Nürnberger Land – Nicht nur Politik und Verwaltung, auch Ärzte, Pfleger und der Rettungsdienst sollen sich einbringen, um die Gesundheitsversorgung im Nürnberger Land auf Vordermann zu bringen. Dafür fand am Mittwochnachmittag das erste Gesundheitsforum im Rahmen der „Gesundheitsregion plus“ statt (hier geht es zu dem Bericht). Der Landkreis ist nun eine von 50 Regionen in Bayern, die vom Freistaat Fördermittel erhält.
Eingeladen und auch anwesend waren Akteure aus vielen Bereichen, die sich im Kreis mit dem Thema Gesundheit professionell beschäftigen, von der Krankenhausleitung bis zu Wohlfahrtsverbänden. Sie sollen nun dafür sorgen, dass es bei der „Gesundheitsregion plus“ nicht bei einem Papiertiger bleibt.
Mitwirkung aller Akteure wichtig
Thomas Ewert, Sachgebietsleiter beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit betonte, dass das Projekt mit dem Engagement der Teilnehmer steht und fällt. „Frau Eichenmüller ist auf Ihre Mitwirkung angewiesen“. Katharina Eichenmüller ist Geschäftsstellenleiterin der „Gesundheitsregion plus“ am Landratsamt. „Die Erhaltung der Gesundheit ist eine öffentliche Aufgabe“, so Eichenmüller.
„Das oberste Ziel der Gesundheitsregion plus Nürnberger Land ist es, den Gesundheitszustand der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die gesundheitliche Chancengleichheit, zu verbessern und die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, widmet sich die Gesundheitsregion plus Nürnberger Land vorrangig den Handlungsfeldern Gesundheits-förderung und Prävention sowie der Gesundheitsversorgung“, heißt es in der Geschäftsordnung der „Gesundheitsregion Plus“.
Seitz und Wolze im Beirat
Das Gesundheitsforum soll das zentrale Steuerungssystem darstellen. Dazu kommen Arbeitsgruppen, in denen Experten sich mit bestimmten Problemstellungen beschäftigen und Lösungsvorschläge entwickeln. Ein Beirat unterstützt die Geschäftsstelle. Ihm gehören neben Mitarbeitern des Landratsamtes wie Dr. Hanspeter Kubin, Abteilungsleiter des Gesundheitsamtes, auch Dr. Martin Seitz vom Ärztlichen Kreisverband Nürnberger Land und Dr. Otto Wolze, Facharzt für Innere Medizin an. Seitz (Freie Wähler) und Wolze (CSU) sind auch Kreisräte. Abschließend konnten sich die Akteure aussuchen, in welchen Arbeitskreisen sie sich einbringen. Die Aufteilung wird noch bekannt gegeben.
Wolze erinnerte im Anschluss an die Veranstaltung im Gespräch mit der Pegnitz-Zeitung daran, dass er bereits 2013 den Antrag auf einen „Runden Tisch“ zur Gesundheitsversorgung im Kreis gestellt hatte. Damals fand er kein Gehör. „Hätten wir damals diesen Schritt gemacht und uns eingemischt, hätten wir den Abbau der Betten in Hersbruck mindestens besser strukturieren können“, so Wolze, der selbst am Krankenhaus Hersbruck als Kardiologe tätig war. Von den 66 Betten, die in Hersbruck geschlossen wurden, sollen 48 in Lauf wiedereröffnet werden. Dafür gibt es aber laut Wolze noch keine Baugenehmigung.
Keine Garantie für Laufer Krankenhaus
Wolze kritisierte, in Krankenhäusern würden Patienten nicht mehr ausgeheilt, sondern vorschnell entlassen, sonst seien sie nicht wirtschaftlich. Den Verkauf der Krankenhäuser im Kreis im Jahr 2006 verteidigte der Hersbrucker, die Einrichtungen seien hoch defizitär und daher nicht haltbar gewesen.
Der Experte sagte, man solle sich „nicht darauf verlassen, dass das Krankenhaus Lauf bleibt“. So sei es denkbar, dass die Bundesrepublik dem Beispiel Dänemarks folge. Dort gebe es nur sehr wenige Großkrankenhäuser.
„Genau zur rechten Zeit“
Markus Deyhle, der BRK-Kreisgeschäftsführer, sagte, das Gesundheitsforum komme „aus unserer Sicht genau zur rechten Zeit“, es sei „ein Schritt in die richtige Richtung“.
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Rettungsdienste seien bei fast allen Änderungen in der Gesundheitsversorgung immer mitbetroffen, etwa auch bei der Krankenhausschließung von Hersbruck. Deyhle erhofft sich vom Gesundheitsforum eine „ehrliche Bestandsaufnahme“ und eine bessere Vernetzung der Akteure. Es müssten nun Schwächen erkannt und, soweit das lokal möglich sei, behoben werden. Es gebe keinen Grund für Alarmismus, „wir haben ein funktionierendes System.“
„Luftnummer“ oder großer Wurf?
Caritas-Geschäftsführer Michael Groß sieht das Gesundheitsforum kritisch. „Ob sich das ganze als Luftnummer entpuppt oder eine gute Sache für den Landkreis ist, kann nur die Zukunft zeigen.“ Eine bessere Vernetzung aller beteiligten Akteure sei grundsätzlich aber eine gute Sache. Er drückte die Hoffnung aus, dass das Gesundheitsforum gut koordiniert wird. Doch man solle sich „nicht zu viel davon erwarten“.
In Sachen Gesundheitsversorgung sei „die Handlungsfähigkeit auf Landkreisebene sehr eingeschränkt“. Die Politiker im Kreis sollten noch deutlicher Forderungen an die Bundespolitik stellen, so Groß.