„Wurzeln der Raumfahrt sind in Feucht“

Halbe Kraft voraus

Die Erweiterung des Raumfahrtmuseums zieht sich hin. Zunächst einmal bereitet die Gemeindeverwaltung nun eine Stiftung vor, in die unter anderem der Bestand des Museums eingehen soll. | Foto: HORM2021/05/Feucht-Oberth-scaled.jpg

FEUCHT – Im Marktgemeinderat sind alle Fraktionen angetan von den Plänen des Raumfahrtmuseums. Aus finanziellen Gründen aber verweigern SPD und Grüne in einem entscheidenden Punkt die Zustimmung.

Zwei Kernfragen hatte der Sozial- und Kulturausschuss dem Marktgemeinderat übergeben (wir berichteten). Will der Markt Feucht eine Stiftung gründen, in die der Nachlass Hermann Oberths ebenso eingeht wie Grundstücke und Vermögen des Museums? Und ruft man für die Erweiterung des Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museums (HORM) einen Architektenwettbewerb aus?

Die erste Frage hat der Marktgemeinderat am Mittwochabend klar beantwortet. Einstimmig beauftragte er die Verwaltung damit, die Gründung einer Stiftung vorzubereiten. Auf Anregung von Hannes Schönfelder (SPD) gab man der Verwaltung noch zwei Hausaufgaben mit auf den Weg. Sie soll klären, was die Gemeinde überhaupt in eine solche Stiftung einbringen darf und wie diese aussehen müsste, damit sie auch als gemeinnützig anerkannt wird. Soweit, so einig.

„Machen, anschieben, kein Zaudern“

Bei der zweiten Frage des Abends aber prallten zwei Ansichten aufeinander: Die Fraktion „machen, anschieben, ohne zu zaudern“ (Harald Danzl, CSU) auf der einen, die Gruppe „zwei Schritte hintereinander, nicht parallel“ (Andreas Sperling, Grüne) auf der anderen Seite. Danzl ergriff in der ausladenden Diskussion mehrfach für seine Fraktion das Wort und lobte das neue Museum als Touristenmagnet und Alleinstellungsmerkmal der Marktgemeinde. „Die Wurzeln der Raumfahrt sind für mich in Feucht zu finden. Lassen Sie uns diesen Schatz bergen“, meinte er und appellierte an seine Kollegen: „Über 300 Kisten liegen ungeschützt in der Reichswaldhalle. Wir haben eine Verpflichtung, dieses Erbe zu bewahren.

Mit dem Begriff der Verpflichtung tat sich Schönfelder schwer. Denn seiner Verpflichtung sei der Markt Feucht bisher nachgekommen. Beim Kauf des Pfinzingschlosses 1988 nämlich habe die Gemeinde lediglich zugesichert, Räume für Exponate und Nachlass Oberths kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dass die Dokumente auf dem Dachboden der Reichswaldhalle möglicherweise nicht sachgerecht gelagert sind, räumte Schönfelder ein und sprach von einer „rechtlichen Verpflichtung für eine bessere Unterbringung“.

Alles andere aber seien freiwillige Leistungen. Jene freiwilligen Leistungen für Vereine, Bildung und vieles mehr sind es, für die der Markt Feucht seit Jahren viel Geld ausgibt. Zu viel, findet die Rechtsaufsicht am Landratsamt. Nicht zum ersten Mal hat sie kürzlich den Jahresetat der Gemeinde kritisiert und angemahnt, die Ausgaben zu drücken. Sollte dies nicht passieren, könnte das Landratsamt dem Haushalt die Genehmigung verweigern und damit indirekt den Geldhahn zudrehen. Denn ohne die Genehmigung käme die Gemeinde nur noch schwer an dringend benötigte Kredite.

„Können wir uns definitiv nicht leisten“

Im konkreten Fall sieht Schönfelder bis zu 200 000 Euro jährlich auf den Markt Feucht zukommen – die Betriebskosten eines neuen, erweiterten Oberth-Museums. „Es kann nicht sein, dass wir ein Museum bauen, das wir dann nicht betreiben können“, sagte Rita Bogner, Fraktionssprecherin der Grünen. Sie sei zwar überzeugt, dass das HORM eine Bereicherung für Feucht sein kann, aber nicht kurz- und auch nicht mittelfristig. Die Gemeinde sei finanziell an einem Punkt angelangt, an dem sie genau trennen müsse zwischen Pflichtaufgaben auf der einen und freiwilligen Leistungen auf der anderen Seite. Und die Erweiterung des Museums „können wir uns gerade definitiv nicht leisten“.

Bau und Ausstattung übrigens taxiert eine erste Berechnung aus dem Jahr 2017 auf 6,5 Millionen Euro. Die Museumsverantwortlichen und das Bauamt rechnen jedoch mit Fördermitteln. Die Frage ist, in welcher Höhe. „Solange wir keine Planung haben, können wir keine Förderanträge stellen“, sagt Michael Zuber auf Nachfrage des Boten. Wenn Mitglieder des Marktgemeinderats den Museumssprecher nun fragen, mit welchen Fördersummen sie rechnen könnten, sieht er sich in einem Teufelskreis: Ohne Entwurfsplan keine Förderzusagen – ohne Förderzusagen, keine Zustimmung von Teilen des Marktgemeinderats.

„Verhinderungspolitik“

Lange zurück hielt sich in der Diskussion CSU-Fraktionschef Oliver Siegl. Unmittelbar vor der Abstimmung aber hielt er den Vertretern von SPD und Grünen „Zerreden“ und „Verhinderungspolitik“ vor. Er sah in deren Vorbehalten einen Affront gegenüber den Museumsverantwortlichen und forderte alle Anwesenden auf, mit ihrer Stimme dem HORM eine Zukunftsperspektive zu geben.

CSU, Freie Wähler und Kleine votierten anschließend dafür, Architekt und weitere Fachplaner anzuheuern und bis zu 200 000 Euro für einen Entwurfsplan in die Hand zu nehmen. Und hätten an diesem Abend nicht Christian Nikol (Franken) sowie Herbert Bauer und Julia Schmidt (beide CSU) gefehlt, hätte der Vorschlag wohl eine Mehrheit gefunden. So aber endete die Abstimmung 11:11, der Entwurfsplan ist damit vom Tisch. Vorerst zumindest. Denn es fand sich eine Mehrheit für einen Alternativvorschlag. Mit 14:8 Stimmen wurde das Bauamt beauftragt, bis Herbst eine neue Gesamtkostenschätzung vorzulegen. Danach will man neu beraten. Für Zuber ist das die gute Nachricht des Abends: dass es weiter geht. Wenn auch nicht in dem Tempo, das sich das Museum gewünscht hätte.

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