ESCHENBACH – Der Egersdörfer ist gar nicht so böse wie man immer denkt. „Vom Ding her“ ist der gebürtige Laufer Kabarett-Preisträger sogar ein richtig guter Kerl, der sich mit vollem Herzblut für eine gute Sache einsetzt. Wenn der grantige Franke jedoch auf der Bühne steht, muss das Publikum ordentlich einstecken.
Es passiert nicht oft, dass das Publikum Matthias Egersdörfer bis zum Schluss die Stange hält. Denn der Kabarettist zielt ständig unter die Gürtellinie. Wer einfach nur einen launigen Abend mit leichter Kost verbringen will, ist hier fehl am Platz. Die Gäste im „Grünen Schwan“ sind da echt hartgesotten, können sogar noch lachen, wenn der Zwangsneurotiker auf der Bühne verbale Watschn im Publikum verteilt.
In seinem aktuellen Programm „Vom Ding her“ zeigt sich Egersdörfer um einiges ruhiger, ist nicht mehr der ewig brüllende Psycho-Grantler wie früher. „Vom Ding her“ ist auch genau der richtige Titel für seine Show: genauso nichtssagend und fränkisch-tiefsinnig wie seine Geschichten. Die fangen etwa mit der unverfänglichen Zubereitung einer Tasse Kaffee an, bald jedoch zieht Egersdörfer sein Publikum in einen irren Strudel aus Wahnvorstellungen, Lokalkolorit und Beleidigungen. Er bekommt eine Kaffeevergiftung, halluziniert, wird im Schlafzimmer von fünf Südsizilianern bedroht und mit einer Zauberzigarette in einen Karpfen verwandelt, der schließlich mit Klößen gekocht wird. Nicht einmal seine eigene Frau, die „meistens absolut widerwärtig“ ist, hilft ihm aus dem Wahn. Wenn er sein Publikum betrachtet, spricht Egersdörfer das aus, was sich ein böser Mensch sonst nur denken traut. „In der Schule ham’s die Trottel immer in die erste Reihe g’setzt, heut‘ hocken’s ganz hinten…“ urteilt er und erkennt auch, dass rechts im Publikum die oberschlauen Taz-Leser, links die verkappten Nazis sitzen.
Hin und wieder lässt Egersdörfer durchblicken, dass auch in ihm ein sozialer Kern steckt. Er empfiehlt etwa dem Mann in der ersten Reihe, in der Pause den anderen auch was von seinem Koks abzugeben. Vor allem dem Herrn ein paar Plätze weiter. Der habe schließlich mit seiner Frau nichts zu lachen, denn wegen genau solcher Frauen habe man früher die Hexenverbrennung eingeführt …
Nach der Pause kommen dennoch alle wieder, das ist nicht immer so. Doch Egersdörfer erzählt auch, woher seine negative Grundhaltung kommt: aufgewachsen in Lauf rechts der Pegnitz, unterdrückt von zwei bitterbösen Schwestern und einer noch böseren und immer schreienden Mutter, die täglich nur „leimartige“ Gerichte gekocht hatte. Wenn der kleine Matthias mal aufgemuckt hat, setzten ihn die Weiber – und heute noch seine Frau – auf einen hohen Schrank. Der Vater hat ihn alleine gelassen, der Kleine hatte dazu noch panische Höhenangst und geht seither schwer traumatisiert und psychisch krank durchs Leben.
Kein Wunder, dass ihm seine Mitmenschen auch heute noch anscheinend nur noch Böses wollen. Sogar seine eigene Frau, die ihn doch glatt zum Mörder machen könnte, wenn sie ihm einen weißen Bademantel schenkt und ihn damit in die Fürther Therme schickt. Überall lauert in Egersdörfers Geschichten das Chaos, alle absurden Teufel dieser Welt warten nur auf ihn. Dabei verarbeitet er nicht nur seine eigene Lebensgeschichte, sondern karikiert total überspitzt natürlich auch die typisch fränkisch-negative Sichtweise der Dinge.
Zum Glück ist er privat ganz anders. Beruflich tritt Egersdörfer längst auf den großen Bühnen der Republik auf und ist oft gesehener TV-Gast in der „Anstalt“ und anderen Sendungen. Auf den Spielort Eschenbach kam er zusammen mit seiner Bekannten Marianne Ermann, als er sie einen Tag lang bei ihrer Arbeit mit den Flüchtlingen in Hubmersberg und im Pegnitztal unterstützte. Bald entstand die Idee eines Benefiz-Auftritts zu Gunsten des „Ökumenischen Vereins für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migration“. Zum Glück kann der Egersdörfer auch anders sein.