Landwirte demonstrieren

„So nicht!“

„Wir wollen mitreden“, „So nicht“ oder „Ich bin ein Lebensmittel aus der Region“ steht auf den Plakaten, mit denen die Landwirte auf ihre Not aufmerksam machen. | Foto: Gisa Spandler2020/01/Unterferrieden-Traktor-Konvoi2-scaled.jpg

UNTERFERRIEDEN/LINDELBURG – Hunderte von Traktoren passieren auf dem Weg zur Großkundgebung in Nürnberg die Orte Unterferrieden und
Lindelburg. Sie kritisieren Düngeverordnung, Volksbegehren und die vermeintliche Regulierungswut der Politik.

Wie groß müssen Groll und Verzweiflung sein, wenn man nachts um 2 Uhr aufsteht, um eine halbe Stunde später bei Minusgraden mit dem Traktor von Niederbayern nach Nürnberg zu starten, wo man mit Tausenden Gleichgesinnten für seine Anliegen demonstrieren will? „Groß“, sagt der Sprecher einer Gruppe von Landwirten aus dem Kreis Rottal/Inn, die sich gestern morgen noch vor 8 Uhr auf der Kreisstraße zwischen der B8 und Unterferrieden versammelten. In einem kleinen Konvoi mit zwölf Schleppern pilgerten sie zur großen Sternfahrt der Bauern, die auf dem Volksfestplatz in Nürnberg mit einer umfangreichen Kundgebung ihren Höhepunkt fand.

Geplant und durchgeführt wurde die Veranstaltung von der Organisation „Land schafft Verbindung“, ein bisher loser Zusammenschluss von deutschen Bauern, die über WhatsApp kommunizieren. Viele der teilnehmenden Landwirte sind hier organisiert, aber auch der traditionelle Bauernverband unterstützt deren Positionen.

Trotz kurzer Nacht und Minusgraden guter Laune: Nicht nur verärgert, sondern immer noch hoffnungsvoll zeigen sich die Teilnehmer aus Rottal/Inn, als sie bei Unterferrieden auf den Start ihres Konvois warten. Foto: Gisa Spandler2020/01/Unterferrieden-Traktor-Konvoi-scaled.jpg

Bereits auf dem Weg nach Nürnberg taten sie lautstark Kritik und Forderungen kund und beschwerten sich über die ihrer Meinung nach unsinnigen und existenzgefährdenden Auflagen. In einem nicht enden wollenden Zug als eine von sechs Kolonnen, die Richtung Nürnberg rollten, starteten sie in Unterferrieden, wo die Ortsdurchsfahrt von der Polizei gesperrt wurde, und zogen über Lindelburg in den Landkreis Roth und von dort zum Kundgebungsort.

Ein weiterer Konvoi im Landkreis, den der Hegnenberger Milchviehhalter und Blühflächenförderer Thomas Bobisch organisierte, startete in Schwaig und bewegte sich über Laufamholz zum Sammelpunkt.

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Hupend und mit Demo-Plakaten, teils professionell gestaltet, teils selbst gemalt und kreativ, ließen sie wissen, wie ernst es ihnen ist. Die prägnanten Slogans fassten in ihrer Summe zusammen, was den Bauern stinkt und wo bei Bevölkerung und Politikern ein Umdenken einsetzen sollte: „Ich bin ein Lebensmittel aus der Region“, „Rettet die Bauern“ oder „Wir ackern für Bayern“ lauteten die Slogans. Mit „Wir wollen mitreden“ machten sie ihre Forderungen klar und durch den Satz „Tradition und Landwirtschaft durch bayrische Bauern gepflegt“ erinnerten sie an ihre Ideale.

Allerdings ging es auch einen Tick aggressiver: „Erst wenn der letzte Bauer zu Tode reguliert wurde, werdet ihr feststellen, dass man Paragraphen nicht essen kann“. Klipp und klar ließen sie mit zwei Worten die Verantwortlichen wissen, was sie von der aktuellen Agrarpolitik halten: „So nicht!“


Gegen Düngeverordnung und Green Deal

Wo drückt der Schuh am meisten? Immer wieder nennen die Bauern die neue Düngeverordnung, wenn man sie auf ihren Frust anspricht. In die Tiefe gehen sie nicht nach der kurzen Nacht, aber die Themen brennen ihnen so unter den Nägeln, dass sie auch nach dem beschwerlichen Trip auf dem Bulldog schnell in Fahrt kommen.

„Das Artenschutzabkommen“ nervt einen der Teilnehmer, ein anderer wirft ein, dass seiner Meinung nach die Politik „nach Ideologie entscheidet und nicht nach Fakten und Wissenschaft“, während ein weiterer auf die CO2-Abgabe eindrischt. „Die wird uns wahrscheinlich auch betreffen, obwohl wir die einzige Branche sind, die CO2-neutral arbeitet“, behauptet er. „Und dann kommt auch noch der Green Deal auf uns zu“, holt der Sprecher der Gruppe mit Blick nach Brüssel aus.

Auffällig viele junge Teilnehmer sind in dem Demonstrationszug auszumachen. „Kein Wunder“, meint ein gesetzter und trotz allem Unmut gut gelaunter Landwirt, „die stehen ja vor den größten Herausforderungen“.

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