Buchvorstellung in Lauf

Vom guten Bier und bösen Nazis

Satiriker Jürgen Roth (links) und Kabarettist Matthias Egersdörfer bei ihrer Buchvorstellung in der Bertleinaula in Lauf. Foto: Grzesiek2014/03/79436_Egersdoerfer-grz0001_New_1395420664.jpg

Der Kabarettist Matthias Egersdörfer und der Satiriker Jürgen Roth stellten in Lauf ihr Buch „Die Reise durch Franken“ vor. In der vollen Bertlein-Aula gab es witzige und nachdenkliche Texte zu hören. Im 350 Seiten dicken Buch gehen die aber leider neben Zitatenhuberei und Belanglosigkeiten fast unter.

Egersdörfer probiert neben seinen polternden Auftritten auf der Bühne immer wieder auch ruhige betrachtende Texte aus. Und sein Kapitel über Lauf, das er hier natürlich vorträgt, hat diese ironisch-melancholischen Qualitäten des Rückblicks auf eine spießig-strenge, aber doch glückliche Kindheit. Die Welt war noch klar in links und rechts der Pegnitz eingeteilt, in ärmere Arbeiterviertel mit dem wilden Jugendclub und gediegenes Bürgertum, das „Inzucht im Tennisclub“ betrieb.

Auch Jürgen Roth, der teils in Neuendettelsau aufwuchs, ist stark im Aufspüren von Verlusten und Veränderungen: Die fränkischen Landschaften wären immer noch schön, wenn da nicht die vielen hässlichen Bauten dazwischen stünden. „Wir schreiben eigentlich ein Buch über das, das verschwindet, ja, das es gar nicht mehr gibt“, meint Roth. Wohl fühlt er sich da, wo wie im Rangau, die Zeit zwischen „alten Obstholzbeständen, grauen Holzschuppen und matten Karpfenteichen“ stehen zu bleiben scheint.

Weil es aber insgesamt witzig sein soll und die beiden Autoren sich doch arg an ihren historischen Vorbildern, den Fränkische-Schweiz-Entdeckern Tieck und Wackenroder abarbeiten, wirkt Roths Stil mitunter nur noch manieriert und gespreizt. Er „möchte Rechenschaft ablegen, was uns zum Beschlusse hin widerfuhr“, formuliert er etwa, wenn er das Ende eines Ausflugs beschreiben soll.

Gedankensprünge querbeet

Im Stile eines altmodischen Briefwechsels haben die beiden ihre Reiseerinnerungen aufgeteilt. Das bietet Raum zum Debattieren (ob man nach Rothenburg fahren muss) und Frozzeln („Sie Doldi“) und lässt Freiheiten für Gedankensprünge quer durch die Jahrhunderte – hinein ins Dritte Reich und zurück zum süffigen Bier in der Wirtsstube. Da bleiben mitunter Fragen offen. Geißelt etwa ein fränkischer Metzger den pervertierten EU-Fleischmarkt mit den Schäufele aus Belgien, dann wird zwei Seiten weiter dennoch das Loblied eines „überirdischen Hackbratens“ gesungen.

Die wirkliche Schwäche des Buchs liegt aber in dem, was zwischen den persönlichen Eindrücken der beiden Autoren mäandert: seitenlang im Wortlaut abgetippte, nicht wirklich konzentrierte Interviews – von Günther Koch bis zu Phillip Molls Mutter und der eigenen Verwandtschaft. Statt eigener Betrachtungen zum Reichsparteitagsgelände folgt zehn Seiten lang der O-Plauderton des Dokuzentrums-Mitarbeiters Alexander Schmidt. Den liest man doch lieber in seinen interessanteren Original-Aufsätzen. Und das gilt auch für all die anderen, die quer durchs Buch ausführlichst zitiert werden – von Klaus Schamberger über Fitzgerald Kusz bis Wolfgang Koeppen und Cees Noteboom. Weniger wäre mehr (eigenes) gewesen.

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