NÜRNBERG — «Meine Beine haben vor Aufregung so gezittert, ich hoffe, man hat das nicht gesehen»: Trotz ihrer großen Aufregung hat Judith Geissler aus Günthersbühl am Dienstagabend ihr Duett mit dem Jazz-Barden Roger Cicero in der ausverkauften Nürnberger Meistersingerhalle glänzend gemeistert. Die beiden ernteten stehende Ovationen.
«Star for a Day»: Unter diesem Titel hatte Roger Cicero 44 Frauen für ein Duett gesucht, für jede Station seiner Tournee eine. «Aus Spaß» hatte die 19-jährige Lauferin ein Video von sich eingeschickt – und prompt gewonnen (wir berichteten).
Bis Judith am Dienstag zu Cicero auf die Bühne durfte, hatte sie zunächst Zeit, sich die erste Hälfte seines Konzerts anzusehen. Konnte miterleben, wie das Publikum – meist euphorische Frauen jeden Alters und wissend lächelnde Herren dazu – jedes von Ciceros Liedern schon nach den ersten Takten begeistert mitsang.
Man mag Roger Ciceros poppigen Schmuse-Jazz mögen oder nicht, seine musikalische Qualität und die seiner Bigband sind unstrittig: Seine Ausbildung hat der Sohn des berühmten Jazz-Pianisten Eugen Cicero an renommierten Konservatorien erhalten. Und eines kleinen Schmunzelns kann sich wohl der ärgste Kritiker nicht erwehren, wenn der Barde die Widrigkeiten des Zusammenlebens von Mann und Frau besingt. Schon der Titel «Das ist nicht, wonach es aussieht» spricht Bände, ganz zu schweigen von der Textzeile: «Gut, sie ist heut Nacht in mein Bett gekrochen, ich dachte, sie wäre du, sie dachte, ich wäre Jochen.»
So kochte die Stimmung in der Meistersingerhalle bereits, als Judith die Bühne betrat. Im Publikum saßen unter anderem ihre Eltern – Vater Paul Geissler hat mit den «Günthersbühler Trämps» selbst jede Menge Bühnenerfahrung – und ihre beiden Schwestern, die ebenfalls singen.
Vor ihrem eigenen Auftritt hatte Judith Geissler eine hochprofessionelle, mitreißende Show von Cicero und seiner Band erlebt. An deren Höhepunkt kurz nach der Pause durfte sie dann selbst mitwirken: «Seine Ruhe» heißt das Lied, bei dem die 19-jährige Lauferin mitsingen durfte. Zwar spielte sie darin eine nicht gerade schmeichelhafte Rolle, nämlich die der Ehefrau, die ihren Mann bei der Scheidung abzockt. Über ihre gesangliche Leistung aber gab es nichts zu meckern: Trotz zitternder Knie füllte die jüngste der Geissler-Schwestern den Saal mit ihrer beeindruckenden Stimme, die viele Laufer längst von ihren Auftritten in der Realschule, mit den Musikfreunden, am Altstadtfest oder ihrer Band «The Reporters» kennen.
Roger Cicero hatte Judith bereits am Nachmittag vor dem Konzert kennenlernen dürfen. «Er hat sich sehr viel Zeit genommen, wir haben uns toll unterhalten und zusammen gegessen. Er ist wirklich sehr nett, und seine Band auch», erzählt sie.
Von Nürnberg, wo er zum ersten Mal spielte, war Cicero sichtlich begeistert: «So was wie heut hab ich echt noch nie erlebt», sagte er angesichts der lautstarken und ausdauernden «Zugabe»-Forderungen. Vor lauter Freude darüber vergaß er gleich darauf gar den Text seines größten Hits «Frauen regieren die Welt». Hauptsache, Judiths Text saß einwandfrei.