Untersuchung zur Gesundheitsversorgung

Landratsamt widerspricht Gutachtern

Was die Gutachter den Kreisräten präsentierten, und wie das Landratsamt das Gutachten bewertet, unterscheidet sich deutlich. War die Gesundheitsversorgung in der Vergangenheit „nicht prioritär“, wie es die Berater der Peritinos AG darstellen (oben), oder ist diese Behauptung „unhaltbar“, wie das Landratsamt sagt (unten)? | Foto: Sichelstiel2019/12/studie-gutachten-gesundheitsregion.jpg

NÜRNBERGER LAND — Der Bericht der Pegnitz-Zeitung über die Gesundheitsversorgung im Nürnberger Land schlägt hohe Wellen. Es wird höchste Zeit, dass der Landkreis aktiv wird, so fassten zwei Experten ein Gutachten zusammen, das in der Jahresabschlusssitzung des Kreistags am Montag im Gasthaus Löhner in Diepersdorf vorgestellt wurde. In einer Pressemitteilung als Reaktion auf die Berichterstattung bezeichnet das Landratsamt die Sorgen um die Gesundheitsversorgung nun als unbegründet. Hersbrucks Bürgermeister Robert Ilg wiederum fühlt sich von der PZ missverstanden.

„Unglücklich“ sei es, so zitierte die Pegnitz-Zeitung den FW-Fraktionssprecher, dass zu der Vorstellung des Gutachtens etwas in der Zeitung stehen werde, schließlich sei ein Vertreter der PZ anwesend. SPD-Sprecher Alexander Horlamus erwiderte daraufhin in der Sitzung, es solle nicht der Anschein erweckt werden, dass die Presse unerwünscht sei. Ilg hatte den Vorschlag der Gutachter, die Bevölkerung einzubeziehen, als „sehr gefährliches Spiel“ bezeichnet, denn das Thema sei emotional aufgeladen.

Unglücklich fand es Ilg auch, wie er in der Pegnitz-Zeitung zitiert wurde. Das brachte er bei einem Anruf beim zuständigen Redakteur zum Ausdruck. Was Ilg gemeint haben will, wie er in dem Telefonat ausführte: Diese besondere Sitzung, in einem Gasthaus mit Gebäck am Tisch und einer Weihnachtsgans, die auf die Räte wartet, eigne sich nicht für so ein kompliziertes Thema. Dafür fehle die Zeit.

„Besuch“ in der Redaktion

Doch damit hatte sich das Thema für den Hersbrucker Bürgermeister noch nicht erledigt. Den Text, der am Mittwoch in der PZ erschien, übernahmen für die Donnerstagsausgabe auch die Kollegen des Feuchter Boten und der Hersbrucker Zeitung. In Hersbruck stand Ilg am Mittwoch in der Redaktion und versuchte, die Deutungshoheit über seine Zitate wiederzuerlangen.

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Was das ausgeteilte vierseitige Handout, die Powerpoint-Präsentation und die mündlichen Ausführungen der Gutachter der Berliner Peritinos AG, Dr. Petra Schulte und Dr. Martin Köbler, aussagten, konnte den Politikern nicht gefallen, wie auch Landrat Armin Kroder verdeutlichte. Er wies die Kritik, der Kreis habe sich nicht genug gekümmert, bereits während der Sitzung mehrfach zurück.

Hellwach statt verschlafen?

Dr. Hanspeter Kubin, der Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts, springt Kroder in einer am Mittwochnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung des Landratsamts zur Seite: „Der Landkreis ist bei der Gesundheitsversorgung hellwach!“, wird Kubin darin zitiert, womöglich in Anspielung auf die PZ-Überschrift „Verschläft der Kreis die Gesundheitsversorgung?“. Die Geschäftsstellenleiterin der „Gesundheitsregion plus“, Katharina Eichenmüller, sieht ebenfalls keine Kritik am Landkreis in dem Gutachten, sondern spricht von „neuen Aufgaben“.


Klare Kritik äußert Kubin an der Zusammenfassung des Gutachtens. „Die Behauptung, wir hätten das Thema Gesundheitsversorgung nicht prioritär behandelt beziehungsweise unsere Hausaufgaben nicht gemacht, weisen wir als völlig unbegründet und unhaltbar zurück. Für diese These findet sich im Übrigen im gesamten Gutachten keine einzige Begründung“, so Kubin, dem dieses mittlerweile vollständig vorliegt.

„Das Gutachten bescheinigt uns, dass es neue Aufgaben gibt, aber nicht, dass wir etwas versäumt haben“, wird er weiter zitiert. Im Gegensatz dazu lautet eine der von Peritinos formulierten Thesen: „In den vergangenen Jahren wurde das Thema Gesundheitsversorgung als nicht prioritär angesehen.“ So steht es auf einem Handout, das den Kreisräten und der Pegnitz-Zeitung vorliegt.

Die Redaktion hat gestern beim Landratsamt um das Gutachten gebeten – ohne Erfolg. Behördensprecher Rolf List verwies auf eine öffentliche Präsentation des Dokuments am Mittwoch.

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