Wenn selbst Arbeit nur in die Armut führt

Erhitzte Gemüter beim Diskutieren (von links): Eduard Schottenhammer, Gerd Reinhardt, Stefan Doll, Moderatorin Marianne Haller, Karl Richard Jäger, Thomas Beyer und Michael Groß. Foto: Seuser
Erhitzte Gemüter beim Diskutieren (von links): Eduard Schottenhammer, Gerd Reinhardt, Stefan Doll, Moderatorin Marianne Haller, Karl Richard Jäger, Thomas Beyer und Michael Groß. Foto: Seuser2012/02/38079_spdroethenbacharmutsbericht_New_1328886364.jpg

RÖTHENBACH — „Auch in Röthenbach gibt es Armut. Und es kann nicht sein, dass man nur rein zufällig davon erfährt“, meint Eduard Schottenhammer, Vorsitzender des DGB-Ortskartells. Er war einer der Teilnehmer bei einer von der SPD veranstalteten Podiumsdiskussion im Foy­er der Karl-Diehl-Halle. Es ging um Konsequenzen aus dem Armutsbericht des Landkreises.

Auf Schottenhammers Initiative hin hatte das Ortskartell schon 2008 die Forderung nach einem Sozialbericht aufgestellt. Der 2011 erschienene Bericht liefert einen aktuellen Überblick über die soziale Lage im Nürnberger Land, angefangen bei der Bevölkerungsentwicklung über die Beschäftigungszahlen bis hin zu Arbeitslosigkeit und Sozialleistungen. Dabei darf der Bericht – darüber ist sich das Plenum einig – aber nicht als reine Faktensammlung in der Ablage verschwinden, sondern muss als Grundlage für Initiativen dienen.

Der DGB-Regionsvorsitzende Stefan Doll brachte das Thema „Prekarisierung“, also die stetige Zunahme von Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich, auf den Tisch, was zu einem verfälschten Bild der Beschäftigungsverhältnisse führe. Denn Minijobs, Leiharbeit & Co. seien sozialversicherungsfrei und führten bei langfristiger Ausübung auf direktem Weg in die Altersarmut. Auch Karl Richard Jäger, stellvertretender Kreisvorsitzender des Sozialverbands VdK, warb für mehr Aufklärung und eine bessere Beratung hinsichtlich der dadurch stark verminderten Rentenanwartschaft.

Über das Problem des immer knapper werdenden günstigen Wohnraums in den Städten entrüstete sich Gerd Reinhardt vom Sozialverband Deutschland: „Altenheime werden zunehmend auf dem Land gebaut, weil dort die Grundstückspreise niedriger sind. Das heißt, wir sperren unsere Alten weg!“ Er wie auch Caritas-Geschäftsführer Michael Groß sprachen sich für eine bessere soziale Integration der Senioren aus, lobten jedoch die Gemeinden Lauf und Röthenbach, die mit zentrumsnahen Wohnheimen, mehreren Sozialstationen und Treffpunkten, wie zum Beispiel dem Mehrgenerationenhaus, ein gesellschaftliches Miteinander fördern.

Darüber hinaus erläuterte Groß das Konzept der „Sozialraumorientierung“, dessen Ziel es ist, die Vielfalt der Hilfsangebote, angefangen bei der Familie über die Freunde und Nachbarn bis hin zu sozialen Dienstleistern, intelligent miteinander zu kombinieren, sodass stationäre Lösungen vielleicht oftmals gar nicht nötig seien.

Hitzige Diskussion

Marianne Haller, die Moderatorin, musste die Herren im Plenum einige Male unterbrechen und mitunter sogar besänftigen – so viel Diskussionsstoff lieferte das Thema. Nachdem der Henfenfelder Landtagsabgeordnete Thomas Beyer gegen Ende noch einmal darauf hingewiesen hatte, dass nachfolgende Berichte weitere Themen (etwa Migration und Alleinerziehende) und eine stärkere Differenzierung beinhalten müssten, ergriff Eduard Schottenhammer die Gelegenheit beim Schopf und forderte eine „Umsetzungskommission“, für die sich spontan fast alle der Diskutanten anboten. Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe soll nun alle zwei Monate ein Thema des Sozialberichts abgehandelt werden.

Julia Seuser

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