Stellenstreichung bei Codierfirma

Nun beißt die Heuschrecke die Wolke

Rund die Hälfte der Mitarbeiter der Firma Wolke wird entlassen.
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HERSBRUCK – Da wird eine Hersbrucker Firma platt gemacht: Diesen Eindruck haben die Mitarbeiter von Wolke Inks & Printers. Der Verkauf vor fast genau drei Jahren war der Anfang. Nun wurden 19 Angestellte entlassen, weitere fünf sollen bis März 2013 folgen. Wie lange wird es das Unternehmen überhaupt noch geben?

Vor rund 20 Jahren hatte Wolfgang Keller den global führenden Anbieter von Thermal Ink-Jet (TIJ) Codiersystemen gegründet. Mit den Systemen von Wolke können Verpackungen mit variablen, hochauflösenden Codes wie beispielsweise 2D-Barcodes gekennzeichnet werden. Das Hersbrucker Unternehmen war bis vor drei Jahren ein Paradies für Arbeitnehmer mit betrieblicher Altersvorsorge, Biergarten und Swimmingpool am Gelände in der Ostbahnstraße. Im Oktober 2009 verkaufte Keller an Videojet Technologies Inc., einen international führenden Hersteller für industrielle Kennzeichnungssysteme und Zubehör. Damit verbunden war die plötzliche Entlassung von sieben der 40 Mitarbeiter.

Dabei sollte Wolke ein eigenständiges Unternehmen unter dem neuen Geschäftsführer Volker Schomberg bleiben, obwohl es mit dem Aufkauf durch Videojet aus Limburg Teil der Produktkennzeichnungsplattform der Danaher-Gruppe wurde. Und diese hat sich als „Übernahmemaschine“, wie Spiegel Online textete, einen Namen gemacht. Sie hat sich inzwischen weltweit über 400 Unternehmen einverleibt. Eine klassische Heuschrecke, die nach dem Kauf die Firma aussaugt und sofort wieder veräußert, ist sie aber nicht.

Das „Danaher Business-System“, das seine Firmen nach einer Beobachtungsphase auf rücksichtslose Art und Weise profitabler macht, greift erst jetzt: Zum 31. Oktober wurden 19 Stellen von 40 Mitarbeitern plus drei Auszubildenden abgebaut, weitere fünf folgen im März 2013. Unternehmenssprecherin Sandra Büttner spricht da recht zurückhaltend von „Teilkündigungen“. Dabei werden nach Rechnung von Betriebsrätin Nadine Voigt vielleicht insgesamt 17 Leute in Vertrieb und Außendienst, Entwicklungsabteilung mit technischem Support, Personalleitung und Geschäftsführung unter der Wolke GmbH übrig bleiben. „Die anderen Bereiche werden von Videojet übernommen“, erklärt Büttner.

Ahnten die Angestellten etwas davon? „Wir hatten die letzten Wochen ein mulmiges Gefühl“, erzählt Voigt. Projekte im Marketing wurden abgezogen, Aufgaben aus der Buchhaltung verlagert, „das waren so Kleinigkeiten“. Eine Mitarbeiter-Versammlung im August verstärkte den Eindruck. „Es wurde gesagt, dass Änderungen anstehen, aber nicht in welchem Umfang“, berichtet Voigt. Erst nach den Sozialplanverhandlungen Mitte Oktober, die Abfindungen und die Aufnahme in einer Transfergesellschaft vorsehen, wurden die Wolke-Arbeiter genauer informiert.

19 von ihnen im Alter von „Mitte 20 bis Ende 50“ müssen gehen. Da der Arbeitsmarkt nach Einschätzung von Voigt gerade für die Älteren „nicht der beste ist“, wird wohl der überwiegende Teil in die Transfergesellschaft gehen oder „sich fragen, ob sie in dem Berufsfeld bleiben wollen“ – vorausgesetzt, es tun sich keine Perspektiven auf.

Für diese setzt sich Bürgermeister Robert Ilg ein: „Ich habe Kontakt mit Wolke und Norbert Fackelmann von der IHK aufgenommen, um zu versuchen, die Fachkräfte hier zu vermitteln.“ Er hofft dabei auf die Unterstützung der ortsansässigen Unternehmen, vor allem bei den beiden Auszubildenden. Sie hatten erst im August und September ihr Arbeitsleben begonnen und haben jetzt „keine Ahnung, wie es weitergeht“, so Betriebsrätin Voigt besorgt.

2013 werden jedenfalls keine „Stifte“ mehr genommen. Aber wer weiß, was bis Herbst nächsten Jahres noch passiert. „Die Angst vor einem weiteren Abbau und einer endgültigen Aufgabe von Wolke ist da“, spricht Nadine Voigt aus, was in ihren Kollegen wohl vorgeht. Das Leben auf der rosaroten Wolke wie zu Kellers Zeiten ist endgültig vorbei.

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