UNTERFERRIEDEN – Nach dem Tod von Benjamin Taft kehrt der SV Unterferrieden gegen Höhenberg auf den Platz zurück. Torjäger Alexander Haas gewährt seelische Einblicke.
Als Alexander Haas knapp zehn Minuten vor dem Ende der Partie zwischen dem SV Unterferrieden und dem SV Höhenberg den 2:1-Siegtreffer erzielt hatte, war alles wie immer. Jubel bei den Hausherren samt Anhang über die drei Punkte, Enttäuschung bei den Gästen, die als Schlusslicht im Tabellenkeller festsitzen. Aber es war freilich nichts wie immer.
In Unterferrieden und weit darüber hinaus haben sie den tragischen Verlust von Benjamin Taft noch lange nicht verarbeitet. Der Spielertrainer des SVU war am 4. Oktober im Alter von 33 Jahren verstorben. Seitdem hat der Ball in Unterferrieden geruht, das Spiel gegen Höhenberg war das erste für die Mannschaft nach der mehrwöchigen Pause.
Alexander Haas ist nicht nur der Torjäger der ersten Mannschaft des SV Unterferrieden, er ist auch rhetorisch bewandert. Weshalb er in der auf mehrere Schultern verteilten Fußballabteilungsleitung auch für den Part der Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
Zusammen mit Valentin Breyer, ebenfalls in der Abteilungsleitung tätig und laut Haas „unser Mann für alles“, kommt er wenige Minuten nach dem Schlusspfiff der Bitte nach, über die zurückliegenden 90 Minuten und vor allem die Tage und Wochen zuvor zu reden. Und beide kommen der Bitte bereitwillig nach, vor allem Alex Haas redet ausführlich. Auch wenn er sagt, ihm fehlen eigentlich die Worte für das Geschehene, den Tod des Trainers und Freundes Benny Taft: Der subjektive Eindruck ist, dass sie der 25-Jährige doch findet. Also erzählt er.
Über das lustige Telefonat, dass er noch mit Benny Taft geführt hat, als dieser nach dem im Spiel gegen Berngau Ende September erlittenen Herzinfarkt im Neumarkter Krankenhaus eigentlich schon auf dem Wege der Besserung war. „Er hat schon wieder Sprüche geklopft“, erinnert sich Haas, „und er hat gefragt, wie es mir und uns geht, sich nicht über seine Situation beklagt. Er war einfach ein Wahnsinnstyp.“ Das war am Samstag, die Aussicht auf baldige Entlassung war da. Am Montagmorgen war Benjamin Taft tot. Der ganze Amateurfußball in der Region stand unter Schock, der 33-jährige Taft war kein Unbekannter. Auf der Facebook-Seite des SVU kamen Beileidsbezeugungen von allen Seiten, auch vom SC Großschwarzenlohe, wo Taft vor seinem Wechsel im Frühsommer ins Nürnberger Land jahrelang fußballerisch zu Hause war.
Unterstützung von allen Seiten
Etwas Positives kann man in diesem Zusammenhang freilich nicht nennen, besonders erwähnenswert fanden Alex Haas und Valentin Breyer aber dennoch die Unterstützung, die von allen Seiten kam. In den umfangreichen Regelwerken des Bayerischen Fußball-Verbands sind solche tragischen Fälle nicht vorgesehen, Breyer berichtet aber vom Entgegenkommen, dass sie von Verbandsseite gezeigt hätten. Gruppenspielleiter Siegmund Toll hat die Partien abgesetzt, die Kicker in Unterferrieden und ihr Umfeld sollten ihre Trauerzeit bekommen.
Vier Spiele fanden in diesem Zeitraum nicht statt, wozu es auch die Zustimmung des Gegners gebraucht hat. Vollstes Verständnis hätten auch die gezeigt, namentlich der FC Deining, der ASV Neumarkt II, der TSV Winkelhaid und der TSV Pyrbaum. „Der ASV Neumarkt hat mich sogar angerufen und die ganze Mannschaft zu einem Bayernliga-Heimspiel eingeladen, wenn wir es denn wollen, das fand ich eine tolle Geste“, berichtet Alex Haas.
Vollstes Verständnis haben sie in Unterferrieden auch selbst gezeigt, denn Patrick Heyn, der vor Saisonbeginn das Traineramt mit Taft übernommen hatte, hat dieses abgegeben. „Benny war sein bester Kumpel, er packt das alles nicht und hat keinen Kopf für Fußball“, sagen Haas und Breyer, „das ist für uns völlig o.k., er kann sich jederzeit bei uns melden.“
Am Freitag vor einer Woche haben sie sich zu einem ersten freiwilligen Training mit nachfolgendem Mannschaftsabend getroffen. Die Leitung dieses Trainings haben nun vorerst Alex Haas und Kapitän Max Hirschmann übernommen. In den nächsten Tagen wollen sie sich beim SVU beraten, wie es weitergehen soll. „Macht es jetzt Sinn, einen Trainer zu holen, und wie würde der mit der Situation klarkommen. Oder regeln wir das bis zur Winterpause intern?“, diese Fragen stellen sich Haas und Breyer sowie ihre Mitstreiter.
Fragen, die in den letzten Tagen noch nicht in den Vordergrund gedrängt haben. „Es ging erst mal darum, ob jeder wieder Fußball spielen kann und will. Ich war vor dem Spiel selbst so nervös wie noch nie, die Anspannung war schon da in der Kabine. Wir haben uns nach dem Schwächsten im Glied gerichtet, wenn einer gesagt hätte, er kann das nicht, hätten wir nicht gespielt“, sagt Alex Haas, „denn die Mannschaft zählt. Das ist das, was Paddy und Benny uns beigebracht haben. Und das wollen wir fortführen.“
Von Mathias Hochreuther