500 Jahre Reinheitsgebot

Wasser, Hopfen und Malz auch in Hersbruck

HERSBRUCK  – 500 Jahre Reinheitsgebot, wenn das kein Grund zum Feiern ist! Dieses älteste Lebensmittelgesetz der Welt garantiert, dass Bier nur aus Wasser, Hopfen und Malz besteht – Hefe kam erst später dazu. Doch welche Bedeutung hat es in der heutigen Zeit, in der der Brauprozess vollständig automatisiert und von Umwelteinflüssen abgeschottet ist? Ist es nur noch als Name Teil einer gewieften Marketingstrategie oder ist es immer noch ein elementarer Teil deutscher Brauereikunst?

„Der einzige Unterschied zu den Brauern von 1516 sind die modernen Produktionsmittel“, weiß Sonja Weid, Mit-Gesellschafterin der Bürgerbräu Hersbruck. Ansonsten wird nach den gleichen Richtlinien gebraut, die vor 500 Jahren im Reinheitsgebot festgeschrieben wurden: Bier besteht nur aus Wasser, Hopfen und Malz. Die Hefe kam erst später hinzu, als die Brauer lernten, diese herzustellen. „Davor gab es meist Dünnbier“, so Weid weiter. Das heutige Bier verdanken wir einem Zufall. Brauereien waren häufig in der Nähe von Bäckern, in deren Backstube die Hefe zu Hause war. „Da war etwas in der Luft, das dem Bier gut getan hat.“

Dass die Qualität und der Geschmack des Bieres vor 500 deutlich anders waren als heute, lag nicht nur an der einfacheren Produktion – die Maische wurde in offenen Holzfässern angesetzt –, sondern auch an den Rohstoffen. So wird heute fast ausschließlich speziell gezüchtete Gerste zum Brauen verwendet. Doch trotz dieser veränderten Grundprodukte, eines automatisierten und von Anfang bis Ende geschlossenen Produktionssystems kann der Geschmack zwischen den einzelnen Chargen auch heute noch variieren. „Bier ist und bleibt eben ein Naturprodukt“, erklärt Sonja Weid. „Da ist es ganz normal, dass es nicht immer hundertprozentig identisch schmeckt.“ So reagiert etwa das aus Gerste hergestellte Malz immer leicht unterschiedlich auf den Gärungsprozess, weil es von den Wetterverhältnissen während der Wachstumsphase beeinflusst wird.

Regelmäßige Kontrollen
Neben den durch das Reinheitsgebot klar vorgegebenen Inhaltsstoffen sind auch regelmäßige und strenge Kontrollen ein weiterer Grund für die hohe Qualität des deutschen Bieres. „Bei den Brauereien wurde schon immer genau hingesehen“, sagt Oliver Poeschel, Mitglied der Geschäftsleitung der Bürgerbräu. Doch es gibt auch Unterschiede zwischen großen Industriebrauereien und kleinen Familienbetrieben wie in Hersbruck. Die Industrie setzt oft künstliche Stabilatoren ein, um die Gärstoffe zu binden und das Bier zu stabilisieren, so Weid. Diese würden auch später wieder herausgefiltert, allerdings ist das vielen Konsumenten oft nicht bewusst. Trotzdem ist alles im Sinne des Reinheitsgebotes. „So etwas kommt für uns nicht in Frage“, stellt Sonja Weid klar.

Doch weder handwerkliche Qualität noch industrielle Massenproduktion garantieren einen hohen Umsatz. Das weiß auch die Bürgerbräu-Chefin: „Seit 2000 geht der Pro-Kopf-Ausstoß der Brauereien kontinuierlich zurück. Zudem hat sich auch das Weggehverhalten der Leute geändert.“ Bier hat nicht mehr den Stellenwert, den es vor 15 Jahren noch hatte. Umso härter ist der Markt umkämpft. Hinzu kommt, dass die Kunden häufig bei Lebensmitteln sparen und lieber zu den billigeren Massenbrauereien greifen. „Da können wir nicht mithalten“, sagt Sonja Weid. Nicht nur das Kneipensterben macht den Brauereien das Leben schwer, auch auf großen Festen geht der Bierausschank zurück.

Dennoch blickt die Bürgerbräu hoffnungsvoll in die Zukunft. „Das Konsumentenverhalten hat sich in den vergangenen drei Jahren wieder geändert“, sagt Oliver Poeschel. Die Kunden legen wieder mehr Wert auf kommunale Brauereien. Auch Brauereifeste oder regional organisierte Bierreisen werden gut angenommen.

„Den Leuten wird Regionalität und Nachhaltigkeit wieder wichtiger“, ergänzt Sonja Weid. Um dieser Entwicklung zu entsprechen und zukunftsfähig aufgestellt zu sein, gelte es vor allem das Image zu schärfen und den Heimatmarkt gegenüber den großen Konzernen im Auge zu behalten. „Wir müssen den Leuten zeigen, dass es etwas Gutes ist, dass sie vor Ort noch eine Brauerei haben. Wie auch andere Handwerker.“

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