18 Tagespflegeplätze geplant

Lauf baut ein Demenzzentrum

Ein 3D-Modell zeigt den aktuellen Entwurf des Demenz-Tagespflegezentrums der Stadt Lauf. Teil des Gebäudes sind ein großer Aufenthaltsraum mit Küche sowie Räume für Gymnastikstunden, Ruhepausen und Gruppenseminare. | Foto: Andrea Beck2021/08/Seniorenzentrum-Lauf-ab-2023-Perspektive-von-Richard-Knauer-scaled.jpg

LAUF – Die Anzahl der Demenzpatienten wird in Lauf bis 2030 um 26 Prozent steigen. Das hat eine Bedarfsermittlung des Landkreises im Sommer 2020 ergeben. Damals begann die Stadt über mögliche neue Einrichtungen nachzudenken und es traf sich günstig, dass die Lauferin Kristina Diehl, Wissenschaftlerin am Uniklinikum Erlangen, genau zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Idee an die Stadt herantrat: den Bau eines Tagespflege-Demenzzentrums mit ganz besonderem Konzept.

Es hatte langsam begonnen bei Gertrud Schneider aus Heuchling. Zunächst fallen ihren Angehörigen kleine Gedächtnislücken auf, dann fängt die 78-Jährige an, Fragen nach kurzer Zeit erneut zu stellen. Nach einigen Monaten erzählt sie ihrer Tochter Hannah von Einbrechern, die durch die Steckdosen ins Haus kommen. Ein Arztbesuch bestätigt die Vermutung der Familie: Gertrud Schneider ist dement.

Nach einem Jahr kann sie nicht mehr selbstständig leben und zieht zu ihrer Tochter. Hannah Schneider will ihre Mutter auf keinen Fall in ein Heim geben, doch die Familie ist mit der Situation überfordert, vor allem wenn Gertrud Schneider in ihren schlechten Phasen aggressiv wird. Dann stößt sie ihre Tochter oder ihre zwei Enkel von sich weg und faucht: „Ich kann das alleine!“

Fälle wie die der fiktiven Familie Schneider existieren zahlreich in Deutschland, im Nürnberger Land und auch in Lauf. In Bayern werden laut Landesamt für Pflege rund 70 Prozent der Demenzkranken von Angehörigen gepflegt. Diese erhalten Pflegegeld, doch sie sind keine Spezialisten für die Krankheit.

Hilfe für Patienten und Familien

Die Stadt Lauf wird nun ein Projekt angehen, um sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen zu helfen: eine Tagespflegeeinrichtung für Demenzkranke. „Senioren- und Angehörigenzentrum“ soll das Haus heißen, das nach jetziger Planung im Frühling 2022 in den Bau geht. Die Stadt hat als Standort ein Grundstück am Kehr in Lauf links gewählt, unter anderem aufgrund der Nähe zum Wald, indem die Betreuten spazieren gehen können.

Die Planer rechnen mit Baukosten von rund 1,25 Millionen Euro. Architekt ist Richard Knauer, Fachgebietsleiter im Laufer Bauamt, und Bauherr ist die Glockengießer Spitalstiftung, die das Projekt übernommen hat, die Kosten aufbringen muss und das Zentrum an die Trägerfirma vermieten wird.
„Zurzeit warten wir noch auf die Baugenehmigung des Landratsamts, die wohl im September eingeht“, sagt Knauer.

Über den Winter will die Stadt weitere Planungen und die ersten Ausschreibungen erledigen, dann kann es losgehen. Die Bauzeit wird auf rund 1,5 Jahre geschätzt.

Das Zentrum ist als ebenerdiges Gebäude geplant, in dessen Mitte ein großer Aufenthaltsraum mit Küche Platz für Gruppentreffen und Seminare bietet. Räume für Gymnastikstunden, Ruhepausen und kleinere Gruppenstunden sind durch einen Flur verbunden. Umschlossen wird das Haus von einem großen Garten.

Eine Erweiterung über 18 Plätze ist möglich

Als Therapieform wird im Zentrum die MAKS-Therapie angewendet (siehe Hintergrund am Textende). Bisher sind 18 Betreuungsplätze vorgesehen, doch durch die Größe des Gebäudes ist eine Erweiterung denkbar. Die Angehörigen können die Patienten unter der Woche in das Zentrum bringen, das bis 17.30 Uhr für diese geöffnet ist.
Für die Tagespflege zahlen die Krankenkassen je nach Pflegegrad einen bestimmten Satz, den die Angehörigen mit einem kleinen Beitrag ergänzen müssen.

