DEHNBERG — Über 30 hochmotivierte Darsteller verwandelten bei der Premiere des Grusicals „Dracula“ im Dehnberger Hoftheater, präsentiert von der PZ, die bekannte Dracula-Geschichte in ein mitreißendes Spektakel aus Tanz, Gesang, Grusel und Humor.
Im beschaulichen Städtchen Huntington gehen merkwürdige Dinge vor sich. Ein Vegetarier verlangt nach rohem Fleisch und ein prüdes Mädchen wandelt sich zur verführerischen Femme fatale. Nur für die gierige Maklerin Mrs. Hawkins scheinen die Dinge gut zu laufen: Ein gewisser Graf Dracula möchte Häuser im ganzen Dorf aufkaufen …
Als die aufgeweckte Mina nach Huntington kommt, erschrecken sie die ländliche Ruhe und Prüderie der Dorfbewohner. Doch in der Irrenanstalt, in der sie eine Stelle als Schwester antritt, herrschen eigene Gesetze: Der „irre“ Irrenarzt Dr. Sewart scheint geradewegs einem 80er-Jahre-Film entsprungen zu sein, und die gestrenge Oberschwester drillt ihre Untergebenen, wie sie es bei ihrer Zeit im Feldlazarett gelernt hat.
Der groteske Alltag der Anstalt gerät erst aus den Fugen, als die brave Lucy sich über Nacht in eine erotische Verführerin wandelt und Mr. Renfield von seiner Vermieterin eingeliefert wird, weil er nach rohem Fleisch verlangt. Der herbeigerufene Spezialist Dr. van Helsing erkennt, was in dem Städtchen los ist: Ein Vampir treibt sein Unwesen.
Damit beginnt die Jagd auf Dracula. Der Vampir hat jedoch noch andere Probleme: Er muss seine blutrünstigen Gefährtinnen davon abhalten, jeden Eindringling sofort auszusaugen. Außerdem bereitet ihm der menschliche Alltag ungeahnte Schwierigkeiten: Als er dort unterschreiben soll, wo der Makler sein „Kreuzchen“ gemacht hat, fährt er voll Panik zurück – Vampire haben Angst vor Kreuzen.
Die Maklerin Mrs. Hawkins sieht in Dracula ihre Gelegenheit, einen echten Grafen zu heiraten. Um ihm näher zu kommen, gibt sie einen großen Maskenball. Doch dort ergreift Dracula stattdessen die Chance, die von ihm begehrte Mina zu ver- und entführen.
Minas Verlobter Jonathan, Dr. van Helsing und der Irrenarzt Dr. Sewart machen sich an die Verfolgung. In einem spannenden Finale erlegen sie Dracula, doch Mina überlebt als Vampir – und Jonathan kann seiner untoten Verlobten nicht widerstehen.
Die Darsteller verführen ihr Publikum mit großartigen Sangesleistungen: Dass hier Laien auf der Bühne stehen, die meisten davon Schüler, ist angesichts der Qualität und Professionalität der Gesänge schnell vergessen. Janika Grabow als Mina darf in zwei Duetten mit Jonathan (Lucas Rauschning) und Dracula (Michael Ernst) ihr Können unter Beweis stellen. Die „Vampire“ bringen mehrstimmigen Gesang mit anspruchsvollen Gruppenchoreographien scheinbar mühelos in Einklang.
Patrick Urban kann als großspuriger Dr. van Helsing ein ganzes Lied lang dem Publikum seine Schlussfolgerung – es gibt einen Vampir in Huntington –mit großen Gesten präsentieren. Und Julika Job als „Vamp“ Lucy besingt die angebliche Schönheit des steifen Mr. Nickelby so erotisch-verführerisch, als würde tatsächlich der Mann ihrer Träume vor ihr stehen. Begleitet werden die Sänger von einer vierköpfigen Live-Band im Orchestergraben. Diese spielt den musikalischen Stil-Mix der Aufführung, von Rockmelodien über 80er-Jahre-Anleihen bis hin zu klassischen Musicalsongs, souverän und trägt so viel zur Atmosphäre des Musicals bei.
Einige Szenen, wie etwa ein von verkleideten Männern gespieltes Kaffeekränzchen, sind rein komödiantisch angelegt. Meistens jedoch kommt der Humor der Aufführung eher in kleinen Details zur Geltung.
Dieser Balanceakt zwischen ernst gemeintem Musical und Komödie ist ohne die bis in die Nebenrollen guten schauspielerischen Leistungen nicht möglich: Denn trotz skurril angelegter Figuren verflacht die Aufführung nicht zur reinen Comedy.
Ein Jahr Ausbildung als Basis
Das „Grusical“ wurde geschrieben von Claus Martin; die Inszenierung im Dehnberger Hoftheater ist eine Koproduktion des Tanz(t)raums Lauf mit dem CJT-Gymnasium. Die Produktionsleitung übernahmen Dagmar Adebahr vom Tanz(t)raum und Tanja Forster, Lehrerin am CJT-Gymnasium; Romina Adebahr leitete die Choreographie. Regie führte, wie schon bei dem Vorgänger-Stücken des Tanz(t)raums, Alex Teubner. Seine Darsteller beschreibt er als „super motiviert und diszipliniert“.
Alle Schauspieler nahmen ein Jahr lang an einer Grundausbildung in Tanz, Schauspiel und Gesang teil, bis sie in einem Casting endgültig ausgewählt wurden. Die eigentlichen Proben dauerten ebenfalls fast ein Jahr.
Eine sehr gelungene Aufführung. Kaum zu glauben, dass hier Amateure am Werk sind. Macht weiter so! Ihr seid toll!