Röthenbacher Rentner um Geld gebracht

Betrüger meldeten sich über das Telefon

Vor allem ältere Menschen sind von Anrufen durch Betrüger betroffen. Das Bild ist ein Symbolfoto und zeigt nicht den im Text erwähnten Röthenbacher.
Vor allem ältere Menschen sind von Anrufen durch Betrüger betroffen. Das Bild ist ein Symbolfoto. | Foto: Gettyimages/LittleCityLifestylePhotography2018/11/GettyImages-941194586.jpg

RÖTHENBACH/NÜRNBERGER LAND — Sie gaben sich als Microsoft-Mitarbeiter aus und verlangten Geld. Heinz Müller (Name geändert) aus Röthenbach ist Betrügern aufgesessen. Um andere zu warnen, erzählte der 78-Jährige der Pegnitz-Zeitung seine Geschichte.

Die Frau am Telefon spricht Englisch und warnt Müller vor einem Hackerangriff auf seinen Computer. Sie leitet den 78-Jährigen vermeintlich an die technische Abteilung des Unternehmens weiter. „It‘s urgent“ (englisch für: „Es ist dringend.“), drängt der Mann am anderen Ende der Leitung. Er fordert Müller auf, eine Tastenkombination zu drücken, damit er schadhafte Software von dessen Computer löschen könne. Der falsche Microsoft-Angestellte zeigt dem Rentner auf dem Bildschirm die befallenen Programme, die er angeblich gelöscht habe. Diese müssten nun neu installiert werden. Dafür würden 50 Euro anfallen. „Gemessen an einem neuen Computer ist das noch fair“, denkt sich Müller und stimmt zu.

Der Anrufer verlangt Müllers Kreditkartennummer. Aber anstatt nur 50 Euro zu berechnen, buchen drei Banken in den Niederlanden und Dänemark jeweils 100 Euro vom Konto des Röthenbachers ab. Müllers Kreditkartenfirma verhindert Schlimmeres. Dort fallen die sonderbaren Transaktionen auf und seine Karte wird gesperrt.

„Eine gängige Masche“

Die Geschichte des Röthenbachers ist kein Einzelfall „Das ist eine gängige Masche“, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken in Nürnberg auf Nachfrage der PZ. Mit einer Tastenkombination („Strg“, „Windows-Symbol“ und „r“) habe Müller dem Betrüger über eine Fernwartungssoftware, den „Team Viewer“, ermöglicht, auf seinen Computer zuzugreifen.

Kriminelle suchen auf diese Weise Festplatten nach Passwörtern, Zugangsdaten für Online-Banking oder Kreditkartennummern ab, so der Polizeibeamte. „Gesucht wird alles, wo Geld zu holen ist.“ Finden sie diese Daten nicht, wird den Betroffenen, wie bei Heinz Müller, gegen Zahlung eines bestimmten Betrags angeboten, den Computer von Viren zu befreien oder eine Schutzsoftware zu installieren.

Warum ist der Röthenbacher überhaupt auf die Masche hereingefallen? „Ich musste Englisch sprechen und war mit dem Verstehen der Sprache beschäftigt und dadurch abgelenkt“, erklärt der 78-Jährige. Die Gesprächspartner hätten Vertrauen zu ihm aufgebaut, seien ruhig, souverän und hilfsbereit aufgetreten. Im Hintergrund hat Müller typische Bürogeräusche gehört – immer wieder sei der Name der Firma gefallen.

„Microsoft ruft seine Kunden nicht von sich aus an und führt auch keine Fernwartung von Computern durch“, erklärt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums. Deshalb solle man am Telefon Fremden keine vertraulichen Daten weitergeben. „Gleich auflegen und die Polizei über den Anruf informieren“, rät der Beamte.

Aber was kann man tun, wenn man doch auf Betrüger hereingefallen ist? Der Präsidiumsmitarbeiter empfiehlt, den Vorfall bei der Polizei anzuzeigen und das Bankkonto sofort sperren zu lassen. Heinz Müller hat die Betrüger angezeigt. Die Polizei macht dem Röthenbacher aber nur wenig Hoffnung, dass er sein Geld wiedersieht. Die Täter sitzen oft im Ausland.

Um weitere Anrufe von Betrügern zu vermeiden, hat Müller seine Nummer aus dem Telefonbuch streichen lassen. „Ich glaube an das Gute im Menschen – wie so viele andere auch. Das ist der Hebel, mit dem wir übervorteilt werden“, resümiert der Röthenbacher. Wenn Geld ins Spiel kommt, ist etwas faul, weiß er heute.


Falsche Polizeibeamte

Die Fälle von falschen Microsoft-Mitarbeitern, die der Polizei gemeldet werden, sind eher selten, so der Pressesprecher des Präsidiums. Deutlich häufiger seien derzeit Betrugsfälle mit falschen Polizeibeamten. Allein in den vergangenen zwei Tagen habe es an die 100 Fälle im ganzen Regierungsbezirk, vornehmlich in West-Mittelfranken, Fürth und Nürnberg, gegeben. Die Betrüger rufen in diesen Fällen zuerst an, geben sich als Polizeibeamte aus und fordern die Betroffenen, oft ältere Menschen, auf, Geld und Wertsachen zu übergeben. In den meisten Fällen sei es dazu aber nicht gekommen, so der Pressesprecher.

In der Regel nutzen die Betrüger die Leichtgläubigkeit ihrer Opfer aus, um Trickdiebstähle und Einbrüche vorzubereiten oder Bargeld abzuholen. Die Polizei rät daher, sich bei Anrufen von vermeintlichen Polizeibeamten immer den Namen und die Dienststelle nennen zu lassen und die Nummer des Anrufers zu notieren. Die Polizei meldet sich niemals über die Notrufnummer „110“. Zu beachten sei aber, dass Täter auch echte Rufnummern von Polizeidienststellen im Telefondisplay anzeigen können.

Im Zweifel sollte man bei der genannten Dienststelle anrufen und verdächtige Telefongespräche melden. Die Rufnummer dafür sollten Betroffene aber immer selbst heraussuchen, rät die Polizei.Anne Cichon

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