Jubiläum: 150 Jahre Bahnhof Feucht

Weichenstellung vor 150 Jahren

Das alte Bahnhofsgebäude in Feucht im Jahr 1980, zwei Tage bevor es abgerissen wurde. | Foto: Johannes Lang2016/04/feucht-altes-bahnhofsgebaeude-johannes-lang.jpg

Der Bahnhof in Feucht feiert Jubiläum. 1871 fuhr der erste Zug durch Feucht und veränderte die Marktgemeinde für immer. Die erste Eisenbahn in Deutschland tuckerte schon im Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth. Bis das erste Mal ein Zug durch Feucht fuhr, dauerte es noch 36 Jahre – obwohl eine Bahnanbindung schon viel früher möglich gewesen wäre.

Bereits 1836, ein Jahr nach der Einweihung der ersten Eisenbahnlinie, entstand der Plan einer Erweiterung von Nürnberg über Feucht nach Regensburg. Doch der Bayerische König Ludwig I. war kein Freund dieser Idee – oder allgemein der Eisenbahn. Er sah sie als Konkurrenz zu seinem Prestigeprojekt, dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, dessen Bau gerade erst begonnen hatte. Er erließ ein Verbot, Gleise parallel zum Kanal zu verlegen. Daher verlief die erste Strecke nach Regensburg über Hersbruck, Amberg und Schwandorf.

Aufgrund der angespannten Finanzsituation hatte der Staat kein Interesse, den Bahnbau im dünn besiedelten Ostbayern zu forcieren. Deshalb wurde 1856 die „Königlich privilegierte Actiengesellschaft der bayerischen Ostbahnen“ als eine private Eisenbahngesellschaft gegründet. Fabrikanten, Unternehmer und Privatleute lieferten das Startkapital.

Mit Muskelkraft durch den Jura

Schnell war absehbar, dass der Kanal dem Güter- und Personenverkehr nicht gewachsen war, und die Planung für die um 40 Kilometer kürzere Verbindung über Feucht und Neumarkt nach Regensburg begann. Am 3. August 1869 erteilte der Staat die Genehmigung für den Bau der Strecke. Um über den Fränkischen und Oberpfälzer Jura zu kommen, waren aber leistungsstärkere Lokomotiven nötig. Als diese zur Verfügung standen, machten sich Arbeiter, darunter viele Italiener, mit Muskelkraft daran, Dämme aufzuschütten, Einschnitte auszuheben und Gleise zu verlegen.

Zwölf Stunden betrug die Arbeitszeit bei einem Stundenlohn von 48 Pfennig und Unterbringung in Baracken. Nicht einmal zwei Jahre waren nötig, bis die ersten Dampfrösser von Nürnberg über Feucht nach Neumarkt schnauften. Doch eine Anbindung an Feucht war nicht von Anfang an geplant: Vier Trassen standen dafür zur Auswahl, darunter auch eine über Altdorf. Doch der Direktor der Ostbahn favorisierte die Linie über Postbauer und Feucht nach Neumarkt.

Neue Bahngleise wurde vor allem mit Muskelkraft geschaffen, wie hier in Rüblein im Jahr 1902. Foto: Josef Lobenhofer / Gemeinde Postbauer-Heng2021/12/Postbauer-Bahnof-Rueblein-1902-scaled.jpg

Am 1. Dezember 1871 erfolgte schließlich der fahrplanmäßige Zugverkehr. Dreimal am Tag ratterten die Züge mit drei Wagenklassen von Neumarkt nach Nürnberg und zurück mit Zwischenhalten in Postbauer, Ochenbruck, Feucht und Nürnberg-Dutzendteich. Der Bahnanschluss sollte die Marktgemeinde für immer verändern und prägen.

