RÜCKERSDORF — Die Gemeinde Rückersdorf plant, heuer viel mehr Geld in ihre Infrastruktur zu stecken, als sie in der Kasse hat. Die Verschuldung wird einen neuen Rekord erreichen. Trotzdem ist dem Gemeinderat nicht bange, er hat den Haushalt einstimmig verabschiedet. Denn viele Investitionen seien zukunftsweisend oder gar unumgänglich – etwa bei Wasserversorgung, Entwässerung und Kinderbetreuung. Man tröstet sich, dass einige Ausgaben zu erheblichen (Energie-)Einsparungen führen werden, und freut sich, dass Kredite zurzeit sehr günstig sind.
Der Etat ist ein Plan: Auch wenn er erst im April beschlossen wurde, weiß man noch nicht, welche Einnahmen und Ausgaben am Jahresende tatsächlich in der Bilanz stehen werden. Der Verwaltungshaushalt, aus dem der laufende Betrieb der Gemeinde bestritten wird, sieht gut 11,61 (im Vorjahr 11,15) Millionen Euro vor, der Vermögenshaushalt für Investitionen 4,15 (2012: 2,6) Millionen. Unterm Strich stehen heuer 15,76 Millionen, gut zwei mehr als im Vorjahr.
Der Gemeinderat zollte dem Kämmerer Manfred Hofmann großes Lob für seine intensiven Überlegungen und Prognosen – auch wenn in der Sitzung immer wieder das Wort „Glaskugel“ fiel. Denn niemand kann sagen, was Wirklichkeit wird. Die Steuereinnahmen können nur geschätzt werden. Fest steht, dass die Gemeinde einen erheblichen Teil davon an den Landkreis weiterreichen muss – und dass sie sehr viel Geld für Aufgaben hinlegen muss, deren Erfüllung der Staat fordert.
Bedarf an Krippenplätzen steigt
Etwa die Kinderbetreuung. Niemand stellt ihren Sinn in Frage – aber wenn sich die Ausgaben der Gemeinde Rückersdorf vom Jahr 2005 (282 160 Euro) bis 2013 (584 670 Euro) mehr als verdoppeln, macht das nachdenklich. Der Staat macht Vorgaben, die Gemeinden müssen zahlen, hieß es.
„Dieses Defizit, das mit allgemeinen Steuermitteln zu decken ist, wird künftig noch weiter ansteigen, da sich aktuell ein Bedarf von weiteren Krippen- und Hortplätzen zeigt“, steht im Haushaltsbericht. Konkret ist bereits, dass die Gemeinde eine neue Kinderkrippe auf dem Grundstück hinter dem derzeit geschotterten Parkplatz an der Schlossgasse schafft. Für Grunderwerb und Bau stehen 1,36 Millionen Euro im Plan – eine Million heuer, 360 000 im nächsten Jahr. Vom Staat werden jeweils 300 000 Euro Zuschuss erwartet.
Viel Geld fließt auch in die Ludwigshöhe: Für den Bau der Weinbergstraße zwischen Hohe Linde und Bierweg sind heuer 60 000 und nächstes Jahr 240 000 Euro vorgesehen. Eng damit verbunden ist die Fortsetzung der Hangentwässerung, für die aktuell 340 000 Euro im Etat stehen. Die neuen Trinkwasserhochbehälter binden heuer voraussichtlich 470 000 Euro und im nächsten Jahr 140 000 Euro.
In welchem Umfang 2013 schon Kosten für Verbesserungen im Bürgersaal-Gebäude und Schloss-Areal anfallen, ist noch offen. Geld ist vorgemerkt, ebenso für eine große Photovoltaikanlage auf dem Freigelände der Gemeindewerke. Diese Vorhaben erfordern aber noch weitreichende Planungen und Behördengespräche.
