LAUF — Einen Rundumschlag in Sachen medialer Vergangenheit erlebte das Publikum im voll besetzten PZ-Kulturraum. Michael A. Tomis, sonst unterwegs mit dem „TBC – Totales Bamberger Cabaret“, feierte die Premiere seines dennoch topaktuellen Rückblicks auf die Fernsehunterhaltung des vergangenen Jahrhunderts unter dem Titel „Wiedersehen macht Freude“ in Lauf.
Die Bühne – ein Wohnzimmer mit Röhrenfernseher und Möbeln aus den 50er und 60er Jahren – machte der versierte Entertainer in den folgenden über zwei Stunden zu der seinen. Mit dem ersten schmalzigen Begrüßungslied – „Wiedersehen macht Freude“ – sang er sich in die Herzen des Publikums.
Revue im alten Stil
Den meisten war dank des fortgeschrittenen Alters der Hintergrund der kabarettistischen Revue vertraut. Die wenigen, die sich als „unter 30“ outeten, mussten sich „Was zum Teufel macht ihr hier?“ fragen lassen.
Ganz im Stil eines Conférenciers der alten Schule blickte er zurück auf die vertrauten Slogans aus der Fernsehwerbung, dazu gab‘s Eierlikör im Schokobecher für die Zuschauer und für den einen oder anderen einen Kümmerling.
Mit einem sinnfreien französischen Chanson, dargeboten im obligatorischen Trenchcoat, riss er zu Lachsalven hin, und mit einem neu gedichteten „Ganz schön heiß und ohne Blumenstrauß“ belegte er, dass mit dem passenden Schlager „sogar der Klimawandel Spaß“ machen kann.
„Was bin ich?“ im PZ-Kulturraum
Politisch wurde er auch bei „Ohne Brexit geht der Boris nie ins Bett“, und dabei glaubte man Bill Ramsey höchstpersönlich zu hören. Nach einem „heiteren Beruferaten“, einer Reminiszenz an Robert Lembkes legendäre Rateshow, mit drei Freiwilligen aus dem Publikum, bei dem „Erotikdarsteller“ zu erraten war und alle Beteiligten großartig mitspielten, brachte ein pantomimisch herrlich witzig vorgetragenes „Tanze Samba mit mir“ die Stimmung im Publikum zum Kochen. Die eine oder andere textliche oder technische Premieren-Panne verwandelte er jedes Mal souverän in einen Gag.
Perfekt parodierte Schlager – Bata Illics Michaela, „Schmidtchen Schleicher“ und der Evergreen „Ramona“ begeisterten; getoppt wurde es allerdings von Tomis selbst, als sich Schmidtchen auf Fränkisch auf seinen elastischen Beinen bewegte, Michaela auf Schwäbisch besungen und Ramona auf Sächsisch interpretiert wurde.
Erotische Leihgabe
Als Zugabe gab‘s nochmal Parodien vom Feinsten: Dazu benötigt wurde allerdings ein Buch; da er selbst keines dabei hatte – die Nummer sei noch in der Erprobungsphase, so der Kabarettist – ließ er sich von einer Dame im Publikum aushelfen.
Die hatte doch tatsächlich „Fifty Shades of Grey“ im Gepäck. Ein anderer Zuschauer durfte auf einer Liste Nummern auswählen, hinter denen sich ein Prominenter verbarg: Urkomisch, als sich Reich-Ranitzky, Kohl und Kinsky nacheinander beim Lesen aus dem Erotik-Bestseller die Ehre gaben. Alles in allem: Ein heftig bejubeltes, hin- und mitreißendes kabarettistisches Highlight im PZ-Kulturraum.