ALTDORF – Rumpelkurve nennen die Altdorfer die S-Bahn-Strecke zwischen dem Bahnhof und dem Haltepunkt Altdorf West. Hier scheppert und rumpelt es so heftig, dass Anwohner ihre Schlafzimmer in den Keller verlegt haben. Bis zu 90 Dezibel werden auf den Anliegergrundstücken gemessen. Tag und Nacht. Dabei liegt der Lärmschutzrichtwert für vergleichbare Wohngebiete wie im Altdorfer Norden bei 45 Dezibel tagsüber und 60 Dezibel in der Nacht. Seit Jahren klagen Anwohner über den Lärm, haben Briefe an die Bahn geschrieben und das Rathaus um Unterstützung gebeten. Bislang mit nur mäßigem Erfolg. Es rumpelt weiter.
Uwe Friedel und Martin Pöllot wohnen in der Schulzestraße unmittelbar neben der Bahnstrecke. Die ist nur durch einen Maschendrahtzaun vom Garten der Familie Pöllot getrennt.
Als die beiden vor geraumer Zeit in den angrenzenden Straßen Nachbarn ansprachen und Mitstreiter gegen die Lärmbelastung suchten, hatten sie schnell die Anwohner der Umgebung auf ihrer Seite. Morgens um 4.26 Uhr setzt der Zugverkehr ein, dann kracht und scheppert es, wenn die S-Bahn im Takt zwischen Altdorf-West und Bahnhof durchfährt – bis um sechs Minuten nach Mitternacht der letzte Zug durchrollt.
Dabei gab es in der Vergangenheit durchaus auch ruhigere Zeiten. Vor einigen Jahren wurde das Gleisbett saniert, danach war die Lärmbelastung deutlich geringer. Die Bahn schleift auch immer wieder die Gleise, zuletzt im April 2019. Auch dann wird es erträglicher an der Bahnlinie, erzählen Friedel und Pöllot. Umso schlimmer, dass der alte Rumpeleffekt sich dann nach wenigen Wochen wieder einstellt.
Je schneller, je lauter
Die Anlieger sind realistisch: Wegbringen können sie die S-Bahn nicht. Aber der bestehende Zustand ist ebenso unerträglich wie unakzeptabel. Sie haben deshalb ein ganzes Paket von Vorschlägen geschnürt, die die Situation im Altdorfer Norden verbessern könnte. Da wären zunächst einmal die alten Zuggarnituren, die gegen die neuere Generation ausgetauscht werden müssten. Damit ließe sich ebenso eine Lärmminderung erreichen, wie durch eine Verminderung der Zug-Geschwindigkeit zwischen dem Altdorfer Bahnhof und dem Haltepunkt West. „Je schneller die Züge fahren, desto lauter ist es hier bei uns“, sagt Uwe Friedel. Er schlägt vor, die Fahrzeit zwischen Bahnhof und Haltepunkt von zwei auf drei Minuten zu verlängern.
Viel weiter gehend ist der Vorschlag, einfach weniger Züge bis zum Bahnhof fahren zu lassen und stattdessen den Hauptverkehr über den Haltepunkt Altdorf-West abzuwickeln. Dann würden die Bahnpendler, die mit dem Auto zur S-Bahn fahren, künftig nicht mehr am Bahnhofsparkplatz in der Stadt parken. Es müssten aber Park-Kapazitäten im Bereich des Haltepunkts West geschaffen werden, möglicherweise müsste dort ein Parkdeck entstehen. Die Autos wären dann aus der Stadt heraus, und am Bahnhof würden Flächen für andere Nutzung frei.
Martin Pöllot und Uwe Friedel wissen, dass sie die Unterstützung der Stadt und der Altdorfer Politik brauchen, wenn sie in Sachen Lärmbelästigung weiter kommen wollen. Dabei können sie eigentlich ganz zuversichtlich sein, hatten ihnen doch alle Rathausparteien und die Bürgermeisterkandidaten während des Kommunalwahlkampfs signalisiert, dass sie auf ihrer Seite stehen.
Unerträgliche Lärmbelastung angemahnt
Anfang vergangenen Jahres bereits hatte der damalige Bürgermeister Erich Odörfer bei der Bahn auf die für die Anwohner unerträgliche Lärmbelastung hingewiesen und Verbesserungen angemahnt. Im April ließen die DB-Verantwortlichen dann die Gleise zwar abschleifen, das brachte aber nur kurzzeitige Erleichterung. Zwischenzeitlich, das erzählen Anlieger aus der Schulzestraße, die seit Jahrzehnten hier wohnen, ist es so schlimm wie noch nie.
