HERSBRUCK – Wie viel kostet ein T-Shirt? Drei, vier Euro vielleicht. Und im Ernstfall einige Menschenleben. Mit dem Film „The true cost“ klärten die Macher des Fairtrade-Arbeitskreises der Stadt Hersbruck und die „LiCK“-Kinofreunde über die teils grausamen Hintergründe der Bekleidungsindustrie auf. Maik Pflaum von der christlichen Initiative „Romero“ kennt die Nähfabriken in den Entwicklungsländern und zeigte den vielen Gästen einfache Auswege auf.
Eines vorneweg: „Teuer bedeutet nicht besser“, erklärt Maik Pflaum von der christlichen Initiative Romero. „Adidas und Puma lassen ihre Kleidung zu den gleichen Bedingungen nähen wie H&M, KiK und Co.“, weiß der gebürtige Hersbrucker. Und er kennt sich aus. Bei Romero ist er zuständig für die Kampagne „saubere Kleidung“ und besucht jedes Jahr Näherinnen in Mittelamerika. Er kennt die Schicksale der Frauen aus erster Hand.
Seit Jahren klärt er über den Preis der Mode auf und wirbt für bessere Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern. Zum Beispiel mit dem Dokumentarfilm „The true cost“ (deutsch: „Die wahren Kosten“) im Hersbrucker City-Kino. Dieser erklärt gut verständlich den Preisdruck in den Billig-Fabriken und zeigt schonungslos das Schicksal der Näherinnen, die für einen Hungerlohn schuften und vom Staat notfalls mit scharfer Munition beschossen werden, wenn sie sich trauen zu demonstrieren.
Wenn in Bangladesch eine Näh-Fabrik einstürzt und hunderte Menschen sterben, ist die Betroffenheit in den westlichen Ländern stets groß – und oft wieder schnell vergessen, denn die Entwicklungsländer sind ja weit weg. Doch der Preisdruck der Marktführer tötet auch Farmer in den USA und bereichert Großkonzerne wie Monsanto. Das ist im Film zu sehen. In Hersbruck findet das Thema Gehör: An zwei Abenden war das Kino gut gefüllt und viele Schüler saßen im Publikum. Dabei hatten sich auch mehrere Schulklassen den Film tagsüber angesehen und über Auswege diskutiert.
Wenn die Baumwoll-Produktion so umweltschädlich ist, ist Polyester dann besser? Gibt es Alternativen zu Baumwolle? Textil-Fachmann Klaus Wiedemann kennt sehr wohl andere Textilfasern, die sich auch angenehm tragen lassen. Doch deren ökologischer Fußabdruck ist nicht unbedingt besser. „Es kommt auf die Menge an“, weiß Maik Pflaum: „Man muss nicht unbedingt jeden Modetrend mitmachen“. Pflaum verweist auf den Film. Der zeigt: Jeder US-Bürger wirft jährlich 37 Kilo Kleidung in den Müll. Ein Ausweg für junge Menschen sei etwa, sich nicht für jede Party eine neues T-Shirt zu kaufen.
Wer lieber an der Menge der Klamotten spart, kann sich für dasselbe Geld faire Produkte kaufen. Labels wie „Armed Angels“ und Läden wie Glore (Nürnberg) und Farcap (Fürth) haben viel junge Mode in ihren Kollektionen, klärt Pflaum auf. Zumal Second-Hand-Läden und Kleidertauschbörsen für Jugendliche heutzutage ebenfalls großes Potenzial in Sachen Mode haben.
Auch Klaus Wiedemann kennt Auswege. Er verweist auf das Textilbündnis und die Fairwear Foundation, in denen sich viele deutsche Hersteller, auch aus der boomenden Outdoor-Branche, für bessere Produktionsbedingungen engagieren.
Wo sind die Vorbilder?
Grünen-Stadträtin Ulrike Eyrich ist bei diesem Thema besonders stolz auf die Hersbrucker Schüler. Immerhin ist Hersbruck offiziell eine Fairtrade-Stadt, gerade hat das P-Seminar des Paul-Pfinzing-Gymnasiums einen fairen Stadtführer herausgebracht (siehe untenstehendes Interview). Dieser führt die Kunden zu Geschäften mit einwandfrei gehandelten Produkten.
Eyrich von der Fairtrade-Steuerungsgruppe der Stadt Hersbruck weiß, dass auch die Vorbildrolle der Politik gefragt ist. Im Hirtenmuseum und bei offiziellen Empfängen wird zum Beispiel fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt. „Aber es ist noch viel Luft nach oben“, sagt sie.
Ihr Beispiel: Die Stadt Langenzenn etwa ist mit rund 10 000 Einwohnern ähnlich groß wie Hersbruck – nur tragen die Bauhof-Mitarbeiter dort Arbeitskleidung aus fair gehandelter Bio-Produktion.