Zwischen den Kontinenten

Der rote, magnetische Teppich aktiviert automatisch die Zeitmesser der Schwimmer vor ihrem Start. Foto: kenan/stock.adobe.com2021/08/Ezelsdorf-Istanbul-Schwimmen-Bosporus-scaled.jpeg

Ezelsdorf/Istanbul – Einmal von Asien nach Europa schwimmen. Ein Traum, der den meisten wahrscheinlich nicht in den Sinn kommt. Doch mehrere tausend Leistungsschwimmer versuchen genau das jedes Jahr. Und zwar, wenn das Olympische Komitee der Türkei im Sommer das Cross-Continental Swimming Race ausrichtet und die Meerenge zwischen Asien und Europa für den Schiffsverkehr sperrt. 6,5 Kilometer lang ist die Strecke durch den Bosporus. Am Sonntag stellten sich wieder rund 2500 Schwimmer dem sportlichen Abenteuer. Unter ihnen das Team Frankenpower. Der Schwimmprofi Alexander Gallitz, sein Sohn Paul Reither und der Extremsportler Bernhard Nuss.

Der Ultra-Triathlet Nuss, auch eiserner Franke genannt, nahm bereits im vergangenen Jahr am Cross-Continental Swimming Race teil und riss Gallitz mit seiner Begeisterung mit. Gallitz und sein Sohn sind beide ehemalige Schwimm-Profis. Damit handelt es sich bei allen dreien um erfahrene Schwimmer und das ist auch eine Voraussetzung für die Teilnahme, wie Gallitz erzählt: „Wir brauchten ein ärztliches Attest und eine Mitgliedschaft im Schwimmverein.“ Das Trio trainierte fleißig für den Wettbewerb. Seit Mai schwammen sie, zu der Zeit bei 15 Grad Wassertemperatur, zweimal die Woche im Rothsee. Letzte Vorbereitungen machten sie im Familienurlaub Anfang August. Gallitz sagte noch vor der Abreise nach Istanbul: „Als Abschlusstest sind wir 2,5 Kilometer durch den Gardasee geschwommen. Bis in die andere Stadt rein. Wir sind fit und können loslegen.“

Nicht nur die Herausforderung und das Abenteuer lockten Alexander Gallitz nach Istanbul. Als Vorstand der Stiftung Deutschland schwimmt versucht er auf die abnehmenden Schwimmfähigkeiten von Kindern hinzuweisen. Nicht erst seit der Corona-Pandemie können sich immer weniger Kinder sicher im Wasser bewegen. Die geschlossenen Schwimm- und Freibäder im vergangenen Jahr haben die Situation verschärft. Kreativ versucht er, für sein Anliegen Geld zu sammeln und die Politik zum Handeln aufzufordern. Selber unterrichtet er Kinder mit und ohne Behinderung im Schwimmen. Zuletzt in Ferienkursen im den Freibädern in Altdorf und Lauf ( wir berichteten).

Vom Freibad direkt nach Istanbul

Bis 16 Uhr am Freitag gaben Gallitz und sein Sohn Schwimmunterricht, vergaben noch 25 Kindern ihr Seepferdchen, bevor sie am Abend in den Flieger in die Türkei stiegen. Am Samstag konnten sie das Ziel des Rennens auf der europäischen Seite schon mal auf dem Landweg begutachten und ihre Startunterlagen abholen. Rucksack, T-Shirt und Responder gehören dazu. „Dann fing bei uns allen die Vorfreude, gemischt mit einer Grundnervosität, an“, sagt Gallitz. Am Sonntag ging es dann um kurz vor sieben endlich los: Frühstück, Transfer, umziehen, warten. Drei große Boote sammelten die Athleten aus aller Welt ein und fuhren sie auf die asiatische Seite. „In dem Moment wurde mir eines klar: Wir sitzen alle im selben Boot, unterschiedliche Nationen, unterschiedliche Hautfarben, unterschiedliche Religionen und alle haben einen gemeinsamen Traum“, erinnert sich Gallitz, „dieser Gedanke hat mich stark berührt, und als Schwimmer mit über 45-jähriger Erfahrung war mir dieses Gefühl ganz neu.“

Sprung ins glasklare Wasser

Um zehn Uhr starteten die Schwimmer des ersten Bootes ins Wasser, unter ihnen Reither. Zehn Minuten später war dann Gallitz an der Reihe. Die Aufzeichnung der Zeit beginnt erst, wenn die Schwimmer den magnetischen Teppich betreten. „Ich bekam noch einen Tipp von einem erfahrenen, türkischen Schwimmer, möglichst in der Mitte zu schwimmen. Dort sei die beste Strömung“, sagt Gallitz. Den Tipp beherzigte er, und trotz der starken Strömung genoss Gallitz die Ruhe und das saubere Wasser. „Die letzten 400 Meter musste ich von der Mitte des Bosporus Richtung europäischer Küste schwimmen. Es gab ziemlich hohe Wellen und ich musste doch ziemlich kämpfen, um an Land zu kommen“, erzählt Gallitz. Glücklich und zufrieden beschreibt er sein Gefühl nach dem Zieleinlauf, und das, bevor er von seiner guten Zeit wusste: etwas mehr als 50 Minuten. Das reichte für Platz 183 und in seiner Altersklasse der Anfang 50-Jährigen sogar für Platz 17. Er übertraf aber nicht nur viele seiner Altersklasse, sondern auch die Zeit seines Sohnes um zwei Minuten. Den Tag ließen die drei Schwimmer auf der Dachterrasse eines Restaurants ausklingen. Mit Blick auf die Meerenge, die sie Stunden vorher durchquert hatten.

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