HERSBRUCK – „Der Besuch unter den neuen Bedingungen ist deutlich schöner – mach mer auf“, sagte Stephan Krimm. Zum zweiten Mal hat sich der Stadtrat mit Hersbrucks Sommer-Freizeiteinrichtung Nummer eins beschäftigt und beschloss mit klarer Mehrheit, das Strudelbad am kommenden Samstag zu öffnen. Auch der Thermenbetrieb kann stufenweise starten, was der Verwaltungsrat noch absegnen muss.
Vor drei Wochen entschied der Stadtrat, das Strudelbad wegen der Corona-Pandemie heuer geschlossen zu lassen. „Keiner hat sich das leicht gemacht“, sagte Bürgermeister Robert Ilg. Allein die Diskussion vor der Abstimmung hat rund zwei Stunden gedauert. Allerdings änderte die bayerische Staatsregierung wenige Tage später die Vorgaben und erlaubte die Öffnung auch von Hallenbädern. Ein weiterer Punkt sind die derzeit niedrigen Infektionszahlen im Nürnberger Land. Dies alles brachte die Verantwortlichen dazu, erneut darüber nachzudenken, die Pforten des Strudelbades zu öffnen.
Von einer Rolle rückwärts mochte Robert Ilg nicht reden. „Wir wollen Stück für Stück zur Normalität zurückkehren“, sagte er. Außerdem sei es schwer vermittelbar, warum einige Bereiche öffnen, andere nicht. In das neue Bad-Hygiene-Konzept wurden Erfahrungswerte aus der Nachbarschaft eingearbeitet. Es sieht einen Drei-Schicht-Betrieb mit den Zeiten 9 Uhr bis 11.30 Uhr, 12 Uhr bis 17 Uhr und 17.30 Uhr bis 20 Uhr vor. Das soll Wünsche von Schwimmern und Familien berücksichtigen. Dazwischen liegen halbstündige Reinigungsphasen ohne Gäste.
Maximal 400 Besucher
Pro Zeiteinheit werden zunächst nur 200 Besucher ins Bad gelassen. Maximal sind nach Berechnung des Platzes auf den Liegewiesen 400 möglich. Auch in den Becken muss der Mindestabstand von anderthalb Metern eingehalten werden, was zu Zugangsbeschränkungen führen kann.
Weitere umfassende Regelungen betreffen „Einbahnstraßen“ auf den Wegen, Kreidemarkierungen, Hinweisschilder, Nutzung der Duschen, Bahnleinen im Wasser und vieles mehr.
Kinder bis zwölf Jahre dürfen nur in Begleitung Älterer ins Strudelbad. Die Tickets kosten vier Euro für Erwachsene und 2,50 Euro für den Nachwuchs. Familienkarten kosten zehn Euro. Die Buchung erfolgt online oder per Telefon im Voraus.
Masken nur in wenigen Fällen
Beim Hygieneplan Anfang Juni war vorgesehen, dass die Gäste Mund-Nasen-Bedeckungen bis zu den Becken tragen und dort an einer Wäscheleine aufhängen. Robert Ilg zeigte wenig Verständnis über die Reaktionen auf diese Vorgabe und übte harsche Kritik an der Berichterstattung und Karikaturen in der HZ zu dem Thema. Dank Lockerungen sind Masken im Bad jetzt nur in wenigen Fällen nötig.
„Es war uns klar, dass die Entscheidung über die Nichtöffnung nicht alle himmelhochjauchzend aufnehmen“, sagte Götz Reichel. Die persönlichen Vorwürfe in den Medien fand er allerdings „teils erschreckend“ – obwohl er sie erwartet hatte. Der CSU-Sprecher plädierte angesichts der Entwicklung für die Öffnung des Strudelbades: „Wir sollten es wagen.“ Ebenso wie Robert Ilg und Jürgen Amann dachte Götz Reichel an das Badpersonal, das sich seit Mitte März in Kurzarbeit befindet.
Bessere Kontrolle als am Badesee
„Die Menschen bleiben nicht zu Hause“, sagte Angelika Pflaum. Die Hygiene sei im Strudelbad besser zu überwachen als zum Beispiel am Happurger Stausee, der bei schönen Tagen einen Besucheransturm erlebt. Pflaum kritisierte die Begleitung der unter Zwölfjährigen (eine Vorgabe der Staatsregierung), weil manche Eltern wegen Corona ihren Urlaub schon aufgebraucht hätten.
„Die Bürger sehen, dass wir uns die Sache nicht leicht machen und unsere Verantwortung wahrnehmen“, verteidigte Stephan Krimm die vermeintliche Kehrtwendung. „Auf Sicht fahren“, kommentierte zweiter Bürgermeister Peter Uschalt die Entwicklung. Irmgard Raum hatte in der ersten Sitzung die Wäscheleine am Beckenrand mit den Masken thematisiert. „Ich wollte mich nicht darüber lustig machen. Verwechslungen wären aber nicht ausgeblieben“, sagte sie dazu.
Weitere Artikel zum Thema
„Ein lokaler Lockdown wird nicht vom Strudelbad ausgehen, sondern von woanders“, meinte Dr. Ulrike Eyrich. „Im Außenbereich geht das gut“, stimmte Doris Dischner zu. „Wohl dem, der das voraussagen kann“, antwortete Robert Ilg. Dr. Thomas Träg warb für eine Öffnung des Strudelbades bis zum Ende der Sommerferien. Auf Nachfrage von Christian Puppa erklärte der Bürgermeister, dass die BRK-Wasserwacht in das Konzept eingebunden sei.
Nur kein Lockdown
„Ich habe sehr mit mir gerungen“, sagte Martin Schaffer. Nach der ersten Strudelbadsitzung hat er gegen die Öffnung gestimmt. Die Gründe bestehen seiner Ansicht nach fort: Konfliktpotenzial durch die begrenzte Zahl von Besuchern in den Becken (zum Beispiel maximal zehn im Planschbecken), Gesundheitsargumente und der hohe finanzielle Aufwand von mindestens 14 bis über 20 Euro Zuschuss pro Badegast durch die Stadt. Unterstützung bekam Martin Schaffer von Holger Herrmann: „Einen zweiten Lockdown können kleinere heimische Firmen nicht mehr stemmen.“
Letztlich stimmte der Stadtrat mit 20:2 Stimmen dafür, das Strudelbad ab dem 11. Juli aufzuschließen, und einhellig für das Hygienekonzept. Der Verwaltungsrat der Fackelmann Therme erhielt die Empfehlung, die Bereiche stufenweise zu öffnen. „Die Nachfrage nach der Sauna ist trotz des Sommers enorm hoch“, sagte Robert Ilg. Er hofft, dass alles gut geht. „Die Risiken bleiben“, sagte er mit Blick auf Martin Schaffer.