Asylproblematik war Thema der Rückersdorfer Weihnacht

Willkommenskultur hat etwas mit Fest der Liebe zu tun

Bei der Rückersdorfer Weihnacht kombiniert Günter Hessenauer (2. v. links) Traditionelles und Aktuelles in Mundart. Foto: Kohl
Bei der Rückersdorfer Weihnacht kombiniert Günter Hessenauer (2. v. links) Traditionelles und Aktuelles in Mundart. Foto: Kohl2014/12/94022_RueckersdorferWeihnacht2014ko_New_1419188464.jpg

RÜCKERSDORF — Wie war das nochmal mit Maria und Josef? Sie haben vor über 2000 Jahren keineswegs aus freien Stücken einen beschwerlichen Weg auf sich genommen und wurden am Ziel von potenziellen Quartiergebern abgewiesen. Darum musste Jesus das Licht dieser Welt in einem Stall erblicken. Daran erinnerte gestern die „Rückersdorfer Weihnacht“ auf volkstümliche Weise.

Sie hat auch im 21. Jahr nichts von ihrer Faszination verloren, zumal jedes Mal aktuelle Ereignisse in die biblische Geschichte eingebaut werden. Diesmal war es die Situation von Flüchtlingen, die auch Rückersdorf bald ganz konkret betreffen wird.

Volkstümlich in gutem Sinne ist dieser besondere Adventsgottesdienst in der Sankt-Georgskirche. Da wird mit Musik und Gesang von Jung und Alt auf Weihnachten eingestimmt. Auch gestern beeindruckte wieder der Klangzauber der „Pegnitztaler Sängerinnen“ und des Kinderchors „Cantabini“, ebenso Flöten- und Orgelmusik. In diesem Gottesdienst predigt kein Pfarrer, stattdessen trägt Günter Hessenauer mit Unterstützung von Philipp Schmid Mundart-Texte vor, die anschaulich das Damals mit dem Heute verbinden.

Höhepunkt ist die Diskussion des Althirten Martin mit dem Hüterboum Schorsch auf dem Weg zur Krippe. Alteingesessene Rückersdorfer können Hessenauers Texte leicht verstehen und in lebendige Bilder umsetzen – oft besser als in gespreizt wirkendem Hochdeutsch. Auch den Menschen, die im 20. Jahrhundert als Flüchtlinge hierher kamen, macht diese Sprache keine Mühe.

Aber ist daraus zu folgern, dass die Flüchtlinge von heute und morgen sich sofort der hiesigen Sprache anpassen können? Dürfen wir von ihnen fordern, das zu tun? Sie kommen ja aus vielerlei Ländern. Das war ein Aspekt der Geschichte, die gerade auch in Bezug auf den Zustrom von Asylbewerbern und die nicht immer offenen Arme der Einheimischen im Nürnberger Land eine klare Botschaft transportierte: „Zu dem Kind in der Krippn kann jeder kumma. Bei dem Kind hat kanner ein‘n Migrationshintergrund.“

Hier eine gekürzte Originalpassage aus der Rückersdorfer Weihnachtsgeschichte, wie sie Günter Hessenauer vortrug:

„Der Althirt Martin hat den Hüterboum Schorsch g‘frouchd: „Kennst du die Leut da vorn? Dös sin kane Rückersdorfer.“ – „Wahrscheinli sin dös neue Asylsuchende oder Flüchtling‘, hat der Schorsch als Antwort geb‘n. „Alle Erstaufnahme-Einrichtunga in der ganzn Region solln ja überfüllt sei. Etz souchns aa in Rückersdorf Gemeinschaftsunterkünfte und Wohnungen für solche Menschn.“

Dou hat etz aa der Althirt Martin mitredn könna: „Ja, ich hab g‘hört, dass etz dou in Rückersdorf a paar Häuser baua für 66 Asylbewerber. Aber es gibt überall im Land Leut, däi wou maaner, dass die Zuwanderung vo Menschn aus‘m Ausland langsam zu viel werd. Ich hob aa mietkräicht, dass weiter drom im Pengertztal, in Vorra, sugar geplante Asylunterkünft an‘zünd‘ ham. Dös is a Sauerei!“

Dou drauf hat der Schorsch gmaant: „Aber redn mou ma über dös alles. Drum gäih i aa nexte Wochn zu der Versammlung vo der AfR beim Fiischwärt.“ Der Martin hat g‘stutzt: „AfR. Wos isn dös scho widder?“ „AfR: dös is die ‚Alternative für Rückersdorf‘. Bei dera Versammlung werd ich aa mei Meinung sagn: Ich persönlich maan nämli, dass däi zoug‘wandertn Ausländer Fränkisch lerna mäin. Sonst klappt dös mit der Integration net. Aa dahamm in der Familie sollns mitanander Fränkisch redn.“

Der Martin hat den Kupf g‘schüttlt: „Dass däi – wenn‘s bei uns z‘recht kumma wolln – die Sprouch vom Gastland lerna und aa praktiziern mäin, is kloar. Aber, Schorschla, was du über dös Redn in der Familie g‘sacht hast, is a G‘schmarri! Dou handlt sichs doch um Menschn, däi flüchtn ham mäin. Däi ham ihr‘Heimat verlurn! Dös anziche Stückla vo der Heimat, was‘s mitnehma ham könna, is ihr Muttersprouch. Und die willst du ihna nehma! Wos tätst denn du sagn, wenn wir Zwaa irgendwo im Ausland wärn. Und dou tätens uns verbietn, dass wir miteinander Fränkisch redn! Däi Menschn, wou aff Herbergssuche zu uns kumma, braung net blous Essn, Trinkn und Schloufn. Däi braung dös G‘fühl, dass‘s dou ba uns als Menschn angnomma und in Sicherheit sin.“

Der Hirte wird sehr nachdenklich: „Wenn ich den Engl vurhin richti verstandn hab, is heut wos g‘schehn, wos für alle Menschn aff der Welt die Lösung wär. D‘rum sin‘ wir Hirtn ja aufm Weg zu dem, der total gegen Flucht und Vertreibung is. Und der den Friedn machen kann und will – bei den Menschen seines Wohlgefallens. Zu dem Kind in der Krippn kann jeder kumma. Bei dem Kind hat kanner ein‘n Migrationshintergrund.“

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