NÜRNBERGER LAND – Die Zeitumstellung in Europa soll in zwei Jahren abgeschafft sein. Das hat das Europäische Parlament vor wenigen Tagen beschlossen. Sofort nach dem Beschluss tauchten Fragen auf: Wird man sich EU-weit auf eine Zeit einigen können? Und vor allem: Wollen die Deutschen mehrheitlich die Sommer- oder die Winterzeit? Der Bote hat sich umgehört.
Schon die Jüngsten leiden durch die verlorene oder zusätzliche Stunde. „Ein bis zwei Wochen dauert die Umstellung schon“, kann Ulrike Jahn, Kindertagesstätten-Leiterin der Ezelmäuse in Ezelsdorf, bestätigen. Die Erzieher müssen sich tatsächlich bei der Planung des Tagesablaufs darauf einstellen, dass die Kinder anfangs ein bisschen neben sich stehen. „Die ganz Kleinen legen wir dann zum Schlafen hin, wenn sie zu müde werden“, sagt Jahn, denn in der Kindertagesstätte gibt es ja auch Krippenkinder.
Und bei den Größeren merkt man natürlich, dass sie zur Sommerzeit abends nicht ins Bett zu bringen sind, wenn es noch lange hell draußen ist. Dem viel geäußerten Wunsch, man möge doch die Sommerzeit dauerhaft beibehalten, kann sie sich nicht anschließen. „Manche unserer Kinder kommen ja schon um 7 Uhr, da ist es dann eigentlich schöner für sie, wenn es schon hell ist.“ Daher plädiert sie für ein Beibehalten der Winterzeit, die ja die normale ist.
Müdigkeit am Zeitungsrohr
Besonders Berufstätige im Schichtdienst fehlt die eine Stunde bei der Umstellung auf die Sommerzeit. Wie Alexandra Frey. Die Feuchter Zeitungsausträgerin steht in der Regel zwischen 0 und 0.30 Uhr auf, wenn andere sich gerade erst zur Ruhe legen. Da wird es am Montag besonders hart, wenn sie eine Stunde eher ins Bett und eine Stunde eher aufstehen muss. Zum Ausgleich versucht sie, nach dem Austragen am Morgen noch einmal ein bisschen Schlaf gutzumachen.
Die Müdigkeit ist das Hauptproblem für die 49-Jährige. Weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen spürt sie nicht. „Hart ist es aber an den Tagen, an denen ich noch meinem zweiten Job nachgehe“, versichert sie. Denn zweimal in der Woche arbeitet sie auch tagsüber. Kein Wunder, dass sie sich wünscht, dass die Zeit immer gleich bleibt, am liebsten dauerhaft in der Winterzeit.

Milchkühe werden sanft umgestellt
Wie hart ist es für die Nutztiere auf dem Bauernhof, wenn sie plötzlich eine Stunde früher gemolken werden? Es heißt, dass durch eine abrupte Vorverlegung der Melkzeiten Kühe weniger Milch geben. Deshalb macht man das auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Horst Kraußer in Wallersberg auch nicht. „Wir mitteln da ein bisschen“, erklärt Gerlinde Kraußer. Das heißt, die 50 Milchkühe werden nicht gleich eine Stunde früher gemolken, sondern stufenweise jeden Tag ein bisschen eher, bis man die verlorene Stunde eingeholt hat.
Ansonsten ist die Landwirtin gar nicht so schlecht auf die Sommerzeit zu sprechen. Die Umstellung macht natürlich zu schaffen, aber sie findet es schön, wenn es abends länger hell bleibt, vor allem, seit man den Umstellungstermin auf die Winterzeit von September in den Oktober verschoben hat. „Man hat einfach mehr Zeit, um mit der Arbeit fertig zu werden“, resümiert sie und hofft daher auf eine dauerhafte Sommerzeit, auch für sich persönlich.
Plädoyer für Sommerzeit
Nie viel gemerkt hat Sabine Dannich, Schulleiterin der Grundschule Schwarzenbruck, von der Zeitumstellung in ihrer Einrichtung. Auch hätten die Kinder nie von sich aus das Thema angesprochen. „Allerdings hat sich generell auch bei den Grundschulkindern das Leben offensichtlich mehr nach hinten verlagert.“ Unabhängig von der Einführung der Sommerzeit seien die Kids früh um acht noch nicht richtig da, weswegen man in der ersten Stunde gar keine Proben mehr schreibt. Würde sie daher lieber dauerhaft die Winterzeit beibehalten? „Nein, denn während der Sommerzeit nutzen viele Eltern die längere Helligkeit für Aktivitäten wie Sport mit ihren Kindern“, berichtet sie. Da in vielen Fällen beide Elternteile berufstätig sind, ist der gemeinsame Freizeitbereich auf den Abend beschränkt. Und wenn es draußen noch hell ist, sind die Möglichkeiten einfach vielfältiger.
„Kann den Hype nicht nachvollziehen“
Schwester Susanne Haller, die Hausleitung vom Betreuten Wohnen in Haus Waldenstein in Altdorf, kann „diesen Hype nicht nachvollziehen“. Sie ist der Meinung, dass das Thema unnötig hochgespielt wird und die Nachteile bei der Umstellung absolut beherrschbar seien. Die Patienten im Heim seien ausschließlich ältere Leute und manchmal nicht mehr so orientiert, da gebe es sowieso wenig Probleme.
Das Pflegepersonal müsse natürlich bestimmte Dinge beachten, zum Beispiel wenn ein gewisser Injektionsrhythmus eingehalten werden muss oder wenn der Nachtdienst bei der Umstellung im Herbst eine Stunde länger arbeiten und das dann zusätzlich in die Zeiterfassung eingeben muss. Allerdings ist es oft schwer, den älteren Herrschaften zu vermitteln, ob die Uhr nun eine Stunde vor- oder zurückgestellt werden muss. Dies habe man jeweils in der Hauszeitung den Bewohnern ausführlich erklärt.
Sie persönlich freut sich auf die Sommerzeit. „Es ist doch schön, wenn ich um 17 Uhr das Haus verlasse und die Sonne steht noch so hoch wie um 16 Uhr.“ Dass es für manche Bevölkerungsgruppen durchaus schwierig sein kann, sich umzustellen, sieht sie allerdings ein. Familien mit sehr kleinen Kindern hätten es dann schwer oder Bewohner des hohen Nordens, bei denen es bei dauerhafter Sommerzeit im Winter erst am Vormittag so richtig hell wird.