LAUF — Sie fordert virtuelle Polizeiwachen und greift die „Symbolpolitik“ der CSU-Landesregierung an. Katharina Schulze, die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, war zu Gast im Alten Rathaus in Lauf und gab sich vor der Bundestagswahl im September kämpferisch.
Gekommen war die innenpolitische Sprecherin ihrer Landtagsfraktion zwar, um über das Thema „Die Freiheit sicher machen“ zu sprechen. Doch nach einem rund einstündigen Vortrag über die Themenfelder islamistischer Terrorismus, Rechtsextremismus und Cyberkriminalität ging es in einer anschließenden Diskussion mit den rund 40 Gästen auch um die Energiewende und grüne Koalitionspläne.
Die 32-Jährige sprach schnell, war diskutierfreudig und fand klare Worte. „Wenn Christian Lindner Außenminister würde, wäre das der Super-GAU“, so Schulze etwa über den Bundesvorsitzenden der FDP, der kürzlich dafür eintrat, die russische Annexion der Krim zu akzeptieren.
Als klare Absage an eine Zusammenarbeit mit der FDP war das allerdings nicht gemeint. Denn die Münchnerin warb zwar einerseits dafür, dass die Grünen wieder Regierungsverantwortung im Bund übernehmen müssten. Andererseits wollte sie sich vor Parteifreunden wie Laufs Bürgermeister Benedikt Bisping und der Grünen-Bundestagskandidatin des Nürnberger Landes, Gabriele Drechsler, nicht auf Koalitionspartner festlegen. „Wir reden mit allen außer mit der AfD“, so die 32-Jährige. „Wir kümmern uns darum, ein gutes Ergebnis einzufahren“, so Schulze kämpferisch, „drittstärkste Kraft ist unser Ziel.“
Wie das angesichts der Konkurrenz von Linkspartei, der wiedererstarkten FDP und auch der AfD funktionieren soll? Auch mit grünen Kernthemen. Schulze bekräftigte die Forderungen von Parteikollegen, 20 besonders klimaschädliche Stein- und Braunkohlekraftwerke möglichst bald abzuschalten sowie bis 2030 Verbrennungsmotoren in Autos bundesweit zu verbieten. Zudem forderte die 32-Jährige, die sogenannte 10H-Regelung abzuschaffen. Demnach müssen in Bayern seit November 2014 Windkraftanlagen mindestens den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zur nächsten Wohnbebauung einhalten – die Bestimmung wird von vielen als großer Hemmschuh der Energiewende betrachtet. Die Situation der erneuerbaren Energien im Freistaat sei „ein Armutszeugnis“, so die Abgeordnete.
Zuvor hatte Schulze über Innere Sicherheit, ihrer Aussage nach ebenso ein grünes Thema wie der Umweltschutz, referiert. Sie warnte vor rechtsextremem Gedankengut, das laut Studien bei rund 30 Prozent der Bürger im Freistaat zu finden sei, und vor der rechten Szene in Bayern, die „schon immer stark organisiert“ sei. Oft werde vergessen, dass fünf der zehn NSU-Morde in Bayern verübt worden seien – möglich geworden sei das nur durch eine gut organisierte Kameradschaftsszene.
Mehrfach griff Schulze die CSU an, die in Bayern die absolute Mehrheit hat. „Gute Innen- und Sicherheitspolitik kann nicht nur Symbolpolitik sein“, so die 32-Jährige. So sei etwa der Vorschlag, islamistischen Gefährdern Fußfesseln anzulegen, nur scheinbar eine Lösung. Grüne Sicherheitspolitik fange bereits an, bevor Polizei und Justiz auf den Plan treten müssten. Sie setzte sich für mehr Präventionsangebote ein, von denen es im Freistaat viel zu wenige gebe. „Wir haben in Bayern absoluten Nachholbedarf“, so Schulze.
Sie forderte eine Aufrüstung der Polizei mit IT-Spezialisten: „Wir brauchen die besten Hacker im Staatsdienst.“ Weil Programmierer viel umworben sind, müssten sie allerdings besser bezahlt werden als nach Tarif. Zudem forderte sie virtuelle Polizeiwachen in Bayern, bei denen etwa Hetze im Internet auch online gemeldet und Strafanzeige gestellt werden könne, sodass man sich den Gang zur nächsten Dienststelle sparen könne. In den meisten Bundesländern gibt es diese Möglichkeit bereits. Schulze wünscht sich darüber hinaus eine „gemeinsame europäische Innen- und Sicherheitspolitik“. Man könne nicht mit der Struktur von vor 30 Jahren gegen moderne Sicherheitsbedrohungen ankämpfen.
Im Anschluss an die rund zweistündige Veranstaltung, vor der Schulze bereits in Lauf an einem Infostand für die Grünen geworben hatte, gab sich die Münchnerin angetan vom diskussionsfreudigen Publikum. „Lernen zu argumentieren ist auch Demokratie“, so die 32-Jährige. Danach ging es heim nach München – mit dem Zug, wie es sich für eine Grüne gehört.