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Sven Radant und Matthias Tyrowski, verantwortlich für die S-Bahn-Netze in der Region, können den Anwohnern nur wenig Hoffnung auf eine Reduzierung der Zuggeschwindigkeit machen. Das habe „keinen positiven Effekt auf das Kurvenquietschen“ und würde das Fahbahnkonzept der Bahn empfindlich stören, stellen sie in einem Schreiben an die Stadt Altdorf im Februar vergangenen Jahres fest.
Und eine Lärmschutzwand? Zu einem Bau ist die Bahn nicht verpflichtet. Sie könnte aber irgendwann einmal kommen, wenn Mittel aus dem freiwilligen Lärmsanierungsprogramm des Bundes zur Verfügung stehen. So lange können die Anwohner nicht warten. Die Häuser, berichten Pöllot und Friedel vibrieren, wenn die S-Bahn vorbei rumpelt. „Rumpelzüge aus der Steinzeit reißen uns und unsere Kinder Tag für Tag und Nacht für Nacht ab 4.26 Uhr im 10-Minuten-Rhythmus mit 90 Dezibel aus dem Schlaf“, klagt Uwe Friedel. Er nennt das Körperverletzung.
Man sollte die Angelegenheit mal sachlich und rückblickend betrachten:
Die Bahnstrecke existiert dort seit 1878. Man kann davon ausgehen, dass die Bebauung und Ansiedelung erst später – im Bewusstsein, eine Bahnstrecke vor der Tür zu haben – stattgefunden hat! Damals waren sicher laute und schwere Dampfloks im Einsatz…!
Oder die Makleraussagen „die Strecke wird eh bald stillgelegt…“. Weiß ich nicht, aber kein Einzelfall. Nur Verkaufspraxis und Geldgier.
Aber nein, es handelt sich um eine in hoher Taktfolge befahrende Hauptstrecke. Das wird sich auch nicht ändern und ist aus verkehrlicher und wirtschaftlicher Sicht ein wichtiger Aspekt für die Stadt Altdorf. Andere Orte – auch in der Metropolregion – können von so einer Anbindung nur träumen! Daher bewerte ich den Vorschlag zwecks vorzeitigem Abbruch der Züge am Hp West nicht weiter, sonst fallen hier Worte, die man sonst nicht sagt.
Bis 1992 wurden auf der Strecke Silberlinge mit Klotzbremsen (das bekannte laute Quietschen) eingesetzt. Ok, es fuhren auch weniger Züge damals. Aber dennoch lautere Fahrzeuge als heute… Wo war damals der Aufschrei?
Bis 1995 waren zudem noch Loks der Baureihe 141, welche für ihr lautes Schaltgeräusch bekannt waren, vor den S-Bahnen im Einsatz. Seitdem werden ausschließlich Qualitätsprodukte aus der DDR eingesetzt, was damals für die lärmgeplagten Anwohner der S1 schon eine große Entspannung brachte und von Anfang an auf der S2 so war – die NN berichtete groß dazu. Jetzt regt man sich andernorts plötzlich über das Lüftergeräusch der 143 auf, was bislang keinen gestört hat…!
Die seit November 1992 eingesetzten S-Bahnwagen der Bauart x überzeugen bis heute durch ihre Laufruhe und ein komfortables Fahrgefühl – auch im Vergleich zu anderen Neufahrzeugen. Die Fahrgäste werden den Wagen nach der endgültigen Umstellung auf Triebwagen noch hinterherweinen, was diesen Punkt betrifft… Zugegeben, in genanntem Streckenabschnitt sind auch diese laut.
Interessant wäre nun zu wissen, ob die geschilderte Lärmbelästigung nur an den eingesetzten Fahrzeugen oder generell an der Gleislage oder der Geschwindigkeit liegt. Ab und zu kommen ja 442er auf die Strecke, was einen Vergleich zulassen müsste!
Wie ist da der Lärmpegel…. ? Gibt es Erfahrungs-/Vergleichswerte? Bitte offenlegen und sachlich darüber berichten!
Interessant auf jeden Fall die Aussage im Presseblatt, dass die Gleiserneuerung etwas gebracht hätte…
Aber Achtung: Auch die „neuen“ Fahrzeuge haben ihre Fahrgeräusch, Lüfter- und Quietschgeräusche.
Als mein Professor noch Chef bei der Hamburger Hochbahn AG war, ließ er in einer lauten engen Kurve die Schienen mit Wasser besprühen. Hat gut geklappt, keine Beschwerden über Kurvenquietschen mehr.
Im Winter wurde wegen Gefahr des Einfrierens die Anlage zeitweise ausgeschaltet, aber dann waren auch die Fenster der Anwohner zu.