NÜRNBERGER LAND — Die Sommerferien stehen vor der Tür, da erhitzen die Pläne für das kommende Schuljahr die Gemüter an einigen Grundschulen. In Rückersdorf und Schwaig soll jeweils eine erste Klasse eingespart werden. In Röthenbach wurden Erstklässer-Eltern gebeten, ihre Kinder in der Forstersberg- statt in der Seespitzschule einzuschulen. Hintergrund ist die sogenannte Budgetierung, die das Schulamt zwingt, Lehrerstunden gleichmäßig im Landkreis zu verteilen.
In Rückersdorf gehen Eltern auf die Barrikaden, nachdem vor einigen Wochen bekannt wurde, dass an der Waldschule statt zwei erster und zwei zweiter Klassen, die von den Schülerzahlen her eigentlich möglich wären, im September nur drei Klassen gebildet werden sollen: eine erste mit 27, eine zweite mit 28 und eine jahrgangsgemischte Klasse mit 24 Kindern (die PZ berichtete). Die Eltern sehen die „Kombiklasse“ als reines Sparmodell und bezweifeln, dass das Konzept aufgrund der geplanten Klassengröße und in der Kürze der Zeit tatsächlich pädagogisch sinnvoll umgesetzt werden kann.
Inzwischen haben die Eltern den Gemeinderat ebenso aktiviert wie einige Landtags- und Bundestagsabgeordnete, ein Fernsehbericht des BR befasste sich bereits mit dem Rückersdorfer Fall. Nun will der Elternbeirat eine Petition an den Landtag richten und baut dazu am Sommerfest der Waldschule am kommenden Samstag ab 10.30 Uhr einen Infostand auf. „Wir hoffen, dass möglichst viele Eltern und andere Interessierte unterschreiben“, so der stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende Jörg Lengenfelder.
Verunsicherung auch in Schwaig: 32 Anmeldungen von Abc-Schützen liegen Rektor Gerd Kirchner vor, doch er darf nur eine erste Klasse bilden – mit maximal 28 Schülern. Überlegungen, in Schwaig in den Jahrgangsstufen eins und zwei ebenfalls eine Kombiklasse einzuführen, scheiterten, weil diese einfach zu groß geworden wäre. Nun hat der Rektor den „schwarzen Peter“: Er muss vier Kinder auswählen, die in Behringersdorf eingeschult werden, wo die erste Klasse mit 18 Schülern recht überschaubar ist. „Ich habe mit den Erzieherinnen in allen Kindergärten Gespräche geführt und hoffe auf die Einsicht einiger Eltern“, meint Kirchner, der sich gegen eine „Zwangszuteilung“ wehrt. „Das kann ich als Pädagoge nicht verantworten.“
Kirchner kritisiert wie viele seiner Rektoren-Kollegen die Budgetierung von Stunden als „rein rechnerische“ Lösung, die an den Bedürfnissen der Kinder und Schulen komplett vorbeigehe. „Ein Austausch von Kindern mag in einer Stadt wie Nürnberg problemlos funktionieren. In einem Flächenlandkreis wie dem Nürnberger Land ist das problematisch.“ Kirchner will das nicht dem Schulamt allein anlasten („Die verteilen auch nur das, was sie haben“), sieht sich aber von der bayerischen Schulpolitik im Stich gelassen. Zwar seien die Klassen in den letzten Jahren insgesamt betrachtet tatsächlich kleiner geworden, „doch es gibt andererseits immer mehr verhaltensauffällige Schüler. Die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte hat massiv zugenommen.“
Immer an der Obergrenze
Kleinere Klassen? Für die Röthenbacher Seespitzschule gilt das nicht. Die Eingangsklassen lagen zuletzt fast nie unter der Obergrenze von 28 Schülern. „Der Erhalt der kleinen, einzügigen Schulen geht klar zu unseren Lasten“, sagt Rektorin Gudrun Klein. Auch das kommende Schuljahr bildet da keine Ausnahme. Zwei erste Klassen kommen an der Seespitze zusammen, mit wohl je 28 Schülern. Weil zwischenzeitlich aber zwei, drei ABC-Schützen mehr angemeldet waren, musste Gudrun Klein die Eltern der künftigen Erstklässer in einem Brief bitten, ihr Kind lieber in die Forstersbergschule zu schicken – zunächst auf freiwilliger Basis. Das Schreiben sorgte für einigen Unmut, vor allem wegen des deutlich längeren Schulwegs. Die Rektorin hofft aber nun, dass sich die Anmeldezahlen bei exakt 56 einpendeln und letztlich niemand „zwangszugewiesen“ werden muss.
