Thema beim Neujahrsempfang der Frühförder- und Beratungsstelle

Klare Strukturen für Flüchtlingskinder

Dass Koordinations-Übungen jede Menge Spaß machen können, erfuhren die Gäste auf der Vibrationsplatte „Galileo“. | Foto: Walter2016/01/db-jahresempfang.jpg

ALTDORF – Der Neujahrsempfang sei eine willkommene Gelegenheit, um noch einmal Kraft zu schöpfen vor einem anstrengenden und herausfordernden Jahr 2016, begrüßte Leiterin Martina Zapf die Besucher in der Frühförder- und Beratungsstelle des Wichernhauses Altdorf. Zapf, die seit über drei Jahrzehnten bei der Rummelsberger Diakonie arbeitet und das Amt Ende 2014 von Ursula Heeger übernahm, lobte besonders die große Erfahrung ihrer Mitarbeiter: Einige Kolleginnen gehören seit über 30 Jahren zum Kern-Team und seien perfekt aufeinander eingespielt.

Im Anschluss an die Begrüßung erfuhren die Besucher in einem Vortrag durch Diplom-Psychologin Elsbeth Söll mehr über Stressfaktoren bei Kindern und konnten sich die Räumlichkeiten der Frühförder- und Beratungsstelle näher ansehen. Großen Spaß machten den Gästen zum Beispiel die Übungen auf der Vibrationsplatte „Galileo“, die einiges an Gleichgewicht abverlangen.

Mangel an Logopäden

Martina Zapf ist sehr zufrieden mit ihrem ersten Jahr als Leiterin der Einrichtung, sieht aber auch die großen Herausforderungen, die auf sie und ihre Kolleginnen zukommen. Derzeit kämpfe man mit einem Mangel an Logopäden – hier bestünden massive Engpässe, so die Leiterin. Seit zwei Jahren seien außerdem Kinder mit Flüchtlingshintergrund vermehrt ein Thema: „Wir erleben jetzt immer häufiger Fälle von schwerstbehinderten Kindern aus Aufnahmeheimen, die bislang null Versorgung hatten, mit schweren Einschränkungen und Traumata. Vieles ist da überhaupt nicht geklärt – vor allem die Frage der Finanzierung und die Übernahme durch die Krankenkassen. Es bleibt oft an uns und den freiwilligen Betreuern hängen, die nötigen Schritte beim Landratsamt in die Wege zu leiten,“ so Zapf.

Die Beamten seien zwar absolut offen und unterstützen, wo sie können, doch es mangele an klaren Strukturen. Bislang gäbe es nur Einzelanfragen oder Einzelregelungen und es fehle an Dolmetschern. Ein großes Problem seien auch Flüchtlinge, die noch keinen Status hätten, erklärt Zapf: „Die warten monatelang hier mit Kindern, die völlig traumatisiert und orientierungslos sind, die pädagogische Maßnahmen oder vielleicht eine Physiotherapie benötigen. Hier muss man schnell und unbürokratisch finanzielle Klarheit schaffen und darf die Leute nicht sitzen lassen.“

Auf Angebote aufmerksam machen

Wichtig wäre zudem, die Eltern überhaupt auf das Angebot der Frühförder- und Beratungsstelle aufmerksam zu machen – was auch für deutsche Familien nicht selbstverständlich sei. Oft würden die Eltern erst durch Kinderärzte oder in der Kinderkrippe von der Frühförderung im Wichernhaus erfahren, dabei sei dies das „niederschwelligste Angebot, das es überhaupt gibt,“ so Zapf: Jeder könne mit seinen Kindern von null bis sechs Jahren kommen, selbst wenn vielleicht nur Unklarheiten in der Entwicklung bestünden.

Die Zusammenarbeit mit den Kinderkrippen sei in den letzten Jahren auch deshalb enger geworden, erklärt die Leiterin. Früher habe die Frühförderung hauptsächlich in den eigenen Räumlichkeiten der Förderstelle oder im Elternhaus stattgefunden, heute fände die Frühförderung zu 60 Prozent in Krippen und Kindergärten statt, auch weil immer mehr Eltern beruflich gebunden seien und immer weniger Zeit für Termine hätten. Für die Kindergärten sei es freilich ein räumlicher Balanceakt, wenn immer mehr externe Fachleute wie Ergotherapeuten, Psychologen oder Logopäden in die Einrichtungen kämen: „Die Zusammenarbeit klappt in unserem Fall sehr gut, aber auch hier kommen noch große Herausforderungen auf die Einrichtungen zu“, so Zapf.

 

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