Das Ende einer Ära

95 Jahre Neunkirchener Postgeschichte

Am 10. November 1930 eröffnete eine Poststelle II des Leitpostamtes Lauf im Anwesen Simon (heute Landrock) am Rollhofer Weg.
Am 10. November 1930 eröffnete eine Poststelle II des Leitpostamtes Lauf im Anwesen Simon (heute Landrock) am Rollhofer Weg. | Foto: Archiv Franz Semlinger2025/08/0fb45ae75c2f731eefce09de3de686661e50023b_max1024x.jpg

NEUNKIRCHEN – Traditionell feiert die Gemeinde Neunkirchen mit ihren Ortsteilen Neunkirchen, Speikern und Rollhofen am zweiten Augustwochenende das Kirchweihfest, da alle drei Orte zur katholischen Kirchengemeinde Neunkirchen gehören. Festbetrieb herrscht allerdings heute nur noch in Rollhofen. Zur Kirchweih blickt Heimatforscher Franz Semlinger auf die Postgeschichte zurück – ein besonders wehmütiger Rückblick, seit Ende Juni 2025 der „Kleine Laden“ mit dem letzten Postamt Neunkirchens seine Türen schloss.

Am 10. November 1930 eröffnete eine Poststelle II des Leitpostamtes Lauf im Anwesen Simon (heute Landrock) am Rollhofer Weg. Die Telegraphen- und Fernsprechanlage ersetzte die bisherige Gemeinde-Unfallmeldestelle. Hier stand auch der erste Postkasten des Ortes. 1937 zog die Post ins Fachwerkhaus neben dem nördlichen Friedhofseingang (Besitzer Pinzer, heute „Hasenest“ an der Speikerner Straße). Kunigunde Pinzer, Ehefrau eines Postschaffners, leitete die Stelle.

Am 1. August 1945 schloss die Poststelle kriegsbedingt. Acht Monate später, am 1. April 1946, nahm Hans Pinzer als Landwirt den Postbetrieb wieder auf. 1952 wurde die Poststelle II zur Poststelle I umgewandelt. Am 7. November 1955 bezog die Post ihr neues Domizil: Familie Pinzer hatte ihren ehemaligen Stall an der Speikerner Straße zu einem 48 Quadratmeter großen Dienstraum umgebaut, darüber entstand eine Wohnung.

Die wachsende Gemeinde machte am 1. Oktober 1962 die Umwandlung in ein vollwertiges Postamt nötig. Aufgrund der Größe des aufstrebenden Industrieortes war man gezwungen, ein neues Postamt zu suchen. Der Neubau wurde im Herbst 1967 durch den Eigentümer und Stuckateur Herbert Clemens, Nr. 241, heute Erlenstraße 11 von Neunkirchen in Angriff genommen. Die Verlegung des Postamtes erfolgte am 18. Juli 1968 erfolgen.

Das Erdgeschoss des Hauses Clemens wurde zur neuen Postfiliale, während der Eigentümer im ersten Stock wohnte. Das Hochbaureferat der Oberpostdirektion stattete die Räume für 25.000 DM nach modernsten Standards aus. Der Eingang beeindruckte: Links standen zwei Briefmarkenautomaten und ein Münzwechsler, rechts der Briefkasten.

Die Räume umfassten: Windfang, großen Schaltervorraum mit Telefonzelle, dahinter den durch schusssichere Glaswände geschützten Schalterraum mit zwei modernen Halbschaltern, einen großen Betriebsraum mit Laderampe sowie Zugang zu Rentenschalter und Postfachanlage. Als Besonderheit sei erwähnt, dass der Annahmeschalter mit einer kleinen Röllchenbahn versehen war, die eine erleichterte Paketannahme ermöglichte. Außerdem besaß das Postamt eine Postfachanlage mit 39 Postfächern.

Leonhard Sebald leitete das Postamt von 1963 bis 1972. Im Zuge der Gebietsreform wurden am 1. August 1973 die Poststellen Rollhofen und Speikern sowie Kersbach dem Postamt Neunkirchen angegliedert. Elmar Lindner führte das Amt von 1972 bis 1974, gefolgt von Rudolf Patra (bis 1981) und Reinhold Jäckle. Die folgenden Jahre brachten häufige Leiterwechsel. Schließlich wurde Ende Februar 1999 das Postamt in der Erlenstraße geschlossen. Ab 1. März gab es nur noch eine Verkaufsstelle der Post im Schreibwarengeschäft Vogel in der Bahnhofstraße 11.

Gabriele Vogel hatte am 1. August 1985 einen Schreibwarenladen eröffnet. Die Öffnungszeiten wurden allmählich eingeschränkt, die Post öffnete nur wenige Stunden am Tag, Mittwochnachmittag überhaupt nicht mehr, so dass es bereits viel Ärger bei den Bürgern gegeben hatte.

Das Ende zeichnete sich ab: Neunkirchen verlor seinen Status als Zustellpostamt, die Briefsortierung übernahm Lauf. Zudem betrieb das nahe Reichenschwand eine größere Postverkaufsstelle. Am 31. Juli 2020 schloss Gabriele Vogel altersbedingt ihr Geschäft und die Post, sie ging in den Ruhestand und zog weg.

Die Neunkirchener konnten sich glücklich schätzen, dass Vanessa Kohlhaupt das Haus und das Geschäft kaufte und dort den „Kleinen Laden“ eröffnete – damit blieb die Post im Dorf. Ende Juni 2025 war nun auch hier endgültig Schluss. 95 Jahre Postgeschichte sind damit zu Ende.

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