Doch warum ist es überhaupt notwendig, mancherorts Klassen zusammenzulegen oder Schüler „umzusiedeln“? Verantwortlich dafür ist das System der Budgetierung, das doch eigentlich für Gerechtigtkeit sorgen soll. Die bayerischen Schulämter haben pro Schüler etwa 1,2 Lehrerstunden zur Verfügung, das macht 30 Stunden für eine reguläre Grundschulklasse – bezogen auf durchschnittlich 23 Kinder. Doch die sind es im seltensten Fall. „Wenn die Eigenständigkeit einer kleinen Schule erhalten werden soll, wo es pro Klasse eben nur 16 Schüler gibt, dann müssen es anderswo zwangsläufig 28 sein“, erklärt Schulamtsdirektor Norbert Kriegelstein. Als Beispiele für solche einzügigen „Landschulen“ nennt er Alfeld oder Kirchensittenbach. Das „Einsparen“ einer Lehrkraft, wie jetzt in Rückersdorf, bedeute nicht, dass diese komplett wegfalle, sondern dass sie einer anderen Schule im Landkreis zugeteilt werde.
Prinzipiell, so betont Kriegelstein, habe sich die Versorgung mit Lehrerstunden in den letzten Jahren im Nürnberger Land sogar verbessert, die Klassen seien insgesamt kleiner geworden. Allerdings stelle sich das an verschiedenen Orten unterschiedlich dar. Das Problem seien, so paradox sich das zunächst anhört, ausgerechnet die sinkenden Schülerzahlen. „Bei weniger Schülern gibt es weniger Klassen.“ So schrumpft die Zahl der Grundschüler im Landkreis jährlich um 250.
Für die Kritik der Eltern hat Norbert Kriegelstein nur bedingt Verständnis. Bei zwei Grundschulen am Ort, wie etwa in Röthenbach und Schwaig, sei das Schulamt schlichtweg verpflichtet, die Kinder der jeweils anderen Schule zuzuweisen, um für gleiche Klassenstärken zu sorgen. Und die Rückersdorfer Waldschule habe mit ihren bisher kleinen Eingangsklassen jahrelang von der Budgetierung profitiert. Die Einführung der Kombiklasse dort geschehe keineswegs überstürzt, wie die Eltern kritisieren, sondern sei schon im Mai letzten Jahres avisiert gewesen. Auch habe die Lehrkraft, die die Klasse leiten soll, entsprechenden Fortbildunge absolviert. „Aber ich habe das Gefühl, die Eltern wollen das alles nicht hören, sondern nur den Status quo erhalten“, meint der Schulamtsdirektor.
Altaner nach Schnaittach
Eine Personalie für das kommende Schuljahr steht bereits fest. Gisela Altaner, bisher Rektorin an der Röthenbacher Forstersbergschule, wechselt als „Chefin“ an die Grundschule Schnaittach und wird dort Nachfolgerin von Gerhard Eichner, der in den Ruhestand geht.
Wenn ich den Artikel lese, und mir überlege, dass Kinder, die einen neuen LEbensabschnitt beginnen, mit 27 anderenin eine erste Klasse gepfercht werden, nur weil „nicht genügend Geld da ist“, dann muss die Frage erlaubt sein, ob wir es uns wirklich leisten wollen, die Misswirtschaft anderer EU Staaten zu unterstützen. Wieso sollen wir Griechenland „kaufen“, während unsere eigenen Kinder unter der falschen Verteilung des Geldes leiden? Hier hängt doch etwas ziemlich schief. Bekommen wir dann beim nächsten EU Partner, der in Schieflage gerät Klassen mit 50 Kindern? So kenne ich das aus Erzählungen der Großeltern. Fortschritt sieht irgendwie anders aus.
