HERSBRUCK – „Gnade vor Recht“ ließ Richterin Lederer im Falle von Bernadette Süß (Name geändert) walten, weil diese zum Zeitpunkt der Verhandlung in „besonderen Umständen“ war. Trotzdem: Eine Lappalie, wie die Angeklagte behauptet, war ihr Verhalten gegen die Klägerin kaum.
Aber von vorne: Ein Bekannter schuldete Süß 120 Euro, auf deren Rückzahlung sie schon längere Zeit gewartet hatte. Sie suchte ihn in Begleitung eines Freundes auf, doch nicht er, sondern seine Mutter öffnete die Tür. Es entstand eine Diskussion zwischen den Frauen, die Mutter konnte nicht weiterhelfen. Süß beschimpfte sie als „Schlampe“ und drohte „Ich bring‘ dich um“. Daraufhin wurde sie aufgefordert, das Grundstück zu verlassen, was sie nicht umgehend tat. Die Staatsanwaltschaft klagt sie nun wegen Hausfriedensbruch, Beleidigung und Bedrohung an.
Im Affekt gehandelt
Bernadette Süß stimmt der Anklage zu, erklärt aber, dass sie aus dem Affekt gehandelt habe. Der Zorn habe dem Sohn gegolten, der ihr das Geld zum Monatsende hin versprochen habe und das noch immer nicht gekommen sei. Zwei Wochen später habe S. sich entschuldigen wollen, doch da habe keiner mehr aufgemacht.
Auf die Frage, warum sie nicht gleich der Aufforderung nachgekommen sei, das Grundstück zu verlassen, sagt sie, dass sie schon ein Vierteljahr auf die rund 120 Euro warte und sie derzeit jeden Cent brauche: Sie befinde sich nämlich in der 19. Schwangerschaftswoche. Die Staatsanwaltschaft hat keine weiteren Fragen.
Ihre Verteidigung erläutert die Umstände der Angeklagten: Die Eltern haben sich vor vielen Jahren getrennt, nur noch zum Vater hat sie unregelmäßigen Kontakt. Nach der Scheidung lebte sie in einer stationären Einrichtung, vor eineinhalb Jahren bezog sie zusammen mit ihrem Freund eine Wohnung. Die werdenden Eltern suchen bereits nach etwas Größerem wegen des Familienzuwachses. Beide beziehen Arbeitslosengeld, Süß ist gelernte Altenpflegefachhelferin. Zur finanziellen Lage kann sie keine Angabe machen, das betreue ihr Freund.
„Keine Glanzleistung“
Sie bezeichnet den Vorfall als Lappalie, wobei Lederer ihr klar macht, dass dies „keine Glanzleistung“ war, besonders nicht nach vier Einträgen im Bundeszentralregister. Die 19-Jährige sieht ein, dass ihr Verhalten nicht korrekt war und bereut dieses, was sich auch auf ihre Strafe auswirkt: Sie muss einen Entschuldigungsbrief an die Geschädigte handschriftlich verfassen, den das Gericht weiterleitet.
Für das milde Urteil sind unter anderem die „besonderen Umstände“ verantwortlich, sprich die Schwangerschaft, denn ab der 20. Schwangerschaftswoche ist ein Aufenthalt im Arrest nicht mehr möglich. Das Verfahren stellt Lederer ein. Aber sie mahnt Süß zum Abschied: „Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute, aber ich will Sie hier nicht mehr sehen. Sie werden jetzt Mutter und haben Verantwortung für ihr Kind zu tragen.“