HEDERSDORF – Den ganzen Tag verbringen die Kinder des Waldkindergartens Hedersdorf im Freien. Das ist vor allem im Winter nicht immer leicht. Statt Legosteinen gibt es leere Schneckenhäuser, statt gepuzzelt, wird geschnitzt, gesägt und gegraben: Im BRK Waldkindergarten Feuersalamander in Hedersdorf verbringen 14 Kinder den ganzen Tag draußen mit Werkzeug als Spielzeug und dem Wald als Spielplatz.
Für die Jungen und Mädchen ist das ganz normal – auch bei Minusgraden, denn das gehört zum Konzept des Waldkindergartens. Auch jetzt im Winter sind die Kleinen zwischen 7.30 und 14 Uhr fast pausenlos an der frischen Luft.
Nach der Eröffnung des BRK Waldkindergartens „Feuersalamander“ im September 2018 ziehen Eltern, Kinder und Erzieherinnen nun nach rund 1,5 Jahren eine positive Bilanz. Das „Draußen-Konzept“ findet auch Evelyn Kittel-Kleigrewe toll, die seitens des Landratsamtes die Kindergärten betreut: „Natur ist das Wertvollste, was wir haben. Das unseren Kindern zu vermitteln, hat Priorität und es kommt den Kindern zugute.“
Im Sommer über duftende Blumenwiesen und im Winter über den gefrorenen Waldboden rennen – für Ella, Levi, Mila und die anderen Kinder ist das normaler Kindergartenalltag. Auch an kalten oder nassen Tagen bietet die Natur mit ihren schlammigen Pfützen und gefrorenen Bächen viele Spielmöglichkeiten.
Zu einem dieser Bäche stapft auch Mats, der in seinem dicken Skianzug warm eingepackt ist. In einer Hand hält der Vierjährige einen Eimer. Dann schöpft er mit den anderen Kindern Wasser, denn sie wollen ein imaginäres Feuer löschen, das in ihrem selbstgebauten Bauernhof lodert. Dass es regnet, stört sie dabei nicht.
„Schlechtes Wetter gibt es nicht, nur unpassende Kleidung“, sagt Ele Wimmer, Leiterin des Waldkindergartens. Auch Judith Röhrich-Summerer, die ihren Sohn jeden Morgen nach Hedersdorf bringt, hält von dem Gerede über schlechtes Wetter wenig: „Es gibt kein zu kalt oder zu matschig. Die kleinen Wunder des Wetters und der Jahreszeiten gehören einfach dazu.“
Nur zum Essen gehen sie ins Warme

In der Blockhütte versammeln sich die Knirpse nur, um ihre mitgebrachten Brote zu essen. „Wenn sie kalte Hände haben oder dicke Handschuhe tragen, dann essen sie nicht richtig und sie sollen ihre Ruhe haben“, sagt Leiterin Wimmer.
Wasser und Strom gibt es auf dem Gelände, das man nur zu Fuß über einen Waldweg erreicht, nicht. Für kleine und große Geschäfte gibt es eine Biotoilette, für danach speziellen Waschsand und seit Dezember auch einen Holzofen, an dem sich die Drei- bis Sechsjährigen in der Hütte aufwärmen können.
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Kalt war ihnen bisher noch nicht
Daran, dass sie schon einmal wirklich gefroren hätten, erinnern sich Levi, Mila, Ella und Co aber nicht. Mit Renn- und Hüpfspielen mit den Erzieherinnen halten sie sich an frostigen Tagen warm. „Die Kinder lernen auch, emotional stabil zu sein, und verstehen, dass nicht gleich die Welt zusammenbricht, nur weil es mal kalt ist“, erklärt Leiterin Wimmer, die sich ebenfalls in eine dicke Jacke einhüllt. Außerdem gehören Mütze, Handschuhe, Regenjacke und vor allem wasserfeste Schuhe für die Jungen und Mädchen zur Grundausstattung. Dazu kommt noch eine Eigentumskiste mit Wechselkleidung und einem zweiten Paar Schuhe.
Immer draußen sind im Landkreis und im PZ-Gebiet bisher nur noch die Kinder aus den Waldkindergärten in Burgthann und Eckenhaid. Dass dieses Konzept gut ankommt, zeigt die Zahl der Neuanmeldungen in Hedersdorf. Denn obwohl der Waldkindergarten im Herbst 2018 erst einmal mit sieben Kindern startete, sind nun bereits alle 23 Plätze für das kommende Jahr vergeben.
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Das freut auch die Marktgemeinde Schnaittach: „Wir wollen bei den Angeboten der Kindergärten Vielseitigkeit bieten. Weil das so gut ankommt und die Kinder weniger Erkältungen bekommen, führen wir nun auch im Kindergarten in Osternohe einmal die Woche einen Draußen-Tag durch“, erzählt Schnaittachs Bürgermeister Frank Pitterlein.
Gemeinsame Ausflüge in den Wald
Wenn die 14 kleinen Naturfreunde nicht gerade Wasser schöpfen, unternehmen sie mit den Erzieherinnen Ausflüge in den Wald, sammeln Tonscherben, bepflanzen im Sommer das Hochbeet, kochen auf einem Lagerfeuer, basteln mit Holz, formen Lehmfiguren oder bemalen Schneckenhäuser.
Dass sie dadurch regelmäßig verdreckte Kleidung waschen muss und auch mehr Geld für hochwertige Schuhe und Jacken ausgibt, stört Mutter Röhrich-Summerer nicht. Sie sieht sogar eine Erleichterung für Eltern: „Manchmal freue ich mich, wenn ich meinen Sohn hole und weiß, er war den ganzen Tag draußen und hat sich schon viel bewegt.“
Nur Nässe kann zum Problem werden
Dass ihr Vierjähriger bei den kalten Temperaturen frieren könnte, befürchtet sie nicht, denn sie vertraut auf die Rückmeldung der Erzieherinnen, die Bescheid geben, falls ihr Sohn weitere Kleidung braucht. Dabei sind sich die Mutter und Leiterin Wimmer einig: „Kälte ist nicht das Problem, nur wenn mal ein Kind richtig nass wird, dann ist es ein Problem, aber dafür gibt es ja noch die Wechselklamotten aus den Kisten“, sagt Wimmer. Dann bittet sie Ella ihre Kapuze überzuziehen und kontrolliert, ob einem der Kinder, die am Bach spielen, Wasser in die Schuhe gelaufen ist.