Größere Summen sind auch eingeplant für die vom Wasserwirtschaftsamt geforderten technischen Verbesserungen im Abwassersystem (160 000 Euro), die Sanierung und Modernisierung des Gemeindewerke-Gebäudes (195 000 Euro, davon heuer 90 000) und den Rückersdorfer Kostenanteil an der Erneuerung des Blockheizkraftwerks in der Röthenbacher Kläranlage (60 000 Euro). Für die Pausenhof-Umgestaltung in der Waldschule stehen heuer 5000 Euro im Etat.
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Rücklagen sind aufgebraucht
Woher kommen die gut vier Millionen Euro, die im laufenden Jahr für Investitionen vorgesehen sind? Aus dem Verwaltungshaushalt fließen knapp 735 000 Euro. Eine Million soll aus den Rücklagen genommen werden, die dann zum Jahresende auf den gesetzlichen Mindestbestand sinken. 1,5 Millionen kommen aus einem neuen Kassenkredit. Die Verschuldung der Gemeinde steigt in diesem Jahr voraussichtlich von 2,61 auf 5,04 Millionen Euro (1136 Euro pro Einwohner). 2014 erscheint eine weitere Kreditaufnahme nötig, danach sollen die Schulden zurückgeführt werden.
Die Steuer-Hebesätze bleiben vorerst noch unverändert. Sie werden aber nächstes Jahr angehoben, nachdem das Landratsamt das niedrige Niveau beanstandet hat: Grundsteuer A von 200 auf 275 Prozent, Grundsteuer B und Gewerbesteuer von 300 auf 350. Die RUW-Fraktion stimmte gegen die Gewerbesteuer-Anhebung; 330 Prozentpunkte wären für sie das Limit gewesen.
Die Stellungnahmen der Gemeinderatsfraktionen zeigten, dass – trotz verschiedenartiger Ansichten in einigen Detailfragen – Einigkeit besteht: Die stark steigende Verschuldung muss zu denken geben – sie entsteht aber durch Notwendigkeiten und ist kein Grund zur Panik, finden die Gemeinderäte, zumal mit dem Geld Werte geschaffen würden. Bräuchte man solche Kredite in einer Hochzinsphase, wäre es bedenklich.
Allein schon dieser Satz regt mich in einer Demokratie auf: „Allein die Kinderbetreuung – Niemand stellt ihren Sinn in Frage.“
Doch, wir tun es im Bereich der Krippenbetreuung und das als Eltern!
Inwieweit Kinderbetreuung im Krippenalter unumgänglich ist oder zukunftsweisend hat die Gemeinde aber nicht unbedingt dargelegt.
Nur weil alle das Mantra runter beten muss man doch nicht den Lemmingen in anderen Kommunen folgen und den Kindern, die man betreut die finanzielle Luft zum Atmen nehmen.
Wer fragt denn die Kinder ob sie lieber Krippenbetreuung haben möchten und Schulden, oder schuldenfrei ihre Zukunft in 20, 30 oder 40 Jahren selber gestalten können?
Krippenbetreuung ist ein Jobprogramm für die heutige Generation, dass die betreute Generation später teuer zu bezahlen hat, wenn es an die Tilgung der Schulden geht und für andere Projekte kein Geld mehr vorhanden ist.
Und dieser Satz ist ein Hohn: „Bräuchte man solche Kredite in einer Hochzinsphase, wäre es bedenklich.“
Es ist immer bedenklich, wenn man über seine Verhältnisse lebt, doch es ist ja nicht das Geld der Gemeinderäte, über das entschieden wird.
„Auch wenn in der Sitzung immer wieder das Wort „Glaskugel“ fiel. Denn niemand kann sagen, was Wirklichkeit wird. Die
Steuereinnahmen können nur geschätzt werden.“
Eben aus diesem Grunde gibt man nur das aus, was man real hat. Oder macht es unserer Kämmerer Manfred Hofmann beim alltäglichen Konsum etwa selber anders?
Seltsam, letztes Jahr hat sich Wiesner vor der Wahl noch als Schuldenkiller feiern lassen.
http://n-land.de/lokales/lok-detail/kategorie/rueckersdorf/datum/2011/07/19/wiesner-will-weitermachen.html