten wir doch auf der anderen Seite seit Jahrzehnten auch in Deutschland erhebliche Verluste an Lebensräumen sowie von Tier- und Pflanzenarten. Diese Entwicklung konnte bisher nur unzureichend gebremst bzw. gestoppt werden, so dass die EU mit Zustimmung aller Mitgliedsstaaten bereits 1979 in der „Vogelschutzrichtlinie“ und 1992 in der „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“, – zusammen bilden sie das „Projekt Natura2000“ – für alle verbindliches Naturschutzrecht geschaffen hat, um dieser Entwicklung gegenzusteuern, nötigenfalls sie umzukehren.

FFH, Vogelschutzgebiete und Schutz eher unbekannter Pflanzen, Käfer, Fledermäuse – was hat es damit auf sich?

Sautter:  Das Besondere an Natura2000 ist das Ziel einer europaweiten Vernetzung ausgewählter, landes- oder regionaltypischer Lebensräume, mit ihren jeweils hoch repräsentativen Pflanzen oder/und Tierarten (sog. Indikator-Arten). Es geht darum, Biodiversität, wo wir sie noch vorfinden, zu bewahren bzw. dort wiederherzustellen, wo sie verlorengegangen ist. So zeigen bestimmte Fledermäuse wie die „Bechstein-Fledermaus“ oder der im zersetzten Totholz von Eichen lebende „Eremit“, ein eindrucksvoller schwarzer Käfer – beides sind übrigens prioritäre Arten im FFH-Gebiet „Tiergarten Nürnberg mit Schmausenbuck“ – sehr gut den ökologischen Zustand von Naturlebensräumen an: etwa Vorhandensein von Baumhöhlen und Totholz. Mit einer Kartierung lässt sich mit vertretbarem Aufwand und binnen Kurzem der Ist –Zustand erfassen und können erforderlichenfalls Wiederherstellungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Soll in den Natura 2000-Gebieten die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eingestellt werden ?

Sautter:  Nein, ganz im Gegenteil! Es geht hierbei nicht darum, über schützenswerte Natur „ eine Käseglocke zu stülpen“ und diese zu nutzungsfreien Reservaten zu erklären. Gerade dort, wo traditionelle Nutzungsformen, wie z.B. die Mittel- und Niederwaldwirtschaft oder die extensive Nutzung von mageren Mähwiesen und –weiden zu dem heutigen, schützenswerten Zustand geführt haben, gilt es, diese weiterzuführen oder wieder aufleben zu lassen. Das heißt das Prinzip der Freiwilligkeit von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen steht für die privaten Grundeigentümer im Vordergrund.

 Welches sind die besonders erhaltenswerten Naturschätze im Landkreis?

Sautter:  Auch im Nürnberger Land ist die Vielfalt an Lebensräumen und Tier- und Pflanzenarten enorm! So finden wir neun verschiedene FFH-Wald-„Lebensraumtypen“ (bayernweit: 15!) vor. Die Vielfalt reicht hier vom „Ahorn-Eschen –Linden-Ulmen-Wald“ auf den ausgedehnten Blockhalden der Frankenalb über Auwälder und Buchenwälder in deren Bachtälern und Traufhängen bis zu den kulturbetonten „Steppen-Kiefernwäldern“ in der Dolomitkuppenalb bei Neuhaus. Oder den „Sanddünen-Flechten-Kiefernwäldern“ zwischen Altdorf und Leinburg, die seit dem Mittelalter u.a. zur Gewinnung von Stalleinstreu intensiv genutzt wurden und gerade deswegen heute eine ganz spezielle Flora und Fauna aufweisen.
Das setzt sich fort im Offenland mit extensiven Weiden und Mähwiesen, Felsspaltengesellschaften auf den Dolomitfelsen, Hochstaudenfluren in Bachtälern oder Kalktuffquellfluren in den Traufhängen der Alb u.v.a. mehr, und natürlich zeigt sich diese Vielfalt der Lebensräume in einer großen Zahl von Tier- und Pflanzenarten.

Ratschläge, Wünsche an die Kollegen von Forst, Landwirtschaft und Naturschutz!

Sautter:  Dass wir weiterhin so gut zusammenarbeiten wie bisher bei der Umsetzung von Natura2000 und unsere Bemühungen weiter intensivieren, die Grundeigentümer für aktive Naturschutzmaßnahmen auf ihren Flächen zu gewinnen. Es wäre schön, auch für meine eigene weitere Arbeit, wenn sich so die Akzeptanz für dieses bedeutende Projekt erhöhen und in der Gesellschaft verankern ließe.

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