HERSBRUCK – Eine 80 Meter lange Aussichtsplattform vom Happpurger Stollen-Eingang H aus Richtung Hersbruck und ein futuristischer Pavillon am Rande des ehemaligen KZ-Lagers in Hersbruck mit Film- und Fotovorführungen: Die Dokumentation der Geschichte des Außenlagers von Flossenbürg soll bis Mai 2014 (70. Jahrestag des Lagerbaus) fertig sein. Bei einem Pressegespräch stellte Karl Freller, Direktor der bayerischen Gedenkstättenstiftung, das ambitionierte Konzept vor. Vor Ort wird schon gemessen und geplant.
Zur Präsentation im Hersbrucker Stadthaus waren neben Ex-Landtagsvizepräsident Helmut Ritzer, Bürgermeistern und Stadträten, Landrats-Vize Andreas Kögel und den Aktiven des Dokuvereins, auch der Überlebende des Nazi-Massakers im französischen Oradour (Limousin), Robert Hébras, gekommen. Auch das Bayerische Fernsehen und andere Medien nahmen teil. Denn nachdem viele Jahre immer wieder Hindernisse auf dem Weg zur würdevollen und wissenschaftlich gesicherten Dokumentation des Hersbrucker KZs auftauchten, geht es jetzt ganz schnell.
Weil der Bund als Geldgeber ausscheidet (HZ berichtete), nimmt die bayerische Gedenkstättenstiftung selbst 600 000 Euro in die Hand, um die beiden Orte in Happurg und Hersbruck mit material- und formgleichen Bauwerken zu bestücken. In Happurg soll ein Weg vom Stollentor H bis zum Hangende den Blick aufs Hersbrucker Gelände (auf dem heute die Therme steht) freigeben. Ein Stahlkörper in Hersbruck soll mit Foto- und Videoinstallationen so ausgestattet werden, dass man allein oder in Gruppen, aber ohne Betreuungspersonal die Geschichte von Lager und Stollen erforschen kann.
Karl Freller lobte das Engagement vieler Hersbrucker, angefangen von der Abitur-Arbeit des heutigen Journalisten Gerd Vanselow über den Gedenkstein der DGB-Jugend in den 80er Jahren bis zum über zehnjährigen Engagement des Vereins Dokumentationsstätte KZ Hersbruck, mit dem man auch künftig eng zusammenarbeiten wolle.
Hersbruck, so erinnerte er, war das zweitgrößte Außenlager des KZs Flossenbürg. Ab Juni 1944 mussten über 9 000 Häftlinge in der Houbirg von Happurg einen unterirdischen Stollen bauen, in dem BMW eine Flugzeugmotorenfabrik betreiben sollte. Die Männer waren 4,5 Kilometer entfernt in einem Lager in Hersbruck zwischen Amberger Straße und Strudelbad untergebracht, darunter viele jüdische Gefangene aus Polen und Ungarn. Etwa 4 000 überlebten die unmenschlichen Arbeits- und Wohnbedingungen nicht, weitere starben bei Kriegsende auf einem Evakuierungsmarsch.
Den 70. Jahrestag des Lagerbaus im Mai 2014 sieht nun Freller als ehrgeizigen Zeitpunkt, die zwei Dokumentationsorte am Stollen und am Lager eröffnen zu können. Schon nächstes Frühjahr sollen die Bauarbeiten beginnen. Die beiden Bürgermeister Robert Ilg (Hersbruck) und Helmut Brückner (Happurg) begrüßten das Engagement der staatlichen Stiftung. Das Gelände in Hersbruck (neben dem Caravan-Platz) hat die Stadt bereits überlassen. In Happurg müssen einige Waldbesitzer für die Sichtachse nach Hersbruck ein paar Bäume fällen.
Das anspruchsvolle, auf die Internet-Generation ausgerichtete Dokumentationskonzept für Doggerstollen und KZ-Lager stammt vom renommieren Berliner Wissenschaftler Prof. Ulrich Schwarz, der neben der Neukonzeption der Gedenkstätte Flossenbürg u.a. auch für die Modernisierung des Berliner Naturkundemuseums verantwortlich zeichnet.
Schwarz war vor einem Jahr schon im Hersbrucker Stadtrat auf einstimmige Zustimmung gestoßen. Beim Gemeinderat in Happurg gab es Nachfragen technischer Art, die Dr. Jörg Skriebeleit von der Gedenkstätte Flossenbürg jedoch ausgeräumt sieht. Der Aufstieg zum Stollentor H in Happurg, so gibt auch sein Kollege Ulrich Fritz zu, bleibt allerdings beschwerlich und nicht behindertengerecht.
Die Stiftungsmitarbeiter gehen davon aus, dass der Stollen selbst aus Sicherheitsgründen der Öffentlichkeit verschlossen bleibt. Die immer wieder auch vom Hersbrucker Dokuverein vorgebrachte Idee, zumindest einen Blick vom Tor aus ins Innere werfen zu können, will man erneut prüfen. Alternativ schlägt das Konzept einen befestigten Gang weg vom Stollentor zum Berghang Richtung Hersbruck vor.
Nach 80 Metern soll der Besucher einen Blick aufs ehemalige Lagergelände in Hersbruck haben (das heute freilich von der Therme dominiert wird). Allerdings will man diesen Steg zugleich als Außendokumentation nutzen. In die Träger einer Überdachung sollen Vitrinen mit Gegenständen aus dem Stollen eingeschlossen werden — vom original Spaten und Spitzhacke übers Blechgeschirr bis zum Bohrer. Das Dach des Weges soll eine Verkleinerung des Stollens mit seinen 16 Gängen und Querverbindungen zeigen.
Aus dem gleichen Material wie der Happurger Steg (vermutlich dunkler Stahl) und in ähnlicher Trapezform ist in Hersbruck am Rande des ehemaligen Lagergeländes (neben dem Caravan-Platz nach dem Rosengarten) in einer Länge von knapp 10 Metern ein begehbarer Pavillon geplant, der nach Möglichkeit rund um die Uhr frei zugänglich sein soll.
Die Idee dahinter ist, teure Gelder für ständiges Personal oder Toiletten zugunsten inhaltlicher Konzepte einzusparen. Wer durch eine Lichtschleuse ins abgedunkelte Innere des Raumes kommt, kann mittels eines im Dach versteckten Beamers auf einem Medientisch und an der Wand Filme, Dokumente und Fotos zu verschiedenen Themen aufrufen. Dazu würde z. B. auch eine virtuelle Fahrt durch den verschlossenen Stollen gehören.
Wie Jörg Skriebeleit in Hersbruck stolz anmerkte, hat das moderne Konzept international in Fachkreisen, bei Designer- und Historikerkongressen positive Resonanz gefunden: „Alle blicken gespannt auf Hersbruck.“ Das Tempo, mit dem nach langem Hin und Her jetzt eine Realisierung verfolgt wird, dürfte außer dem Versprechen Frellers auch der Tatsache geschuldet sein, dass Geschichtsinteressierte neben den Stätten in Nürnberg (jetzt auch mit Gerichtssaal 600) oft auch Flossenbürg und auf dem Weg dorthin Hersbruck besuchen wollen.
Alle Verantwortlichen hoffen, dass das jetzt verfolgte Konzept denen zugute kommt, die derzeit schon sehr aktiv sind in der Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Reiches: Schülern und Jugendlichen.
Schnee von gestern! Herr Autor, ich nehme an, zu diesem Zeitpunkt haben Sie noch Hemd und Hose in einem Stück getragen!
Was mit den Deutschen Soldaten passiert ist, die unschuldig dienen mußten, interesiert sie wohl nicht!