Als betroffener Vater aus Rückersdorf kann ich nur sagen, dass mich bürgerferne Budgetierungsrechnungen nicht interessieren. Mir geht es um unsere Kinder, die ja die Zukunft Deutschlands sind. Wenn nun aufgrund von sinkenden Schülerzahlen kleinere Klassen zustande kommen, dann um so besser. In diesem reichen Land, wo sonst für scheinbar alles Geld vorhanden ist, muss da wirklich ausgerechnet an den Kindern gespart werden?
Es erscheint mir daher auch ausgesprochen perfide Schulen gegeneinander auszuspielen, nach dem Motto, wenn ihr auf eurer Lehrkraft besteht, fehlt sie anderswo.
Ich bin überall für kleine Klassen. Das sollte das angestrebte Ziel sein, und nicht maximale Klassengrößen mit 28 Schülern.
Zu den Aussagen des Schulamtsdirektors Herrn Kriegelstein kann ich nur sagen, wenn er das so geäußert hat, sagt er in vielem schlicht nicht die Wahrheit. Ich habe von den Plänen des Schulamtes erst vor einem Monat Kenntnis erhalten, durch einen Infoabend an der Rückersdorfer Waldschule, der auf die Initiative des Elternbeirats überhaupt erst einberufen worden ist. Vom Mai letzten Jahres „aversiert“ kann also keine Rede sein. „Ich höre auch gerne zu“, wenn man denn überhaupt mit mir spricht. Herr Kriegelstein ist an diesem Infoabend aber nicht erschienen, und auch niemand sonst aus dem Schulamt, der uns die Lage dargelegt hätte. Und zum Schluss gibt es außer einem freiwilligen Arbeitskreis zum Thema jahrgangsgemischte Klassen, in dem sich die Lehrer zum Erfahrungsaustausch treffen, keine vom Schulamt durchgeführte Zusatzausbildung/Fortbildung der Lehrkräfte, die jetzt die jahrgangskombinierten Klassen leiten sollen.
Fazit ist daher aus meiner Sicht, dass hier kurz vor den Sommerferien brachial, ohne die Eltern in irgendeiner Art und Weise mitzunehmen, Lehrkräfte eingespart werden sollen. Und das in einem Moment, wo das bayerische Kultusministerium stolz verkündet 1000 neue Lehrerstellen geschaffen zu haben.
Andreas Neuner, Rückersdorf
Unsere Politik hat für alles Geld – nur nicht für Kinder.
Kleine Klassen müssen das Ziel sein, in allen Schulen.
Lehrer gibt es doch genug.
Wenn nur alle Eltern protestieren und Demos besuchen würden, könnte man vielleicht was erreichen. Aber nur ein kleiner Bruchteil aktiver Eltern reicht einfach nicht. Wie gesagt, Geld ist da, aber geben wir es lieber für Griechenland, Banken, Vorstandsvorsitzende …aus.
Die Art und Weise wie das Schulamt kommuniziert ist mir aus mehreren Jahren Elternarbeit an der Grundschule hinlänglich bekannt. Das wird sich sicher nicht ändern. Fakt ist, wenn die Eltern nicht auf die Barrikaden gehen – und zwar massiv und geschlossen – dan wird sich in diesem Land nichts ändern.
Die Idee der Jahrgangsgemischten Klassen ist nämlich eigentlich super, allerdings mit nur einer Lehrkraft ein Sparmodell.
Ich ziehe den Hut vor Lehrerinnen, die sich gleichzeitig alleine um
Erstklässer kümmern und mit Zweitklässern Schreibschrift, multiplizieren und dividieren üben um dann auch noch zwischen starken und schwachen Schülern beider Jahrgängen zu differenzieren, Proben schreiben, beobachten um die Kopfnoten zu geben…….wie es in der Stufe 3/4 zugeht mit Übertrittsstress da will ich garnicht drüber nachdenken….Da kann man dem einzelnen Schüler nicht mehr gerecht werden. Oder man arbeitet sich in den Burnout.