LAUF — Eine adrette Abendmusik im romantischen Ambiente des Laufer Spitalhofs? Dieses Jahr, als die Volkshochschule Unteres Pegnitztal wiederum in den Laufer Spitalhof zur Serenade einlud, war alles anders.
Mit ihrem Motto „Swinging’ Classic“ war es eine Serenade der Kon-traste schlechthin: Zwei Spielstätten, erst kurz der romantische Spitalhof, dann (unfreiwillig) die eher sachliche Bertleinaula. Auch zwei vom Repertoire – und auch vom Alter her – recht unterschiedliche Klangkörper: Der mittlerweile vertraute Verbund des Kammerorchesters der VHS Lauf mit der Orchestergemeinschaft Hersbruck unter der Leitung von Friedemann Pods, danach die Big-Band des CJT-Gymnasiums Lauf unter der Leitung von Harald Prucker. Und auch die Musik selbst voller Kontraste: Musik vom barocken England über die Spätromantik in Norwegen bis ins 20. Jahrhundert in Mitteleuropa und in Nordamerika.
Es tröpfelte mitunter leicht auf Stühle und Pflaster im Spitalhof, als nach kurzer Begrüßung durch Friedemann Pods, den traditionellen „Produzenten“ dieser Veranstaltung, bereits verbunden mit einer angedeuteten Umzugsankündigung der Abend mit einer barock festlich heiteren Tanzsuite (The Shepherd’s Lottery) des Engländers William Boyce (1711-1779) eröffnet wurde. Der Komponist gilt als einer der wenigen englischen Komponisten seiner Zeit, die einem Vergleich mit ihren kontinentalen Kollegen standhalten. Es gelang ihm, sich vom „verführerischen Einfluss“ des englischen Deutschen G. F. Händel weitgehend frei zu halten.
Regen zwang zum Umzug
Mit dem „Umzug“ in die Bertleinaula, nachdem Regen den schutzlosen Musikern weiteres Spiel im Spitalhof unmöglich machte, ging auch die musikalische Reise weiter von England nach Norwegen. Edvard Grieg (1843 – 1907), Sohn eines reichen Kaufmanns und britischen Konsuls in Bergen, hatte es anfangs schwer, sich mit seiner Musikliebe zu „outen“. Heute ist er anerkannt und geliebt als Musiker der skandinavischen Romantik, als Schöpfer so bekannter Suiten wie „Peer Gynt“ und „Aus Holbergs Zeit“. Bezeichnend für ihn ist der häufig melancholische Charakter seiner Musik. So auch seine zwei elegischen Melodien op. 34 aus dem Jahre 1880, mit denen die in erstaunlicher Zahl mitgezogenen Zuhörer ins weitere Konzert in der Bertleinaula eingestimmt wurden.
Vorliebe für seltene Taktarten
Vom Norden ins pralle Mitteleuropa, in eine Lebensspanne um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert: Hier lebte und wirkte der wahre Kosmopolit Paul (Pawel Fjodorowitsch) Juon (1872 – 1940), ein aus der Schweiz stammender russischer, die meiste Zeit seines Lebens jedoch in Deutschland lebender Komponist und – vor allem – Lehrer. Wohl deswegen, gleichwohl zu Unrecht ist der Spätromantiker Juon heute nahezu unbekannt. Er hinterließ dennoch ein beachtenswertes vielfältiges kompositorisches Werk, wobei seine Vorliebe für seltene Taktarten und häufige Taktwechsel bei den Musikern etwas „gefürchtet“ ist wie Pods schmunzelnd bemerkt. Aus seinen Werken für Streichorchester hatte er op. 85 ausgesucht, eine „kleine Serenade (für Schülerorchester)“, ein „Kinderstück „also für das routinierte Erwachsenenorchester.
Dem Sprung nach Amerika für den ganzen weiteren Abend entsprach auch auf der Bühne die Verstärkung durch die CJT-Bigband. Klangstark, festlich bis fetzig war das zusammen intonierte Stück, die „Selections from „West Side Story“ von Leonard Bernstein (1918 – 1990). Bernstein, der seine musikalische Ausbildung an der renommierten Harvard-University erhielt, war mindestens ebenso wie Juon Kosmopolit. Dies sowohl hinsichtlich der Vielfalt seines umfangreichen Werkes, das Kammermusik, Klaviermusik und Bühnenwerke ebenso einschließt wie seine legendären Musicals, als auch hinsichtlich seines universellen Musikrepertoirs und des globalen Aktionsradius als Dirigent.
Nach der Pause gehörte der CJT-Big-Band die Bühne allein: „Angesagt“ waren Jazz, Swing, Latin und Rock im Big-Band-Sound, der Schauplatz Nordamerika blieb der Gleiche. Eine starke Musik mit perfekter Intonation, souverän gespielte Solis, stimmig gute, recht authentische Gesangseinlage (Victoria Reich). Es erklangen vor allem Stücke , die dem Swing zuzuordnen waren, darunter solche von Sammy Nestico, einem der größten Arrangeure für Bigbandstücke, oder vom legendären Duke Ellington, der allein über 100 Jazzstandards schrieb.
Dargeboten wurde alles von Schülern, die Musik zu ihrer Freizeitangelegenheit – trotz G8-Beanspruchung – machen, die sich der Musik verschrieben haben, sowie erarbeitet und geleitet von Harald Prucker. Er, der alles andere als Musik am Gymnasium lehrt, hat „seine Big-Band“ zu seiner großen und erfolgreichen Aufgabe und Herausforderung gemacht.
Keine Grenzen zwischen U und E
Mit dieser Serenade der Kontraste zeigten die beiden Klangkörper, die beiden Dirigenten und „Macher“ des Abends, dass gute Musik keine „E“-„U“-Kategorien und -grenzen kennt. Es sind nur belebende Kontraste. Dies spürten auch die Serenaden-Gäste und dankten mit viel Applaus für das Konzert. Mit einem „Good Feeling“, so eine der Zugaben, gingen die Zuhörer nach Hause.