Betreuungsstätten wie dieses Demenzzentrum existieren bereits im Nürnberger Land, doch die Laufer Einrichtung ist besonders, denn sie fußt auf fünf Säulen: Das Konzept besteht nicht nur aus der Therapie für die Patienten, sondern auch aus der Fortbildung ihrer Angehörigen, der Ausbildung von Pflegekräften und der wissenschaftlichen Begleitung durch das Uniklinikum Erlangen. Zusätzlich werden die Räume am Abend für Veranstaltungen und Treffen mit dem Themenschwerpunkt „Seniorenunterstützung“ zur Verfügung gestellt.

Die Kombination dieser Punkte in einem ähnlichen Zentrum ist der Stadt Lauf in Mittelfranken und ganz Bayern bisher nicht bekannt. Die Stadt bezeichnet es deswegen als „Leuchtturmprojekt“, das möglicherweise Vorbild für andere Kommunen werden könnte.

Eine Lauferin hatte die Idee

Ideengeberin und zukünftige Geschäftsführerin ist die Psycho-Ger-ontologin Kristina Diehl, die am Uniklinikum Erlangen zu Demenz und MAKS-Therapie forscht. Für den Betrieb des Zentrums gründete sie kürzlich die gemeinnützige GmbH „Senioren- und Angehörigenzentrum – Mittendrin“.

Neben ihr werden sich eine leitende Pflegekraft und fünf weitere Pfleger um die Besucher kümmern. Diehl wird außerdem die Forschungsarbeit koordinieren und Seminare für Angehörige halten. „In unseren Seminaren können diese die Kommunikation mit dementen Menschen üben, ihr Verhalten verstehen und sich miteinander austauschen“, sagt Diehl.

Im September 2020 trat Diehl, die in Lauf wohnt, mit ihrer Idee an Bürgermeister Thomas Lang und den Seniorenbeauftragten Adolf Pohl heran. Zum richtigen Zeitpunkt, denn die Stadtverwaltung dachte da gerade über den Bau zukünftiger Senioreneinrichtungen nach. Eine Bedarfserhebung hatte ergeben, dass die Zahl der Demenzkranken in Lauf bis 2030 um 26 Prozent steigen wird.

Das Warten hat sich gelohnt

Doch trotz der Begeisterung von Verwaltung und Stadtrat ist der Plan erst seit Mitte August in trockenen Tüchern. Alles stand und fiel mit der Förderung durch das Landesamt für Pflege, ohne die der Bau nicht zu finanzieren ist. „Das betreffende Programm hat vier Mal so viele Bewerber, wie das Budget hergibt“, sagt Karin Wamser, Leiterin des Fachbereichs Wirtschaftsförderung in Lauf.

Deshalb war die Freude groß, als das Landesamt der Stadt den höchstmöglichen Betrag von 450 000 Euro zusagte. Der Rest der Kosten soll mit erhofften Zuschüssen des Landkreises und Krediten gedeckt werden. „Der Grund für die hohe Förderung ist sicherlich die Neuheit des Konzepts, inklusive Forschung“, sagt Wamser.

Demenz – ein Rätsel für die Medizin

Die Krankheit Demenz (vom lateinischen Begriff demens: unvernünftig, ohne Verstand) ist so alt wie die Menschheit. Ihre verbreitetste Form Alzheimer betrifft etwa 20 Prozent der Über-80-Jährigen in Deutschland. Unter anderem da die Menschen älter werden, steigt seit Jahren die Zahl der Patienten.

Für die Medizin ist die Krankheit trotz hoher Investitionen immer noch ein Rätsel, die Entwicklung von Medikamenten bisher erfolglos. Grund sind unter anderem die unzähligen Arten, Ursachen und Symptome von Demenz. Während Alzheimer beispielsweise durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn verursacht wird, ist die vaskuläre Demenz eine Folge von Durchblutungsstörungen im Gehirn.

Den Ärzten bleibt aktuell vor allem der psychosoziale Ansatz, um der Demenz entgegenzuwirken. Eine der Therapieformen ist die MAKS-Therapie (motorisch, alltagspraktisch, kognitiv, sozial), die zum Beispiel die Fähigkeiten der Patienten, sich in eine Gruppe einzufügen, und ihre Motorik, etwa in Form einer Sturzprophylaxe, fördert.

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