Neue Bewohner und erste Pendler

Mit dem Bahnanschluss wurde auch der Bahnhof in Feucht eröffnet: Ein dreigeschossiges Sandsteingebäude mit Nebenbau bot Arbeitern und Fahrgästen Platz. Schon vor der Eröffnung stieg durch den Zuzug von Bahnarbeitern die Einwohnerzahl der Marktgemeinde von 689 im Jahr 1867 auf 855 im Jahr 1871. Knapp 20 Jahre später waren es bereits über 1000 Einwohner.

Unter ihnen die ersten Pendler: Arbeiter aus Nürnberg, die auf dem Land wohnten und in der Stadt arbeiteten, und Kinder, die so die städtischen Schulen besuchen konnten. Auch Ausflügler zog es immer häufiger ins Nürnberger Land. Die Reisezeit vom Nürnberger Hauptbahnhof über den Dutzendteich und Fischbach nach Feucht betrug nur 26 Minuten. Nicht nur Menschen lockte die Bahn nach Feucht. Der schnelle Transport von Gütern machte die Marktgemeinde für die Industrie interessant.

Wie Wilhelm Schwemmer in seinem Band „Alt Feucht“ beschreibt, gab es 1898 „an größeren Werken je eine Dampfsäge, Rohrmattenfabrik, Ziegelei, Brauerei und einige Drechslereien.“ Im Zuge dessen wurde im Jahr 1900 die Strecke um ein zweites Gleis erweitert. Der Bahnverkehr boomte, immer mehr Gleise wurden verlegt, und so rückten auch Feucht und Altdorf enger zusammen. Zumindest, was die Reisezeit betrifft. Mit der 1878 eröffneten Nebenbahn zwischen den zwei Gemeinden verkürzte sich die Reisezeit von drei Poststunden auf 40 Minuten. Über Hahnhof und Winkelhaid verlief die Linie.

Eine weitere Nebenbahn zwischen Burgthann und Allersberg machte Feucht zu einem kleinen Umsteigebahnhof. 1886 wurde von Feucht nach Wendelstein die kürzeste Lokalbahn ganz Bayerns eröffnet. Der Fokus lag dabei klar auf der Erreichbarkeit der dortigen Steinbrüche. Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Strecke bereits wieder stillgelegt. Heute erinnert nur noch ein Waldweg, der parallel zur Äußeren Weißenseestraße verläuft, an den Trassenverlauf.

Abriss des Bahnhofsgebäudes

1950 wurde die Strecke zwischen Nürnberg und Regensburg elektrifiziert. In den 80er Jahren entschied sich die Marktgemeinde für den Abriss des alten Bahnhofs. Seitdem steht ein Neubau an den Gleisen. Für den Verkauf von Tickets wird er schon lange nicht mehr benutzt, inzwischen ist ein Fahrradladen in die Räumlichkeiten eingezogen. Wer genau hinsieht, findet ein paar Meter weiter dennoch einen Hinweis auf die alten Zeiten der Ostbahn: Gegenüber der Einmündung der Schulstraße steht das ehemalige Streckenwärterhaus. Wie der ehemalige Bahnhof besteht es aus Sandstein.

Das ehemalige Streckenwärterhaus ist inzwischen denkmalgeschützt und dient als Wohnhaus. Foto: Antonia Kourtides2021/12/Feucht-Bahnjubilaeum-edited.jpg

Knapp 100 Jahre nach der Eröffnung der Bahnstrecke begannen die Planungen einer S-Bahn-Strecke zwischen Roth, Nürnberg und Feucht. In den folgenden Jahren änderten sich die Pläne immer wieder und mehr Linien wurden aufgenommen. Mitte November 1992 startete dann die Linie 2 von Nürnberg über Feucht nach Altdorf. 2010 erfolgte eine Erweiterung der S-Bahn nach Neumarkt und ein zweigleisiger Ausbau zwischen Fischbach und Feucht.

Auf den Informationstafeln vor dem Naturkostladen Ebl in Feucht hat der Arbeitskreis Chronik Feucht noch mehr Hintergründe und Fotos zum Jubiläum des Bahnhofs ausgestellt.

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