LAUF – Als Reaktion auf ein Gerichtsurteil ist in Bayern seit Freitag Indoor-Sport weitgehend verboten. So bleiben nur Schul- und Profi-Sport in Hallen erlaubt. Auch im PZ-Land wurden Sportler und Hallenbetreiber von der kurzfristigen Entscheidung (Hintergrund unten) kalt erwischt.
Ohne Vorwarnung und mit voller Wucht trifft Manuel Hirsch die neue Lage. Der 38-Jährige betreibt in Lauf seit 20 Jahren eine Tennisschule und seit sieben Jahren in der Albert-Büttner-Straße den Sport- und Freizeitpark Lauf mit Tennis-, Squash- und Badmintonplätzen. Seine Halle hat er nun bis auf Weiteres schließen müssen. Bereits der Lockdown im Frühjahr habe ihn und seine Firma „den kompletten Gewinn des Jahres 2019“ gekostet, „die erneute Schließung könnte existenzbedrohend werden“, fürchtet er.
Dabei hat Hirsch die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie trotz der teils gravierenden Folgen für ihn immer mitgetragen – bis jetzt. Die „in einer Nacht-und-Nebel-Aktion“ geänderte Verordnung empfindet er als Willkür, mit der Umsetzung und den Folgen fühlt er sich allein gelassen. Umso ärgerlicher, als er gerade erst viel Zeit und Geld in ein Hygienekonzept gesteckt hat, das Hallensport den Winter über möglich machen sollte.
Ordnungsamt war nicht informiert
Die neue Vorgabe von Donnerstagnacht kam so überraschend, dass am Freitagmorgen noch nicht einmal das Ordnungsamt der Stadt Bescheid wusste. Dort hatte sich der Tennishallenbetreiber eine Auskunft erhofft, wie er an diesem Tag mit seinen Kunden umgehen soll. Wegschicken? Spielen lassen? Doch weder Behörden noch Sportverbände hatten am Morgen Antworten auf seine Fragen. „Ich kann doch nicht einfach einen Zettel an die Tür hängen und gehen“, klagt Hirsch. So verbrachten er und sein Team den Großteil ihrer Zeit damit, ihre Kunden über soziale Netzwerke, per Telefon oder E-Mail über das Aus zu informieren.
Doch der Frust der großen und kleinen Sportler über geplatzte Matches oder abgesagtes Training verblasst angesichts der Probleme, die sich für den Unternehmer Manuel Hirsch auftun. Bereits beim Lockdown im Frühjahr war die Sporthalle 16 Wochen zu – die Hälfte der Zeit, in der das Hallengeschäft läuft. Staatliche Hilfe hat Hirsch in dieser Zeit bekommen – „aber das reicht für drei Wochen“, so der 38-Jährige. Schließlich kostet der 8000 Quadratmeter große Sport- und Freizeitpark Unterhalt, auch wenn niemand dort spielt.
Wie reagieren die Angestellten und die Kunden?
Zwölf Trainer arbeiten für Hirsch, einige festangestellt, doch die meisten freiberuflich. Die Schließung bedeutet für die Angestellten Kurzarbeit, die Freiberufler müssen sich sich nun selbst um staatliche Hilfen bemühen oder sich einen anderen Job suchen. Deshalb ist eine der großen Sorgen von Hirsch die Frage, ob er mit all seinen Trainern planen kann, wenn er wieder öffnen darf.
Die andere große Sorge sind seine Kunden. Viele hatten bislang Abonnements – doch wer bindet sich noch längerfristig, wenn unklar ist, ob oder wann Sport überhaupt möglich ist? Und nur mit spontanen Buchungen lässt sich eine Sporthalle nicht geschäftlich sinnvoll betreiben. „Das ist nicht kalkulierbar.“
BSLV kritisiert Gesundheitsministerium
Harsche Kritik kommt derweil vom Bayerischen Landes-Sportverband BLSV, der Dachorganisation des Sports in Bayern, der von der Entscheidung des Bayerischen Gesundheitsministeriums ebenfalls überrascht wurde. BLSV-Präsident Jörg Ammon: „Diese Entscheidung ist aus unserer Sicht eine kurzfristige Maßnahme ohne Ziel und ein falsches Signal in dieser schwierigen Zeit. Wir haben für diese überhastete Maßnahme kein Verständnis.“ Deshalb fordert der Verband die Bayerische Staatsregierung auf, diese Entscheidung dringend zu überdenken.
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Hintergrund: Freistaat macht wegen Gleichbehandlung alle Indoor-Sportstätten dicht
Seit Freitag müssen wegen der Coronakrise so gut wie alle Indoor-Sportstätten in Bayern geschlossen bleiben – nur Schul- und Profisport sind in Innenräumen weiter erlaubt. Hintergrund für die Neuregelung ist eine kurz zuvor ergangene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
Dieser hatte unter Verweis auf das Gleichheitsprinzip die Schließung von Fitnessstudios aufgehoben, weil auf der anderen Seite sonstige Sportstätten für Individualsport geöffnet seien. Deshalb hat das Gesundheitsministerium umgehend die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geändert, um die „geforderte Gleichbehandlung“ herzustellen, wie es heißt.
In der Nacht auf Freitag wurde die geänderte Verordnung veröffentlicht, in der nun generell „der Betrieb und die Nutzung von Sporthallen, Sportplätzen, Fitnessstudios, Tanzschulen und anderen Sportstätten“ untersagt wird. Plätze unter freiem Himmel dürfen „allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands“ genutzt werden.